
Foto: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Berlin (kobinet) Die kobinet-nachrichten haben Bundestagsabgeordneten, die bisher für die Behindertenpolitik ihrer Fraktionen zuständig waren, bzw. zukünftig dafür zuständig sein könnten, Interviewfragen zugeschickt. Auf die Fragen von kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul haben die bisherige behindertenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Corinna Rüffer, und die für die Grünen neu in den Bundestag gewählte ehemalige Landesbehindertenbeauftragte von Baden-Württemberg, Stephanie Aeffner, gemeinsam geantwortet. Die beiden Abgeordneten, die sich derzeit ein Büro teilen, wollen das Dreamteam der Behindertenpolitik im Bundestag werden und gemeinsam dafür arbeiten, dass die menschenrechtlichen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland endlich umgesetzt werden, wie sie im Interview mitteilen.
kobinet-nachrichten: Herzlichen Glüchwunsch zur Wiederwahl als Abgeordnete des Deutschen Bunestages. Was haben Sie sich persönlich für die neue Legislaturperiode vorgenommen?
Corinna Rüffer und Stephanie Aeffner: Wir wollen das Dreamteam der Behindertenpolitik im Bundestag werden – und haben deshalb zumindest für die erste Zeit schon mal in einem gemeinsamen Büro unser Basislager aufgeschlagen, um gemeinsam dafür zu arbeiten, dass die menschenrechtlichen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention endlich in Deutschland umgesetzt werden.
kobinet-nachrichten: Welche behindertenpolitischen Herausforderungen sehen Sie für die kommenden vier Jahre?
Corinna Rüffer und Stephanie Aeffner: Wir sehen vor allem drei große Herausforderungen: Sonderwelten müssen überwunden und inklusive Lebenswelten in allen Bereichen – vom Wohnen über die Bildung bis zu Arbeit und Freizeit – geschaffen werden, so dass alle Menschen teilhaben können und niemand ausgeschlossen wird. Zweitens die Umwelt so zu gestalten, dass alle Menschen barrierefrei teilhaben können. Dafür wird es nötig sein, insbesondere auch die Privatwirtschaft entsprechend zu verpflichten, damit u.a. alle Orte zugänglich sind und Infos auch in Gebärden- und Leichter Sprache angeboten werden. Zu guter Letzt müssen behinderte Menschen endlich unbürokratisch die Leistungen bekommen, die sie brauchen. Und zwar ohne dass sie dafür ihr eigenes Einkommen oder Vermögen aufwenden müssen Das ist die Voraussetzung, damit sie ihr Wunsch- und Wahlrecht wirklich umsetzen können.
kobinet-nachrichten: Werden Sie weiterhin für die Behindertenpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zuständig sein?
Corinna Rüffer und Stephanie Aeffner: Die Gestaltung einer inklusiven Gesellschaft ist eine so vielfältige Aufgabe, berührt so viele Politikfelder, dass wir beide dazu unseren Beitrag leisten können und wollen. Alles Weitere werden wir in der Fraktion noch entscheiden, wenn die neue Regierung steht.
kobinet-nachrichten: Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, welche wären dies für die Behindertenpolitik?
Corinna Rüffer und Stephanie Aeffner: Sonderwelten überwinden, Barrierefreiheit umsetzen und verlässlichen Zugang zu Leistungen, um gleichwertige Lebensverhältnisse für jeden und an jedem Ort sicherzustellen.
kobinet-nachrichten: Die Grünen haben sich hohe Ziele in Sachen Behindertenpolitik gesteckt. Sehen Sie gute Chancen, diese in einer möglichen Koalition mit der SPD und FDP im Sinne einer Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und der Schaffung von Barrierefreiheit im privatwirtschaftlichen Bereich zu erreichen?
Corinna Rüffer und Stephanie Aeffner: Bei den potenziellen Koalitionspartnern ist behindertenpolitisch Aufbruchswille zu spüren. Wir hoffen, dass das dann auch bei der tatsächlichen Umsetzung der vereinbarten Ziele und Projekte trägt. Dabei wird die außerparlamentarische Behindertenbewegung, die in den vergangenen Jahren so stark war, eine entscheidende Rolle spielen. Gerade für uns Grüne in der neuen Rolle als Teil der Bundesregierung wird eine ehrliche Rückmeldung und Druck von der Straße wichtig sein.
kobinet-nachrichten: Vielen Dank für das Interview.
Links zu weiteren aktuellen Interviews mit Bundestagsabgeordneten zur Behindertenpolitik:
Link zum Interview mit Angelika Glöckner von der SPD
Link zum Interview mit Hubert Hüppe von der CDU
Für die Durchsetzung der hehren Ziele Sonderwelten überwinden sowie Barrierefreiheit umsetzen ist allerdings mit massiven Widerstand seitens der Träger besagter Welten und aus der Wirtschaft zu rechnen, also ist Überzeugungskraft vonnöten, dicke Bretter zu bohren.