Staufen (kobinet)
Omas sind gerade sehr beliebt.
Das sagen viele Menschen.
Es gibt Omas gegen Rechts.
Omas gegen Rechts ist eine Gruppe von älteren Frauen, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzt.
Aber auch andere Omas sind sehr bekannt.
Aber was ist mit den Opas?
Das fragt sich ein Mann.
Er ist über 70 Jahre alt.
Er fühlt sich vergessen.
Niemand redet über alte Männer.
Das ist ungerecht.
Mit schönen Worten versteckt man peinliche Wahrheiten.
Das bedeutet: Menschen sagen nette Dinge, um unangenehme Tatsachen zu verbergen.
Die beliebten Omas sind nur ein Trick.
Die Gesellschaft will damit zeigen:
Wir mögen alte Menschen.
Aber das stimmt nicht.
Die meisten alten Menschen werden ignoriert.
Ignoriert bedeutet: Man beachtet jemanden nicht.
Egal ob Oma oder Opa.
Egal ob fit oder schwach.
Sie gelten als überflüssig.
Überflüssig bedeutet: nicht mehr nötig oder gebraucht.
Firmen wollen nur ihr Geld.
Sonst interessiert sich niemand für alte Menschen.
In den Medien kommen sie nicht vor.
Medien sind zum Beispiel: Fernsehen, Radio, Zeitungen und Internet.
Als würden sie gar nicht existieren.
Normale alte Menschen werden wie Luft behandelt.
Wie Luft behandelt bedeutet: Man tut so, als ob die Person nicht da wäre.
Ein alter Mann wie ich will mitmachen.
Ich schreibe Bücher und Artikel.
Aber niemand nimmt mich ernst.
Verlage ignorieren meine Arbeit.
Verlage sind Firmen, die Bücher und Zeitschriften veröffentlichen.
Viele Menschen bestreiten das.
Bestreiten bedeutet: Sie sagen, dass es nicht stimmt.
Sie reden von Vielfalt und Inklusion.
Vielfalt bedeutet: Verschiedenheit von Menschen.
Inklusion bedeutet: Alle Menschen können überall mitmachen.
Aber sie diskriminieren trotzdem.
Diskriminieren bedeutet: Menschen ungerecht behandeln.
Reiche und bekannte Menschen haben es besser.
Sie haben Geld und Macht.
Altersdiskriminierung trifft sie weniger.
Altersdiskriminierung bedeutet: Menschen werden wegen ihres Alters schlecht behandelt.
Sie haben viele Möglichkeiten.
Besonders schlimm ist es für Menschen wie mich.
Ich bin alt, arm und behindert.
Das sind drei Nachteile gleichzeitig.
Die beliebten Omas sind nur ein Theater.
Theater bedeutet hier: etwas, das nicht echt ist, nur so getan.
Sie sollen zeigen:
Wir sind modern und jung.
Aber das ist gelogen.
Behinderte Omas und Opas werden auch von anderen Behinderten diskriminiert.
Das wundert mich nicht.
Behinderte Menschen gehen oft schlecht miteinander um.
Sie gönnen sich nichts.
Sich nichts gönnen bedeutet: Man freut sich nicht, wenn andere etwas Gutes haben.
Sie sind böse zueinander.
Das liegt an der Gesellschaft.
Behinderte Menschen werden schlecht behandelt.
Das macht sie wütend.
Diese Wut lassen sie an anderen Behinderten aus.
Wut an anderen auslassen bedeutet: Man ist zu anderen Menschen böse, obwohl sie nicht schuld sind.
Behinderte Menschen haben oft wenig Selbst-Vertrauen.
Selbst-Vertrauen bedeutet: Man glaubt an die eigenen Fähigkeiten.
Sie hassen sich manchmal selbst.
Das spüren auch andere Behinderte.
Wenn ein behinderter Mensch Erfolg hat:
Andere Behinderte sind neidisch.
Neidisch sein bedeutet: Man ärgert sich, wenn andere etwas Gutes haben.
Sie freuen sich nicht mit.
Sie sind beleidigt.
Wann bekomme ich mal ein Lob?
Von einem anderen behinderten Menschen?
Das passiert sehr selten.
Das ist traurig.
Auch in der Behinderten-Bewegung ist das so.
Die Behinderten-Bewegung ist eine Gruppe von Menschen, die für die Rechte von behinderten Menschen kämpft.
