Fladungen (kobinet)
Hubert Hüppe hat etwas wichtiges gesagt.
Er sagt: In Deutschland gibt es keine echte Inklusion.
Das wissen viele Menschen schon lange.
Aber viele Menschen sprechen nicht darüber.
Hubert Hüppe sagt: Die Politik hat versprochen, dass alle Menschen zusammen leben können.
Zum Beispiel: Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung.
Aber das war nicht ernst gemeint.
Es war nur ein Versprechen ohne echte Taten.
Dabei ist Inklusion ein Menschen-Recht.
Inklusion bedeutet: Alle Menschen dürfen überall mit-machen.
Alle Menschen haben die gleichen Rechte.
Hüppe sagt jetzt: Es gibt Rückschritte.
Das ist ein wichtiges Wort: Rückschritte.
Das bedeutet: Es wird schlechter statt besser.
Das ist traurig.
Denn in Deutschland spricht man viel über Inklusion.
Aber oft passiert das Gegenteil:
Es gibt immer noch Sonder-Orte für Menschen mit Behinderung.
Zum Beispiel: Sonder-Schulen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung.
Diese Orte nennt man manchmal inklusiv.
Aber das stimmt nicht.
Inklusion bedeutet: Alle sind zusammen.
Sonder-Orte bedeuten: Menschen mit Behinderung sind getrennt.
Der Text-Schreiber hat das schon oft kritisiert.
Er ist nicht allein.
Viele Aktivistinnen und Aktivisten kritisieren das auch.
Auch viele Verbände und Gruppen von Menschen mit Behinderung.
Sie sagen: Vieles läuft falsch.
Sie sagen: Einige Organisationen verdienen viel Geld mit den Sonder-Orten.
Zum Beispiel: Die Lebenshilfe.
Das kann man hier nachlesen.
Auch Werkstätten für Menschen mit Behinderung verdienen viel Geld.
Und viele Projekte nennen sich inklusiv.
Aber sie sind es nicht wirklich.
Darüber kann man hier mehr lesen.
Hubert Hüppe bestätigt jetzt diese Kritik.
Er sagt: Die Politik spricht über Inklusion.
Aber in Wirklichkeit macht sie das Gegenteil.
Hüppe sagt: Es werden wieder neue Sonder-Schulen gebaut.
Und das Wort Inklusion wird oft als Schimpf-Wort benutzt.
Die große Mehrheit der Menschen mit Behinderung lebt immer noch in Sonder-Welten.
Das bedeutet: Die Gesellschaft hat sich nicht ernsthaft verändert.
Nach der UN-Behinderten-Rechts-Konvention gab es viel Hoffnung.
Aber diese Hoffnung ist verschwunden.
Die Sonder-Strukturen gibt es immer noch.
Es geht nicht nur um Fehler - es geht um Absicht
Diese Strukturen schützen nicht Menschen mit Behinderung.
Sie schützen die Gesellschaft davor, sich zu verändern.
Der sogenannte geschützte Raum hat einen anderen Zweck.
Er sorgt dafür, dass Behinderung nicht so sichtbar ist.
Die Gesellschaft wird geschützt.
Vor Veränderung.
Vor echter Teil-Habe.
Der Text-Schreiber nennt das die Disney-World-Analogie.
Darüber kann man hier mehr lesen.
Das bedeutet: Wir erleben eine inszenierte Inklusion.
Wie in einem Freizeit-Park.
Behinderung wird als Teil-Habe verkauft.
Aber nur solange sie kontrolliert und begrenzt bleibt.
Werkstätten, Förder-Schulen, inklusive Sport-Projekte und Kunst-Projekte.
Sie alle beruhigen das Gewissen.
Aber sie verändern die Wirklichkeit nicht.
Die Gesellschaft bleibt unverändert.
Hüppe sagt: Wer Inklusion will, sucht Wege.
Wer Inklusion nicht will, sucht Begründungen.
