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Dokumentation der Inklusionstage 2025 veröffentlicht

Inklusionstage 2025 Digitalisierung
Inklusionstage 2025 Digitalisierung
Foto: BMAS

Berlin (kobinet) Die Inklusionstage am 12. und 13. Mai 2025 waren auch in diesem Jahr wieder ein Ort der engagierten Diskussion und Vernetzung. Rund 300 Teilnehmende haben sich vor Ort intensiv zu dem Thema DIGITALISIERUNG barrierefrei ∙ selbstbestimmt ∙ zeitgemäß ausgetauscht.  Über 200 Interessierte verfolgten die Fachveranstaltung online. Gastgeberin der Inklusionstage 2025 war die neue Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas, die auch den Bundesteilhabepreis 2025 "DIGITALISIERUNG INKLUSIV - digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Bildung und Arbeit" an die Gewinner*innen-Projekte überreichte. Nun wurde die Dokumentation der Inklusionstage 2025 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlicht.

„Es gab spannende Vorträge und informative Gesprächsrunden auf der Bühne im Plenum. Auf 4 Räume verteilt, konnnten die Teilnehmenden zudem an parallelen Programmen in Form von Workshops, Diskussionsgruppen und Projektpräsentationen teilnehmen. Informationsstände von Organisationen und Projekten boten zusätzlich Gelegenheit für einen fruchtbaren Austausch. Auf der Website www.gemeinsam-einfach-machen.de/ikt25 ist nun die Dokumentation der Inklusionstage 2025 veröffentlicht. Dort finden Sie

  • eine filmische Kurzdokumentation der Inklusionstage 2025 mit Untertiteln und Gebärdensprache sowie in Leichter Sprache,
  • Videos der Begrüßungsrede der Bundesministerin Bärbel Bas sowie von der Verleihung des Bundesteilhabepreises 2025 mit Untertiteln und Gebärdensprache sowie in Leichter Sprache,
  • eine Fotogalerie sowie
  • eine schriftliche Zusammenfassung der Inklusionstage 2025 in Alltagssprache“,

heißt es vonseiten des Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

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Ralph Milewski
02.07.2025 14:59

Die Inklusionstage gehen ins zwölfte Jahr. Das allein zeigt, dass Inklusion in Deutschland weiterhin nicht als gesellschaftlicher Standard begriffen wird, sondern als jährlich neu verhandelbares Anliegen. Es wird eingeladen, diskutiert und prämiert, aber was fehlt, ist echte Verpflichtung.

Ein zentrales Missverständnis zieht sich durch alle diese Formate: Inklusion wird mit Zugang verwechselt. Es geht jedoch nicht darum, Menschen mit Behinderung Zugang zu bestehenden Strukturen zu gewähren. Es geht darum, dass sie von Beginn an an der Gestaltung dieser Strukturen beteiligt sind, in Entscheidungsprozessen, bei institutioneller Ausrichtung, in der Definition dessen, was Gesellschaft sein soll.

Inklusion heißt nicht Teilnahme an vorgefertigten Räumen, sondern Mitwirkung an deren Formung. Es geht um Macht, um das Recht, mitzugestalten, mitzuentscheiden, mitzuverantworten. Wer nur dann teilnehmen darf, wenn andere es erlauben, wird nicht inkludiert, sondern verwaltet.

Auch das diesjährige Schwerpunktthema Digitalisierung bleibt technikfixiert. Man spricht über Assistenz-Apps, digitale Anträge und barrierefreie Plattformen, aber nicht über strukturellen Ausschluss durch digitale Systeme. Diskriminierende Algorithmen, fehlende Mitsprache bei Entwicklung und Nutzung digitaler Infrastruktur werden kaum thematisiert. Doch genau hier zeigt sich, wer zur Gesellschaft gehört und wer nicht.

Der Bundesteilhabepreis verstärkt diese Logik. Er macht aus Teilhabe eine Belohnung für gelungene Projektarbeit, nicht eine rechtlich garantierte Selbstverständlichkeit. Inklusion wird zur Ausnahme, nicht zur Norm. Dabei müsste Teilhabe als politische Mitgestaltung begriffen werden, nicht als förderwürdiges Extra.