Verschiedene Gruppen arbeiten nicht zusammen.
Sie ignorieren sich.
Das ist schlecht für alle.
Junge und alte Behinderte reden nicht miteinander.
Wenn ich andere Gruppen anschreibe:
Ich bekomme keine Antwort.
Ich glaube: Mein Alter ist ein Problem.
Das schadet der ganzen Behinderten-Bewegung.
Wir sollten zusammen-arbeiten.
Aber wir boykottieren uns selbst.
Boykottieren bedeutet: Etwas absichtlich verhindern oder blockieren.
Genug geschimpft.
Jetzt sage ich auch etwas Gutes.
Bei kobinet arbeiten viele alte Männer.
Kobinet ist ein Nachrichten-Dienst für Menschen mit Behinderung.
Sie sind zwischen 60 und 80 Jahre alt.
Oder noch älter.
Das schreckt unseren Techniker nicht ab.
Abschrecken bedeutet: jemanden ängstlich machen oder vertreiben.
Er heißt Tom.
Tom ist Ende 20.
Tom hat ein tolles Computer-Programm gebaut.
Das Programm macht schwere Texte leicht.
Auch meine komplizierten Artikel.
Kompliziert bedeutet: schwierig zu verstehen.
Das Programm macht sie verständlich.
Toll gemacht, Tom!
Noch ein letztes Beispiel:
Raul Krauthausen macht einen Podcast.
Raul Krauthausen ist ein bekannter Aktivist für Menschen mit Behinderung.
Ein Podcast ist eine Sendung im Internet, die man anhören kann.
Er redet immer nur mit jungen Menschen.
Opas und Omas lädt er nicht ein.
Das ist schade.

Foto: CC
Staufen (kobinet) Omas, so pfeifen es die Spatzen von den Dächern, liegen voll im Trend. Nicht nur die von "gegen rechts", nein Omas aus allen Himmelsrichtungen. Und was ist mit uns Opas? Die Frage drängt sich einem Siebzigjährigen, Mitte Siebziger wie meiner Wenigkeit, förmlich auf. Der, egal nach welcher Himmelsrichtung er sich wendet und an wen, für so was von out und abgemeldet gilt und behandelt wird, dass Diskriminierung gar kein Wort dafür ist. Deshalb hier ein Wort von mir, ein Kolumnistenwort, über dieses himmelschreiende Unrecht.
Mit Feigenblättern verdeckt man auch gesellschaftlich Scham erregende Blößen
Die Trendy-Omies, dies muss von einem Opa mal gesagt werden, sind doch nur das Feigenblatt für die gewöhnlichen Alten – Omas wie Opas, ob rüstig oder tattrig – die das größte Segment der gesellschaftlich Abgemeldeten und Outcasts bilden. Der eigentlich Überflüssigen. Mit denen allenfalls der Konsum- und Bespaßungskapitalismus so weit es geht noch sein Geschäft macht. Ansonsten sind die Überzähligen und Abgeschriebenen, zumal die Alten, medial und aufmerksamkeitsökonomisch wie nicht vorhanden.
Je mehr sich diese Funktionslogik des sozioökonomischen Systems schleichend auch in unserer alltäglichen Lebenswelt durchsetzt und ausschlaggebend wird dafür, wie wir die Dinge betrachten, Menschen beurteilen und auf sie reagieren, werden dem Durchschnitt zugerechnete alte Menschen in ihrem Erscheinen wie in ihrem Tun und Wirken durchweg wie Luft behandelt. Einer wie ich, der trotz seines Alters mit intellektuellen oder kulturellen, wissenschaftlichen und literarischen Beiträgen am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchte, wird mit seiner „Teilgabe“ (etwa einem Buchmanuskript oder einem Artikelangebot bei Verlagen und Zeitschriftenredaktionen) nicht ernsthaft in Betracht gezogen, quasi reflexartig aussortiert. Was von den zurecht der Ignoranz Bezichtigten abgestritten wird, die, wie die meisten nicht selber von Ageismus (oder Altersdiskriminierung) Betroffenen, dem verbreiteten Diversitäts- und „Inklusions-Schmu“ nur allzu gern glauben.