Der Text-Schreiber ergänzt: Wer Inklusion wirklich will, schafft keine Sonder-Welten.
Wer Inklusion will, muss Macht abgeben.
Wer Inklusion will, muss Geld anders verteilen.
Wer Inklusion will, muss Behinderung sichtbar machen.
Aber das ist schwer in unserer Gesellschaft.
Unsere Gesellschaft findet Ausgrenzung oft bequem.
Dass Hüppe das jetzt so deutlich sagt, ist wichtig.
Es bestätigt, was Betroffene und Aktivistinnen und Aktivisten seit Jahren sagen:
Inklusion ist nicht gescheitert.
Inklusion wurde verhindert.
Was fehlt, ist nicht Erkenntnis. Was fehlt, ist Konsequenz.
Menschen mit schwerer Behinderung sind im Alltag oft nicht sichtbar.
Weil sie in Werkstätten, Sonder-Wohnungen oder Förder-Klassen sind.
Das ist nicht nur falsch.
Es ist ein politisches System, das Abwesenheit organisiert.
Und viele verdienen daran.
Wer verdient daran?
Vor allem große Einrichtungen wie die Lebenshilfe, die Caritas oder die Diakonie.
Sie bekommen Geld vom Staat für Werkstätten, Wohn-Heime und andere Sonder-Orte.
Auch Politikerinnen und Politiker in den Bundes-Ländern machen mit.
Sie arbeiten lieber mit bekannten Partnern als mutige Reformen zu machen.
Und auch die Verwaltung macht mit.
Sie nutzt lieber bestehende Lösungen als neue inklusive Strukturen zu erfinden.
Sogar manche Menschen aus der Selbst-Vertretung machen mit.
Sie haben Positionen und Einfluss in diesem System bekommen.
Sie wollen dieses System nicht in Frage stellen.
Inklusion ist ein Markt geworden.
Mit festen Interessen.
Der politische Wille, das zu ändern, fehlt.
Das ist kein Zufall.
Es ist auch bezeichnend, wie mit Hüppes Aussagen umgegangen wird.
Der Artikel wurde auf kobinet-nachrichten veröffentlicht.
Er bekam 16 Likes auf Facebook.
Aber es gab keine Kommentare.
Keine Leser-Meinungen.
Dabei spricht der Text von einem Verrat an der Inklusion.
Dass niemand kommentiert, ist kein Zufall.
Es zeigt: Viele wollen sich nicht wirklich mit dem Problem beschäftigen.
Wer kommentiert, müsste Position beziehen.
Wer Position bezieht, müsste handeln.
Also bleibt es still.
Auch das ist Teil des Problems.
Stattdessen gibt es ein anderes Phänomen auf Facebook oder Instagram.
Dort werden lieber Beiträge von bekannten Aktivistinnen und Aktivisten beklatscht.
Aber die wahren Ursachen der Ausgrenzung werden kaum besprochen.
Das persönliche Gefühl der Ohnmacht ersetzt die Analyse des Systems.
So entsteht eine Echo-Kammer.
In dieser Echo-Kammer wird Betroffenheit beklatscht.
Aber Veränderung bleibt aus.
Natürlich brauchen Aktivistinnen und Aktivisten Zeit für eine Antwort.
Niemand muss sofort antworten.
Aber der Artikel wurde schon oft geteilt.
Und trotzdem gibt es keine Reaktionen.
Dieses Schweigen ist nicht neutral.
Es sagt viel aus.

Foto: Ralph Milewski
Fladungen (kobinet) Hubert Hüppe bestätigt, was viele seit Jahren wissen, aber nicht offen aussprechen: Die Inklusion in Deutschland war nie strukturell gewollt. Sie wurde als PR-Projekt verpackt, als Menschenrechtsversprechen ohne Machtbasis verkauft. Dass selbst langjährige Akteure wie Hüppe heute offen von "Rückschritt" sprechen, ist bemerkenswert – und bitter zugleich. Denn was unter dem Schlagwort Inklusion firmiert, ist oft das genaue Gegenteil: Restauration von Sonderstrukturen, getarnt als Fortschritt.