So dokumentieren die Inklusionstage weniger Fortschritt als Symbolpolitik. Sie zeigen, was möglich wäre, setzen aber nicht um, was notwendig ist. Es wird moderiert, nicht transformiert. Inklusion bleibt ein Event, statt ein Strukturprinzip zu werden.

Wer sich auf die nächsten zwölf Jahre freut, hat nicht verstanden, dass die bloße Existenz dieser Veranstaltung Ausdruck systemischen Scheiterns ist.

Was es jetzt braucht, ist keine weitere Debatte über Zugänge, sondern ein klarer Konsens: Ohne gleichberechtigte Teilhabe an Entscheidungen und an der Gestaltung gesellschaftlicher Strukturen existiert keine Inklusion. Barrierefreiheit ist Voraussetzung, nicht Ziel. Inklusion beginnt dort, wo Menschen mit Behinderung nicht nur dabei sind, sondern mitgestalten, in Bildung, Arbeit, Politik, Wohnen, Digitalisierung.

Gestaltung heißt mitentscheiden. Wer nicht mitgestalten kann, bleibt Objekt politischer Maßnahmen. Inklusion ohne Mitgestaltung ist keine Inklusion. Sie ist Integration unter Vorbehalt und meist verwaltete Duldung.

Einzelfälle von Mitgestaltung oder Mitentscheidung sind zwar begrüßenswert, aber sie bleiben selten und strukturell nicht verankert. Meist beruhen sie auf dem persönlichen Engagement Einzelner oder dem guten Willen einzelner Institutionen. Sobald diese wegfallen, bricht auch die Beteiligung wieder weg. Struktur schlägt Ausnahme. Solange die Regel Exklusion bleibt, sind Ausnahmen kein Beweis für gelingende Inklusion, sondern Indiz für deren Fehlen.

Solche Ausnahmen werden oft als Feigenblatt genutzt. Eine Sprecherin mit Behinderung auf einem Podium, eine Jurybeteiligung auf Augenhöhe, ein Beratungsprozess mit Betroffenenbeteiligung. Doch in der Regel ist die Entscheidungsmacht zu diesem Zeitpunkt längst verteilt. Die Räume, in denen Mitwirkung überhaupt stattfinden darf, sind von anderen definiert. Was als Beteiligung verkauft wird, ist häufig kontrollierte Teilhabe.

Dabei wird ein entscheidender Umstand meist verschwiegen. Wenn Menschen mit Behinderung in Entscheidungspositionen sichtbar sind, liegt das oft daran, dass sie ihre Behinderung erst im Laufe des Lebens erworben haben, zu einem Zeitpunkt, als sie bereits fest im System verankert waren. Ihre Position ist dann nicht Ergebnis erfolgreicher Inklusion, sondern biografischer Zufall. Sie sind nicht mit, sondern unabhängig von ihrer Behinderung in Verantwortung gelangt. Das hat mit Inklusion wenig zu tun, sondern viel mit Statussicherung.

Wer hingegen mit einer Behinderung aufgewachsen ist, nie Zugang zu regulären Bildungswegen hatte, keine Netzwerke bilden konnte oder durch institutionelle Barrieren systematisch ausgeschlossen wurde, hat kaum eine Chance auf Mitgestaltung. Genau diese strukturelle Verdrängung bleibt meist unsichtbar oder wird mit Einzelfällen kaschiert.

Solange Inklusion in Projekten, Preisen und Tagungen stattfindet, aber nicht in Gesetzen, Institutionen und Entscheidungsprozessen, bleibt sie Fassade. Was gebraucht wird, ist nicht Teilnahme unter Vorbehalt, sondern gleichberechtigte Machtverteilung.

Silvia Hauser
Antwort auf  Ralph Milewski
02.07.2025 19:09

„Gleichberechtigte Machtverteilung“ – ein großes Wort gelassen ausgesprochen, Ralph, inmitten sich verschärfender Verteilungskämpfe, zynischer Besitzstandswahrung und rabiater Machtsicherungspolitik der Herrschenden. Hinzufügen, mit vereintem Idealismus, kann ich dem nur meine behindertenpolitische Grundsatzparole „Inklusion ohne Revolution, basisdemokratisch und antikapitalistisch, eine Illusion“! Meine Kolumne vom Frühsommer 2024.
Hans-Willi Weis

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