Oder auch nicht. Weniger, weil sie frühzeitig das Zeitliche segnen, vielmehr Angehörige eines Elitesegments sind. In der Komfortzone der gesellschaftlichen Privilegierten schlägt Altersdiskriminierung nicht oder nicht annähernd gleich heftig zu. Außerdem stehen der Elite, den Herrschenden, der Prominenz Kompensationsmöglichkeiten noch und noch zu Gebot. Jedenfalls kommt man von dort altersbedingt, anders als im Fall der gewöhnlichen Alten, nicht so leicht in gefährliche Nähe zum Reich der „sozial Toten“. Noch einmal besonders gefährdet unter den gewöhnlichen Alten sind „intersektionale“ Merkmalsträger, solche wie ich, alt, arm und behindert. – Die Trendy-Omas, fast hätte ich sie vergessen, geben auf der Bühne des zivilgesellschaftlichen Spektakels so etwas wie die Hofnärrinnen des progressiven Neoliberalismus, der sich forever young dünkenden kreativen Klasse.
Behinderten-Omas und -Opas auch von Behinderten-Peers diskriminiert
Was mich nachgerade nicht wundert. So wie Behinderte durchschnittlich miteinander umgehen. Einander nichts gönnen, sich an den Community-Nächsten rächen für die eigene gesellschaftlich erfahrene Zurücksetzung. Weil dies die bequemste Aggressionsabfuhr ist, Affekterleichterung. Denn unter Behinderten trifft man auf einen besonders hohen Neurotizismus-Pegel. Insbesondere das mit der gesellschaftlich zugefügten „Wunde Behinderung“ einhergehende Minderwertigkeitsgefühl ruft einen Selbsthass hervor, den auch die jeweiligen Peers zu spüren bekommen. Häufig quittieren sie die Kunde vom Gelingen oder Erfolg anderer aus der Behindertengemeinde mit einer Miene des Beleidigt- oder Gekränktseins. In der unseresgleichen, Leuten aus der Community, entgegengebrachten Feindseligkeit oder auch bloß Unfreundlichkeit drückt sich ein Moment oder Aspekt von internalisiertem Ableismus aus. – Wann bekomme ich hingegen einmal Anerkennung oder ein Kompliment für etwas, das ich gut gemacht habe, das mir ausgesprochen gelungen ist, aus dem Mund eines oder einer anderen Behinderten? Da kannst du ein Kreuz ans Kalenderblatt machen, sagte mir als Kind meine Mutter stets, wenn es sich um ein ziemlich unwahrscheinliches Vorkommnis handelte. Spontan fällt mir allenfalls eine handvoll Peers ein, die mir gegenüber jene Freundlichkeit an den Tag legen.
Wechsle ich von der individuellen zwischenmenschlichen Ebene auf die der Behindertencommunity und des Aktivsmus, so zeigt sich dort dasselbe Desaster auf kollektiver Stufenleiter. Zwischen aus unterschiedlichen lokalen, zeitlichen, politisch-aktivistischen „Nuklei“ (Kernen) oder Anlässen hervorgegangenen Gruppierungen und Bubbles. Und nicht zuletzt herrscht eine der auch sonst in der Zivilgesellschaft, der Öffentlichkeit und den Medien zu beobachtenden analoge Generationentrennung, bei der an den Kontaktstellen das Verhalten von freundlichem Desinteresse bis zu gelegentlichem Ressentiment und Diskriminierung reicht. – Wende ich mich beispielsweise als kobinet-Mitarbeiter an einen anderen behindertenpolitischen Zirkel oder Gruppenzusammenhang, erhalte ich in der Regel keine Antwort oder Reaktion. Wobei ich das Gefühl nicht loswerde, dass mein Opa-Alter (und das meiner meisten Mit-Kobinetianer) bei dem mir entgegenbrachten Desinteresse ein übriges tut. Unter dem Gesichtspunkt einer wünschenswerten Bündelung behinderterpolitischer Aktivitäten lässt sich dieses Verhalten nicht anders denn als Selbstboykott und Selbstsabotage innerhalb der Behindertenbewegung bewerten.
Genug geschimpft und berechtigten Dampf abgelassen. Ich schließe mit einem Lob. Auf die kobinet-Altherren-Riege habe ich bereits angespielt, sechzig bis achtzig plus, nach oben hin offen. Bislang nicht abgeschreckt hat das unseren tapferen Techniker Tom, Tech Major Tom, der gerade mal Ende Zwanzigjährige hat eine Top KI-Version für „leichte Sprache“ zusammengebaut, die selbst meine opamäßig komplizierten Kolumnen mit einem Mal ungemein leserfreundlich, geradezu hyperverständlich macht. Bravo, Tom! Major Tom ist eine Anspielung auf den Song von David Bowie „Ground Control to Major Tom“.