Ich habe diese Entwicklung wiederholt kritisiert – mit klaren Zahlen, konkreten Beispielen und systemischer Analyse. Und ich bin nicht allein: Zahlreiche andere Aktivist*innen, Verbände und selbstorganisierte Gruppen haben seit Jahren auf diese Fehlentwicklungen hingewiesen. Die Lebenshilfe & Co. als Profiteur einer Inklusionsindustrie, die Werkstattlogik als lukratives Dauermodell, der Etikettenschwindel von „inklusiven Projekten“ – all das ist Realität. Hüppe bestätigt nun diese Kritik: Inklusion wird politisch propagiert, während strukturell das Gegenteil passiert.
Wenn Hüppe beschreibt, dass wieder neue Sonderschulen gebaut werden, dass Inklusion zum Schimpfwort wird und dass die große Mehrheit der Menschen mit Behinderungen in Sonderwelten verbleibt, dann sagt er im Kern: Die Gesellschaft hat sich nie ernsthaft auf den Weg gemacht. Die Aufbruchstimmung nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention war nicht nachhaltig. Sie wurde abgefangen, umgeleitet, kaschiert. Die Sonderstrukturen wurden nicht überwunden, sondern in neue Begriffe verpackt.
Dabei geht es nicht nur um Versäumnisse – es geht um Absicht. Denn diese Strukturen schützen nicht die Menschen mit Behinderung, sondern die Mehrheitsgesellschaft vor der Konfrontation mit ihrer Verantwortung. Der „geschützte Raum“ dient in Wahrheit dazu, die Sichtbarkeit von Behinderung zu begrenzen. Es ist die Gesellschaft, die geschützt wird – vor Irritation, vor Veränderung, vor echter Teilhabe.
Hier setzt meine Kritik an, die ich als „Disney-World-Analogie“ beschrieben habe: Wir erleben eine inszenierte Inklusion. Eine Art Freizeitpark-Realität, in der Behinderung als Teilhabe verkauft wird, solange sie kontrolliert, begrenzt und in institutionelle Erlebniswelten eingepasst bleibt. Werkstätten, Förderschulen, inklusive Sport- und Kunstprojekte – sie alle bilden eine Erlebniswelt, die das Gewissen beruhigt, aber die Realität nicht verändert. Die eigentliche Gesellschaft bleibt davon unberührt.
Hüppes Satz „Wer Inklusion will, sucht Wege – wer sie nicht will, sucht Begründungen“ ist richtig. Ich möchte ihn zuspitzen: Wer Inklusion ernst meint, schafft keine Sonderwelten, sondern schafft Strukturen ab, die Exklusion organisieren. Wer Inklusion will, muss Macht abgeben, Ressourcen umverteilen und Sichtbarkeit zulassen. Das aber ist in einer Gesellschaft, die Exklusion für sich selbst als bequem empfindet, schwer durchzusetzen.
Dass Hüppe dies nun – aus dem Inneren des politischen Apparats heraus – so deutlich benennt, ist keine Provokation. Es ist eine späte, aber wichtige Bestätigung dessen, was Betroffene und kritische Aktivist*innen seit Jahren sagen: Inklusion ist nicht gescheitert – sie wurde systematisch verhindert.
Was fehlt, ist nicht Erkenntnis. Was fehlt, ist Konsequenz.
Denn solange schwerstbehinderte Menschen im Alltag nicht sichtbar sind, weil sie in Werkstätten, Sonderwohnungen, Förderklassen oder „Projekten“ verschwinden, ist das nicht nur eine moralische Bankrotterklärung – sondern Ausdruck eines politischen Systems, das Abwesenheit organisiert. Und viele verdienen daran.
