Berlin (kobinet) Die Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Stephanie Aeffner, hat die Befragung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, am 13. November 2024 im Bundestagsplenum dazu genutzt, nachzuhaken, was nun mit der Reform des Behindertengleichstellungsgesetz mit den geplanten Regelungen für mehr Barrierefreiheit wird, nachdem die Ampelregierung geplatzt ist. kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul hat die Befragung verfolgt und veröffentlicht Auszüge aus dem Protokoll des Dialogs von Stephanie Aeffner mit Hubertus Heil. Dessen Ausführungen machen zeigen zwar einen Willen für mehr Barrierefreiheit auf, verdeutlichen aber, dass es auch zum Ende dieser Leigslaturperiode bei reiner Symbolpolitik in Sachen Barrierefreiheit bleiben könnte. Wenn die Bundestagsabgeordneten niicht selbst das Zepter in die Hand nehmen und den so gut wie fertigen Gesetzentwurf in den Bundestag zur Beschlussfassung einbringen und es lediglich bei einem Kabinettsbeschluss bleibt, wäre dies reine Symbolpolitik, so das Fazit zu diesem Dialog von Ottmar Miles-Paul.
Im Protokoll über die Bundestagssitzung vom 13. November 2024 finden sich ab Seite 25867 u.a. folgende Ausführungen:
„Stephanie Aeffner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Frage richtet sich an Herrn Minister Heil. In Deutschland lebt ungefähr ein Viertel der Menschen entweder mit einer anerkannten Behinderung oder mit einer chronischen Erkrankung. Viele von diesen Menschen sind gerade in einer alternden Gesellschaft auf Barrierefreiheit angewiesen. Wir hatten mit dem Koalitionsvertrag das Versprechen gegeben, dass wir private Anbieter von Produkten und Dienstleistungen zu Barrierefreiheit verpflichten wollen und Barrieren abbauen wollen. Wir hatten uns besonders die Bereiche Mobilität, Wohnen, Gesundheit und Digitales vorgenommen. Wo standen wir denn, bevor die Regierung jetzt zerbrochen ist? Was können wir den Menschen, die sehnlichst darauf gewartet haben, darüber berichten?“ heißt es zur Frage von Stephanie Aeffner in der Befragung der Bundesregierung vom 13. November 2024.
Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales antwortete darauf wie folgt: „Frau Kollegin Aeffner, ich danke für die Frage. Wir haben uns ja, bevor die FDP aus der Regierung ausgeschieden ist, am Montag mit den Sprechern verschiedener Fraktionen für den Bereich Inklusionspolitik getroffen. Das war der 30. Jahrestag der Grundgesetzänderung zum Thema Inklusion und übrigens der 15. Jahrestag der UN-Behindertenrechtskonvention. Ich habe anlässlich dieses Abends gesagt, dass es mein Ziel ist, in dieser Legislaturperiode dieses Gesetz, das Sie angesprochen haben, nicht nur vorzulegen, sondern auch durchzusetzen. Das Gesetz ist fertig. Es befindet sich in der Ressortabstimmung. Angesichts der Tatsache, dass wir nicht mehr die Mehrheit in diesem Parlament haben und es nur noch wenige Sitzungswochen gibt, rechne ich nicht fest damit, dass wir das noch in dieser Legislaturperiode hinbekommen. Aber vielleicht schaffen wir es wenigstens, dieses Gesetz im Kabinett zu beschließen, sodass es unmittelbar nach der Wahl kommt. Die Menschen mit Behinderungen warten ja sehnlichst darauf. Und es geht ja um gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen.“ Dazu gab es Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Und weiter führte Hubertus Heil aus: „Ich will das an dieser Stelle sagen: Wir haben in dieser Legislaturperiode gemeinsam einiges hinbekommen. Ich will jetzt auch mal den Kollegen der FDP sagen, dass ich beispielsweise Ihrem Kollegen Beeck danke, der ein Kollege meiner Berichterstatterinnen und Berichterstatter beim Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts war.“
„Wir haben gemeinsam die Initiative für Barrierefreiheit auf den Weg gebracht. Ich bin damit eigentlich noch nicht fertig. Aber ich bemühe mich um ein neues Mandat. Vielleicht kann ich dann mittun“, so Hubertus Heil weiter. Stephanie Aeffner fragte nach: „Ja, vielen Dank. – Ich würde an dieser Stelle gerne noch mal nachfragen. Sie haben ja gesagt: Vielleicht kommt es noch zu einem Kabinettsbeschluss, damit es in der nächsten Wahlperiode möglichst schnell beschlossen werden kann. – Es könnten sich ja die Mehrheitsverhältnisse auch ändern. Vielleicht könnten Sie noch mal Grundüberlegungen aus diesem Gesetz und den tatsächlichen Gewinn darstellen, um auch anderen Teilen dieses Hauses die Angst zu nehmen. Erfreulicherweise hat die Union im Bereich ‚Mobilität und Bahnpolitik‘ auch schon die Verpflichtung zu angemessenen Vorkehrungen
gefordert. Vielleicht gibt es da ja einen großen, breiten demokratischen Konsens.“ Hierzu antwortete Hubertus Heil: „Frau Aeffner, ich will vorsorglich darauf hinweisen, dass formal, auch wenn wir es im Kabinett beschließen, Diskontinuität gegeben wäre. Aber vielleicht ist es ein Symbol, das deutlich macht: Da ist ein fertiger Gesetzentwurf, den man – egal wer regiert – aus der Schublade nehmen kann. Ich werbe auch dafür, dass wir das parteiübergreifend hinbekommen. Wenn man nach Skandinavien guckt, dann stellt man fest: Inklusion ist ein Standortvorteil. Der Beauftragte Herr Dusel, für dessen Arbeit ich mich sehr, sehr bedanke, hat einen Spruch geprägt, den ich richtig gut finde, nämlich: ‚Demokratie braucht Inklusion‘. Es geht um Barrierefreiheit im privatwirtschaftlichen und im öffentlichen Bereich. Und eigentlich sollte das längst eine Selbstverständlichkeit sein. Da haben wir nichts reingeschrieben, was die deutsche Wirtschaft wirklich überfordert. Wir haben sogar mit der BDA sehr intensiv darüber gesprochen, dass wir das bürokratiearm umsetzen und dass wir dafür sorgen, dass es Übergangszeiträume gibt. Aber das Ziel muss klar sein: Wir müssen eine inklusive Gesellschaft sein. Das gilt nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern auch für ältere Menschen, die Beeinträchtigungen haben (…) – manchmal auch ganz praktisch für Menschen, die einen Kinderwagen schieben. Das ist ein Gewinn fürs ganze Land. Und ich setze auf den Konsens der Demokraten in dieser Frage.“ Hierzu gab es Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.
Link zum Protokoll der Bundestagssitzung
Link zum Video von der Befragung der Bundesregierung vom 13.11.2024 ab Minute 40