P.S. Ein letztes Mosaiksteinchen in Sachen struktureller Altersdiskriminierung im Behindertenmilieu und darüber hinaus. Ich bin ein regelmäßiger und nicht selten beeindruckter Zuhörer von Raul Krauthausens Aufzugs-Podcast. Vielleicht ist mir ja was entgangen, täusche ich mich, dass er immer nur mit grosso modo Gleichaltrigen und Jüngeren palavert? Bei Talkmaster Krauthausen scheinen mir weder Opas noch Omas im Trend zu liegen und erst recht nicht voll.

Foto: CC
Staufen (kobinet) Omas, so pfeifen es die Spatzen von den Dächern, liegen voll im Trend. Nicht nur die von "gegen rechts", nein Omas aus allen Himmelsrichtungen. Und was ist mit uns Opas? Die Frage drängt sich einem Siebzigjährigen, Mitte Siebziger wie meiner Wenigkeit, förmlich auf. Der, egal nach welcher Himmelsrichtung er sich wendet und an wen, für so was von out und abgemeldet gilt und behandelt wird, dass Diskriminierung gar kein Wort dafür ist. Deshalb hier ein Wort von mir, ein Kolumnistenwort, über dieses himmelschreiende Unrecht.
Mit Feigenblättern verdeckt man auch gesellschaftlich Scham erregende Blößen
Die Trendy-Omies, dies muss von einem Opa mal gesagt werden, sind doch nur das Feigenblatt für die gewöhnlichen Alten – Omas wie Opas, ob rüstig oder tattrig – die das größte Segment der gesellschaftlich Abgemeldeten und Outcasts bilden. Der eigentlich Überflüssigen. Mit denen allenfalls der Konsum- und Bespaßungskapitalismus so weit es geht noch sein Geschäft macht. Ansonsten sind die Überzähligen und Abgeschriebenen, zumal die Alten, medial und aufmerksamkeitsökonomisch wie nicht vorhanden.
Je mehr sich diese Funktionslogik des sozioökonomischen Systems schleichend auch in unserer alltäglichen Lebenswelt durchsetzt und ausschlaggebend wird dafür, wie wir die Dinge betrachten, Menschen beurteilen und auf sie reagieren, werden dem Durchschnitt zugerechnete alte Menschen in ihrem Erscheinen wie in ihrem Tun und Wirken durchweg wie Luft behandelt. Einer wie ich, der trotz seines Alters mit intellektuellen oder kulturellen, wissenschaftlichen und literarischen Beiträgen am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchte, wird mit seiner „Teilgabe“ (etwa einem Buchmanuskript oder einem Artikelangebot bei Verlagen und Zeitschriftenredaktionen) nicht ernsthaft in Betracht gezogen, quasi reflexartig aussortiert. Was von den zurecht der Ignoranz Bezichtigten abgestritten wird, die, wie die meisten nicht selber von Ageismus (oder Altersdiskriminierung) Betroffenen, dem verbreiteten Diversitäts- und „Inklusions-Schmu“ nur allzu gern glauben.
Oder auch nicht. Weniger, weil sie frühzeitig das Zeitliche segnen, vielmehr Angehörige eines Elitesegments sind. In der Komfortzone der gesellschaftlichen Privilegierten schlägt Altersdiskriminierung nicht oder nicht annähernd gleich heftig zu. Außerdem stehen der Elite, den Herrschenden, der Prominenz Kompensationsmöglichkeiten noch und noch zu Gebot. Jedenfalls kommt man von dort altersbedingt, anders als im Fall der gewöhnlichen Alten, nicht so leicht in gefährliche Nähe zum Reich der „sozial Toten“. Noch einmal besonders gefährdet unter den gewöhnlichen Alten sind „intersektionale“ Merkmalsträger, solche wie ich, alt, arm und behindert. – Die Trendy-Omas, fast hätte ich sie vergessen, geben auf der Bühne des zivilgesellschaftlichen Spektakels so etwas wie die Hofnärrinnen des progressiven Neoliberalismus, der sich forever young dünkenden kreativen Klasse.