Wer sind diese Profiteure konkret? Es sind vor allem Träger großer Einrichtungen wie die Lebenshilfe, die Caritas oder die Diakonie, die mit Werkstätten, Wohnheimen und Förderstrukturen staatlich subventionierte Parallelwelten aufrechterhalten – und damit sichere Einnahmen generieren. Es sind Landespolitikerinnen, die sich auf bewährte Partner in der Behindertenhilfe verlassen, statt mutige Reformen anzugehen. Es sind Verwaltungen, die lieber auf bestehende institutionelle Lösungen zurückgreifen, als inklusive Strukturen neu zu denken. Es sind auch einige Funktionärinnen aus der sogenannten Selbstvertretung, die innerhalb dieses Systems Positionen und Einfluss erlangt haben – und es nicht riskieren wollen, dieses Fundament infrage zu stellen. Inklusion als Markt – mit stabilen Interessenlagen. Der politische Wille, diese Strukturen aufzubrechen, fehlt nicht zufällig. Er fehlt systematisch.
Bezeichnend ist auch, wie mit Hüppes Aussagen in der Szene umgegangen wurde. Der Artikel wurde auf der Plattform der kobinet-nachrichten veröffentlicht, erhielt (bisher 16) Likes auf Facebook – aber keine einzige öffentliche Reaktion, keinen Kommentar, keine Lesermeinung. Dabei benennt der Text nichts weniger als den strukturellen Verrat an der Inklusion. Dass darauf ausgerechnet in der Inklusions-Bubble mit Schweigen reagiert wird, ist kein Zufall. Es zeigt: Die Bereitschaft zur echten Auseinandersetzung mit den politischen Realitäten fehlt vielerorts. Wer kommentiert, müsste sich positionieren. Wer sich positioniert, müsste handeln. Also bleibt es still. Auch das ist Teil des Problems.
Stattdessen erleben wir in sozialen Medien wie Facebook oder Instagram ein anderes Phänomen: Dort werden lieber selektive Thesen prominenter Aktivist*innen in Fan-Club-Manier von Betroffenen mit persönlichen Erfahrungen und viel Verbitterung beklatscht – während die strukturellen Ursachen der Exklusion kaum je benannt oder diskutiert werden. Das bequeme Einverständnis mit individuell erfahrener Ohnmacht ersetzt die Analyse des Systems, das diese Ohnmacht überhaupt erst hervorbringt. So verfestigt sich eine Echokammer, in der Betroffenheit applaudiert wird, aber Veränderung ausbleibt.
Natürlich muss man den Aktivist*innen eine gewisse Reaktionszeit zugestehen. Niemand ist zur Sofortantwort verpflichtet. Doch gerade weil der Artikel bereits öffentlich und vielfach geteilt wurde, ist es auffällig, dass bislang keinerlei Rückmeldungen erfolgt sind – kein Einspruch, keine Zustimmung, keine Empörung. Schweigen im Walde. Und dieses Schweigen ist nicht neutral. Es ist sprechend.

Foto: Ralph Milewski
Fladungen (kobinet) Hubert Hüppe bestätigt, was viele seit Jahren wissen, aber nicht offen aussprechen: Die Inklusion in Deutschland war nie strukturell gewollt. Sie wurde als PR-Projekt verpackt, als Menschenrechtsversprechen ohne Machtbasis verkauft. Dass selbst langjährige Akteure wie Hüppe heute offen von "Rückschritt" sprechen, ist bemerkenswert – und bitter zugleich. Denn was unter dem Schlagwort Inklusion firmiert, ist oft das genaue Gegenteil: Restauration von Sonderstrukturen, getarnt als Fortschritt.
Ich habe diese Entwicklung wiederholt kritisiert – mit klaren Zahlen, konkreten Beispielen und systemischer Analyse. Und ich bin nicht allein: Zahlreiche andere Aktivist*innen, Verbände und selbstorganisierte Gruppen haben seit Jahren auf diese Fehlentwicklungen hingewiesen. Die Lebenshilfe & Co. als Profiteur einer Inklusionsindustrie, die Werkstattlogik als lukratives Dauermodell, der Etikettenschwindel von „inklusiven Projekten“ – all das ist Realität. Hüppe bestätigt nun diese Kritik: Inklusion wird politisch propagiert, während strukturell das Gegenteil passiert.
