
Foto: Ralph Milewski
Fladungen (kobinet) Inklusion ist ein fundamentales gesellschaftliches Ziel, das das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe für alle Menschen – unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen – fördern soll. Doch wenn wir Inklusion im Kontext des Kapitalismus betrachten, müssen wir uns eingehender mit den strukturellen Barrieren befassen, die der Kapitalismus selbst produziert. Kapitalismus ist ein System, das Wert und Bedeutung nach Produktivität und Verwertbarkeit bemisst. Menschen, die nicht in diese Normen passen, werden in vielen Bereichen der Gesellschaft benachteiligt und ausgeschlossen. Doch Inklusion geht weit über den Zugang zum Arbeitsmarkt hinaus – sie betrifft alle Lebensbereiche, die in einer kapitalistischen Gesellschaft stark mit Produktivität verknüpft sind.
Verwertungslogik des Kapitalismus und ihre Auswirkungen auf Inklusion
Im Kapitalismus wird der Wert eines Menschen oft nach seiner Produktivität und Verwertbarkeit bemessen. Diese Verwertungslogik ist tief in der Gesellschaft verankert – nicht nur im Arbeitsmarkt, sondern auch in Bereichen wie Bildung, Gesundheitsversorgung, politischer Teilhabe und Freizeit. Jeder dieser Bereiche wird durch die Brille der Produktivität betrachtet:
- Bildung: Der Zugang zu Bildung im Kapitalismus ist stark darauf ausgerichtet, Menschen für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Das Bildungssystem fördert vor allem jene, die als produktive Arbeitskräfte den wirtschaftlichen Anforderungen entsprechen. Menschen mit Behinderungen, deren Lebensrealitäten und Bedürfnisse nicht den Standardnormen entsprechen, werden in diesem System oft benachteiligt. Ihr Bildungsweg wird häufig nicht ausreichend gefördert, da das System MMB von Anfang an als weniger produktiv oder sogar unproduktiv ansieht. Diese Wahrnehmung führt dazu, dass ihre Potenziale im Bildungsbereich nicht erkannt werden und sie in vielen Fällen nicht die notwendigen Anpassungen und Förderung erhalten, die sie benötigen, um gleiche Chancen wie andere zu haben.
- Politische Teilhabe: Politische Teilhabe im Kapitalismus ist oft mit der Fähigkeit verbunden, in der wirtschaftlichen Struktur Einfluss zu nehmen. Wahlverhalten und politische Einflussnahme stehen unter dem Einfluss des wirtschaftlichen Kapitals, was bedeutet, dass Menschen, die als „weniger produktiv“ gelten, weniger Gehör finden. Dies führt dazu, dass ihre Stimme in politischen Entscheidungsprozessen oft unterrepräsentiert bleibt.
- Gesundheitsversorgung: Im Kapitalismus wird die Gesundheitsversorgung nicht immer als Recht auf körperliche Unversehrtheit betrachtet, sondern als wirtschaftliches Gut, das dem Erhalt der Produktivität dient. Der Fokus liegt auf der Wiederherstellung der Gesundheit, damit Menschen wieder arbeitsfähig werden können. Menschen mit Behinderung, deren Bedürfnisse über die bloße Wiederherstellung von Gesundheit hinausgehen, werden hier häufig nicht ausreichend berücksichtigt.
- Freizeit: Der Zugang zu Freizeit und kulturellen Aktivitäten im Kapitalismus ist eng mit Verwertbarkeit verbunden. Freizeit wird häufig als „unproduktiv“ wahrgenommen, außer sie dient der Erhaltung der Leistungsfähigkeit oder wird wirtschaftlich verwertet. Menschen mit Behinderung, die in diesem System nicht den gleichen Zugang zu Ressourcen haben, sind häufig von Kultur, Sport und sozialer Teilnahme ausgeschlossen.
Kapitalismus und die Einschränkung der sozialen Inklusion
Der Kapitalismus setzt Produktivität als Maßstab für Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen. Das bedeutet, dass Inklusion in einer kapitalistischen Gesellschaft oft nur dann möglich erscheint, wenn sie den wirtschaftlichen Zielen des Systems dient. Menschen mit Behinderung, die nicht als produktiv im wirtschaftlichen Sinne gelten, sind folglich in vielen Bereichen ausgeschlossen. Sie erleben soziale Exklusion, die nicht nur den Arbeitsmarkt betrifft, sondern auch andere Lebensbereiche, die durch den Kapitalismus strukturiert sind.
Rechtsextreme Ideologien und ihre Verstärkung von Ableismus
Ein weiterer Aspekt, den wir nicht außer Acht lassen dürfen, ist der Einfluss von rechtsextremen Ideologien, die den Ableismus im Kapitalismus weiter verstärken. Rechtsextreme Gruppen sehen Menschen mit Behinderung oft als „unnütze Esser“ oder als „Belastung“ für die Gesellschaft, was zu einer noch stärkeren Ausgrenzung und Marginalisierung dieser Menschen führt. In rechtsextremen Diskursen werden diese Menschen häufig nicht nur als wirtschaftlich unproduktiv, sondern auch als „minderwertig“ und „unnütz“ für das „Reinheitsverständnis“ der Gesellschaft dargestellt.
Diese rechtsextremen Ideologien haben einen tiefgreifenden Einfluss auf die gesellschaftliche Akzeptanz von Menschen mit Behinderung und tragen zu einer weiteren Exklusion bei, indem sie die politische Teilhabe und soziale Akzeptanz dieser Menschen weiter erschweren.
Fazit: Inklusion im Kapitalismus ist eine Illusion
Inklusion in einer kapitalistischen Gesellschaft bleibt ein unerreichbares Ziel, wenn das System selbst auf der Verwertungslogik basiert, die Menschen nach ihrer Produktivität und Leistungsfähigkeit bewertet. Echte Inklusion ist mehr als der Zugang zum Arbeitsmarkt – sie erfordert die Veränderung der gesamten gesellschaftlichen Struktur, die alle Menschen in ihrer Vielseitigkeit und ihren Bedürfnissen anerkennt.
- Inklusion im Kapitalismus ist nur dann möglich, wenn sie die Produktivität als einzigen Maßstab überwindet und sich stattdessen an der Anerkennung der Menschenwürde und der Gleichwertigkeit aller Menschen orientiert.
- Um eine echte gesellschaftliche Teilhabe zu erreichen, müssen nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die kulturellen, politischen und sozialen Barrieren in einer kapitalistischen Gesellschaft überwunden werden.
Echte Inklusion kann nur in einer Gesellschaft entstehen, die nicht auf Leistungs- und Verwertungsdruck angewiesen ist, sondern die Vielfalt der Menschen und ihre unterschiedlichen Beiträge in all ihren Formen anerkennt und wertschätzt.
PS: In Anlehnung an die Gedanken von Hans-Willi Weis in seiner Kolumne ‚Intellektuelle Redlichkeit festigt mentale Resilienz‘ befasst sich dieser Artikel mit den Auswirkungen des Kapitalismus auf Inklusion und den unsichtbaren Lasten, die dieser auf marginalisierte Gruppen abwälzt.