Behinderten-Omas und -Opas auch von Behinderten-Peers diskriminiert
Was mich nachgerade nicht wundert. So wie Behinderte durchschnittlich miteinander umgehen. Einander nichts gönnen, sich an den Community-Nächsten rächen für die eigene gesellschaftlich erfahrene Zurücksetzung. Weil dies die bequemste Aggressionsabfuhr ist, Affekterleichterung. Denn unter Behinderten trifft man auf einen besonders hohen Neurotizismus-Pegel. Insbesondere das mit der gesellschaftlich zugefügten „Wunde Behinderung“ einhergehende Minderwertigkeitsgefühl ruft einen Selbsthass hervor, den auch die jeweiligen Peers zu spüren bekommen. Häufig quittieren sie die Kunde vom Gelingen oder Erfolg anderer aus der Behindertengemeinde mit einer Miene des Beleidigt- oder Gekränktseins. In der unseresgleichen, Leuten aus der Community, entgegengebrachten Feindseligkeit oder auch bloß Unfreundlichkeit drückt sich ein Moment oder Aspekt von internalisiertem Ableismus aus. – Wann bekomme ich hingegen einmal Anerkennung oder ein Kompliment für etwas, das ich gut gemacht habe, das mir ausgesprochen gelungen ist, aus dem Mund eines oder einer anderen Behinderten? Da kannst du ein Kreuz ans Kalenderblatt machen, sagte mir als Kind meine Mutter stets, wenn es sich um ein ziemlich unwahrscheinliches Vorkommnis handelte. Spontan fällt mir allenfalls eine handvoll Peers ein, die mir gegenüber jene Freundlichkeit an den Tag legen.
Wechsle ich von der individuellen zwischenmenschlichen Ebene auf die der Behindertencommunity und des Aktivsmus, so zeigt sich dort dasselbe Desaster auf kollektiver Stufenleiter. Zwischen aus unterschiedlichen lokalen, zeitlichen, politisch-aktivistischen „Nuklei“ (Kernen) oder Anlässen hervorgegangenen Gruppierungen und Bubbles. Und nicht zuletzt herrscht eine der auch sonst in der Zivilgesellschaft, der Öffentlichkeit und den Medien zu beobachtenden analoge Generationentrennung, bei der an den Kontaktstellen das Verhalten von freundlichem Desinteresse bis zu gelegentlichem Ressentiment und Diskriminierung reicht. – Wende ich mich beispielsweise als kobinet-Mitarbeiter an einen anderen behindertenpolitischen Zirkel oder Gruppenzusammenhang, erhalte ich in der Regel keine Antwort oder Reaktion. Wobei ich das Gefühl nicht loswerde, dass mein Opa-Alter (und das meiner meisten Mit-Kobinetianer) bei dem mir entgegenbrachten Desinteresse ein übriges tut. Unter dem Gesichtspunkt einer wünschenswerten Bündelung behinderterpolitischer Aktivitäten lässt sich dieses Verhalten nicht anders denn als Selbstboykott und Selbstsabotage innerhalb der Behindertenbewegung bewerten.
Genug geschimpft und berechtigten Dampf abgelassen. Ich schließe mit einem Lob. Auf die kobinet-Altherren-Riege habe ich bereits angespielt, sechzig bis achtzig plus, nach oben hin offen. Bislang nicht abgeschreckt hat das unseren tapferen Techniker Tom, Tech Major Tom, der gerade mal Ende Zwanzigjährige hat eine Top KI-Version für „leichte Sprache“ zusammengebaut, die selbst meine opamäßig komplizierten Kolumnen mit einem Mal ungemein leserfreundlich, geradezu hyperverständlich macht. Bravo, Tom! Major Tom ist eine Anspielung auf den Song von David Bowie „Ground Control to Major Tom“.
P.S. Ein letztes Mosaiksteinchen in Sachen struktureller Altersdiskriminierung im Behindertenmilieu und darüber hinaus. Ich bin ein regelmäßiger und nicht selten beeindruckter Zuhörer von Raul Krauthausens Aufzugs-Podcast. Vielleicht ist mir ja was entgangen, täusche ich mich, dass er immer nur mit grosso modo Gleichaltrigen und Jüngeren palavert? Bei Talkmaster Krauthausen scheinen mir weder Opas noch Omas im Trend zu liegen und erst recht nicht voll.