Wenn Hüppe beschreibt, dass wieder neue Sonderschulen gebaut werden, dass Inklusion zum Schimpfwort wird und dass die große Mehrheit der Menschen mit Behinderungen in Sonderwelten verbleibt, dann sagt er im Kern: Die Gesellschaft hat sich nie ernsthaft auf den Weg gemacht. Die Aufbruchstimmung nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention war nicht nachhaltig. Sie wurde abgefangen, umgeleitet, kaschiert. Die Sonderstrukturen wurden nicht überwunden, sondern in neue Begriffe verpackt.
Dabei geht es nicht nur um Versäumnisse – es geht um Absicht. Denn diese Strukturen schützen nicht die Menschen mit Behinderung, sondern die Mehrheitsgesellschaft vor der Konfrontation mit ihrer Verantwortung. Der „geschützte Raum“ dient in Wahrheit dazu, die Sichtbarkeit von Behinderung zu begrenzen. Es ist die Gesellschaft, die geschützt wird – vor Irritation, vor Veränderung, vor echter Teilhabe.
Hier setzt meine Kritik an, die ich als „Disney-World-Analogie“ beschrieben habe: Wir erleben eine inszenierte Inklusion. Eine Art Freizeitpark-Realität, in der Behinderung als Teilhabe verkauft wird, solange sie kontrolliert, begrenzt und in institutionelle Erlebniswelten eingepasst bleibt. Werkstätten, Förderschulen, inklusive Sport- und Kunstprojekte – sie alle bilden eine Erlebniswelt, die das Gewissen beruhigt, aber die Realität nicht verändert. Die eigentliche Gesellschaft bleibt davon unberührt.
Hüppes Satz „Wer Inklusion will, sucht Wege – wer sie nicht will, sucht Begründungen“ ist richtig. Ich möchte ihn zuspitzen: Wer Inklusion ernst meint, schafft keine Sonderwelten, sondern schafft Strukturen ab, die Exklusion organisieren. Wer Inklusion will, muss Macht abgeben, Ressourcen umverteilen und Sichtbarkeit zulassen. Das aber ist in einer Gesellschaft, die Exklusion für sich selbst als bequem empfindet, schwer durchzusetzen.
Dass Hüppe dies nun – aus dem Inneren des politischen Apparats heraus – so deutlich benennt, ist keine Provokation. Es ist eine späte, aber wichtige Bestätigung dessen, was Betroffene und kritische Aktivist*innen seit Jahren sagen: Inklusion ist nicht gescheitert – sie wurde systematisch verhindert.
Was fehlt, ist nicht Erkenntnis. Was fehlt, ist Konsequenz.
Denn solange schwerstbehinderte Menschen im Alltag nicht sichtbar sind, weil sie in Werkstätten, Sonderwohnungen, Förderklassen oder „Projekten“ verschwinden, ist das nicht nur eine moralische Bankrotterklärung – sondern Ausdruck eines politischen Systems, das Abwesenheit organisiert. Und viele verdienen daran.
Wer sind diese Profiteure konkret? Es sind vor allem Träger großer Einrichtungen wie die Lebenshilfe, die Caritas oder die Diakonie, die mit Werkstätten, Wohnheimen und Förderstrukturen staatlich subventionierte Parallelwelten aufrechterhalten – und damit sichere Einnahmen generieren. Es sind Landespolitikerinnen, die sich auf bewährte Partner in der Behindertenhilfe verlassen, statt mutige Reformen anzugehen. Es sind Verwaltungen, die lieber auf bestehende institutionelle Lösungen zurückgreifen, als inklusive Strukturen neu zu denken. Es sind auch einige Funktionärinnen aus der sogenannten Selbstvertretung, die innerhalb dieses Systems Positionen und Einfluss erlangt haben – und es nicht riskieren wollen, dieses Fundament infrage zu stellen. Inklusion als Markt – mit stabilen Interessenlagen. Der politische Wille, diese Strukturen aufzubrechen, fehlt nicht zufällig. Er fehlt systematisch.
Bezeichnend ist auch, wie mit Hüppes Aussagen in der Szene umgegangen wurde. Der Artikel wurde auf der Plattform der kobinet-nachrichten veröffentlicht, erhielt (bisher 16) Likes auf Facebook – aber keine einzige öffentliche Reaktion, keinen Kommentar, keine Lesermeinung. Dabei benennt der Text nichts weniger als den strukturellen Verrat an der Inklusion. Dass darauf ausgerechnet in der Inklusions-Bubble mit Schweigen reagiert wird, ist kein Zufall. Es zeigt: Die Bereitschaft zur echten Auseinandersetzung mit den politischen Realitäten fehlt vielerorts. Wer kommentiert, müsste sich positionieren. Wer sich positioniert, müsste handeln. Also bleibt es still. Auch das ist Teil des Problems.
Stattdessen erleben wir in sozialen Medien wie Facebook oder Instagram ein anderes Phänomen: Dort werden lieber selektive Thesen prominenter Aktivist*innen in Fan-Club-Manier von Betroffenen mit persönlichen Erfahrungen und viel Verbitterung beklatscht – während die strukturellen Ursachen der Exklusion kaum je benannt oder diskutiert werden. Das bequeme Einverständnis mit individuell erfahrener Ohnmacht ersetzt die Analyse des Systems, das diese Ohnmacht überhaupt erst hervorbringt. So verfestigt sich eine Echokammer, in der Betroffenheit applaudiert wird, aber Veränderung ausbleibt.
Natürlich muss man den Aktivist*innen eine gewisse Reaktionszeit zugestehen. Niemand ist zur Sofortantwort verpflichtet. Doch gerade weil der Artikel bereits öffentlich und vielfach geteilt wurde, ist es auffällig, dass bislang keinerlei Rückmeldungen erfolgt sind – kein Einspruch, keine Zustimmung, keine Empörung. Schweigen im Walde. Und dieses Schweigen ist nicht neutral. Es ist sprechend.
Lieber Martin Theben, dialogische Reaktionen wie die Ihre, ob zustimmend oder kritisch, auf meine Kolumnen (oder die von Ralph Milewki u.a.) vermisse ich von Seiten des behindertenpolitischen Aktivismus (und seiner VertreterInnen). Daher mein „offener Brief“, der explizit eine „Bitte“ formuliert, „nötigen“ möchte und kann ich niemanden. Erst recht nicht, wie Sie fürchten, zu einer „gesinnungsethischen Stellungnahme“. Okay, ich übe auf die im Brief Angesprochenen den „zwanglosen Zwang“ argumentativen Sich-Rechfertigens (Habermas) aus, ohne diese Zumutung gibt es keinen Diskurs. Ich wünschte mir eine kontroverse Debatte über ein so existenzielles Thema wie Krieg und Frieden. Dieser Wunsch ist kein „unfriedlicher“, Debattenstreit zwischen unterschiedlichen Auffassungen in der Sache ist meines Erachtens kein „spalterisches“ Verhalten. Im Gegenteil, Streiten verbindet! In diesem Sinne mit Dank und Gruß Hans-Willi Weis
Sorry, aber seit Hubert Hüppes Zustimmung zu den AfD-CDU-Anträgen im Bundestag zur Migrationspolitik im Januar 2025 sowie seiner Mitzeichnung der Schuldenbremsen-Klage in 2022 kann ich ihn als Vorkämpfer für Inklusion nicht mehr ernst nehmen. Die umfasst nämlich nicht nur Menschen mit Behinderung oder Assistenz-/Förderbedarfen, sondern in gleicher Weise auch solche mit Fluchtgeschichte, Migrationshintergrund…
Wir sollten wirklich aufpassen, mit wem wir uns da verbünden oder vor wessen Karren wir uns spannen lassen.
In der behindertenpolitischen Community herrscht Wagenburgmentalität und das mit dieser einhergehnde interne Kritik-Tabu, sorgt für ein komplettes debattenpolitisches Verstummen. Die unbeabsichtigte Selbstsabotage des Behindertenaktivismus, meine ich. Wirksamer kann sich eine politische Bewegung nicht selber boykottieren. Stimmen wie die von Ralph und die meine, richten da in etwa das aus, was die Redewendung verspricht: Steter Tropfen hölt den Stein (des Schweigens).
Ich lasse es mit meinen Kolumnen stetig tropfen. Dazu passend:
https://kobinet-nachrichten.org/2024/12/01/aufs-inklusionstheater-folgt-die-reality-schock-show/
i.A. von Hans-Willi Weis
Lieber Hans-Willi Weis, ich lese immer mit großem Interesse ihre Beiträge zum Frieden und ihr engagiertes Eintreten dafür dass dieser kompromisslos vertreten wird. Aber mich befremdet dass dabei die behindertenpolitischen community zuweilen etwas diskreditiert wird. Ich habe auch nicht verstanden wieso Sie sich an drei besonders aktiven MitgliederInnen dieser Community so abarbeiten und quasi im Wege einer Art Gesinnungsethik verlangen dass sie sich zum Thema Frieden äußern. Das finde ich weder besonders friedvoll noch inklusiv und ist dazu angetan die Bewegung zu spalten. Worin ich Ihnen zustimme ist dass es sicherlich manchmal sinnvoll wäre sich nicht nur um spezifische behindertenpolitische Themen zu kümmern sondern den Blick über den Tellerrand hinaus zuheben. Also bleiben Sie so wie sie sind und gestehen uns anderen zu dass wir lernfähig bleiben es grüßt sie herzlich Martin Theben aus Berlin
Ralph, wie immer eine haarscharfe Analyse – und vor allem: Du legst kräftig die Finger in die Wunde und hälst dabei gleichzeitig einen Spiegel vor.
upgrade:: Ex-Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel brach ebenfalls mit der deutschen Politik gegenüber Menschen mit Behinderung. Sie benannte, wie sie isoliert und diskriminiert werden. Das war ein Novum. Aber niemand hörte ihr zu. Mehr hierzu https://de.nachrichten.yahoo.com/kommentar-merkel-startet-eine-revolte-und-keiner-hoert-hin-101627581.html?mc_cid=2647c0be87&mc_eid=d7af9cdb73&_guc_consent_skip=1665882201
Warum kam wohl dieses klare Bekenntnis zu echter Teilhabe erst 2021? Die Antwort liegt auf der Hand: Weil es unverbindlich und ungefährlich war. Merkel hatte nichts mehr zu verlieren – kein politisches Amt zu verteidigen, keine Koalition mehr zu halten, keine Haushaltsdebatte mehr zu führen. Ihre Worte konnten endlich idealistisch klingen, weil sie nicht mehr mit konkretem politischem Handeln unterfüttert werden mussten. Es war das typische Muster politischer Abschiedsreden: mutig im Ton, folgenlos in der Wirkung.
Gerade darin lag das eigentliche Problem. Denn echte Inklusion hätte eine Auseinandersetzung mit bestehenden Machtverhältnissen, Ressourcenzuteilungen und gesellschaftlichen Normen erfordert. Doch solche Konflikte hatte Merkel in ihrer Amtszeit stets gemieden. Ihre späte Rhetorik war damit nicht Ausdruck eines Wandels, sondern das letzte Kapitel einer langen Politik des Verwaltens – statt des Gestaltens.
Ralph, ich prophezeie dir: bei der nächsten UN-Staatenprpüfung zur Umsetzung des UNO-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung erhält Deutschland – nach 2015 und 2023 – erneut eine harsche Rüge und es wird weiterhin ignoriert werden….