Staufen (kobinet)
Der Regen hat stark geregnet.
Vom Himmel in Litauen ist viel Regen gefallen.
Litauen ist ein Land in Europa.
Das war vor einer Kirche in der Stadt Vilnius.
Vilnius ist die Hauptstadt von Litauen.
Dort haben wichtige deutsche Politiker gesprochen.
Sie haben über die Freundschaft zwischen Deutschland und Litauen gesprochen.
Deutsche Soldaten waren auch da.
Die Soldaten haben ihre Panzer gezeigt.
Panzer sind große, schwere Militär-Fahrzeuge mit Ketten statt Rädern.
Kinder aus der Schule konnten sich die Panzer ansehen.
Viele andere Menschen haben auch zugeschaut.
Am Abend haben sich die deutschen Soldaten Videos angeschaut.
Kevin ist ein Soldat.
Er hat die Videos an seine Frau und sein Kind geschickt.
Kevin arbeitet als Panzer-Fahrer.
Probleme zu Hause
Es war die erste Woche im Juli.
Die Sonne hat sehr stark geschienen.
Kevin war allein in seinem Zimmer in der Kaserne.
Eine Kaserne ist ein Gebäude, wo Soldaten wohnen und arbeiten.
Seine Kollegen hatten frei.
Sie waren in verschiedene Städte gefahren.
Kevin hat seine Frau angerufen.
Sie haben miteinander telefoniert.
Sie kennen sich schon sehr lange.
Schon seit der Grund-Schule.
Sie sind verheiratet.
Sie haben einen Sohn.
Der Sohn heißt Paul.
Kevins Frau hat erzählt:
Uns geht es gut.
Wir sind stolz auf dich.
Ich habe dich im Radio gehört.
Paul versteht jetzt besser warum du weg bist.
Er ist stolz auf seinen Papa.
Kevin hat gefragt:
Wie geht es denn Herr Wörner?
Herr Wörner ist ein alter Mann.
Er wohnt in der Nähe von Kevins Familie.
Kevins Frau hat geantwortet:
Herr Wörner geht es nicht gut.
Ein Panzer ist an seinem Haus vorbei-gefahren.
Dabei ist sein Fenster kaputt-gegangen.
Das Fenster ist schon repariert.
Aber Herr Wörner ist jetzt sehr verwirrt.
Verwirrt bedeutet: Er kann nicht mehr klar denken.
Herr Wörner erzählt immer die gleiche Geschichte.
Er erzählt von einem Krieg früher.
Er war damals auch Panzer-Fahrer.
Er erzählt:
Panzer sind durch eine Stadt gefahren.
Menschen haben heißes Wasser auf die Soldaten geschüttet.
Dann haben die Panzer die Häuser kaputt-gemacht.
Kevins Frau sagt:
Ich weiß nicht ob die Geschichte wahr ist.
Herr Wörner ist sehr alt.
Er ist über 100 Jahre alt.
Vielleicht verwechselt er etwas.
Verwechseln bedeutet: Man bringt Dinge durcheinander oder erinnert sich falsch.
Herr Wörner und Paul verstehen sich gut.
Paul ist Kevins Sohn.
Paul sitzt im Roll-Stuhl.
Ein Roll-Stuhl ist ein Stuhl mit Rädern für Menschen, die nicht gehen können.
Herr Wörner sitzt auch im Roll-Stuhl.
Sie winken sich zu.
Sie machen zusammen Gesten.
Gesten sind Bewegungen mit den Händen oder dem Körper, mit denen man etwas zeigen möchte.
Probleme in der Schule
Kevin hat gefragt:
Wie geht es Paul in der Schule?
Kevins Frau hat geantwortet:
Paul geht auf eine Gesamt-Schule.
Eine Gesamt-Schule ist eine Schule, in der Kinder mit verschiedenen Lern-Stärken zusammen lernen.
Dort sind Kinder verschiedener Alters-Stufen.
Die kleinen Kinder hören auch was die großen Kinder sagen.
Paul ist nach Hause gekommen.
Er hat ein Lied gesungen.
Das Lied war nicht schön.
Es hatte schlimme Wörter.
Ich habe die Lehrerin angerufen.
Die Lehrerin heißt Frau Eisbrenner.
Sie hat gesagt:
Die kleinen Kinder hören alles von den großen Kindern.
Wir können das nicht verhindern.
Das Lied handelt von Handy-süchtigen Müttern.
Handy-süchtig bedeutet: Jemand schaut zu viel auf sein Handy und kann nicht mehr damit aufhören.
Die Schüler waren im Bundes-Tag.
Der Bundes-Tag ist das Parlament in Deutschland, wo Politiker die Gesetze machen.
Dort haben sie Reden über die Bundes-Wehr gehört.
Die Bundes-Wehr ist die Armee von Deutschland.
Danach haben sie eine WhatsApp-Gruppe gemacht.
WhatsApp ist eine App, mit der man Nachrichten und Bilder an andere schicken kann.
Sie wollten Gedichte für Deutschland schreiben.
Aber dann sind schlimme Lieder entstanden.
Kevin hat gesagt:
Das kenne ich aus Berlin.
Dort gab es auch solche Lieder.
Kevins Frau hat noch erzählt:
Thekla hat mich heute angerufen.
Mit der Familie ist etwas Schlimmes passiert.
Tom ist vom Fahrrad gefallen.
Und mit dem kleinen Kind ist auch etwas passiert.
Die Geschichte geht weiter.
In der nächsten Folge erfahren wir mehr über die Probleme der Familie.

Foto: By © Cornell Capa (For reproduction please contact Magnum Photos, http://www.magnumphotos.com/), Public Domain, https://en.wikipedia.org/w/index.php?curid=4067565
Staufen (kobinet) Es hat gepisst, der Regen rann in Bindfäden vom baltischen Himmel auf den Vorplatz der Kathedrale in der Vilniuser Altstadt, wo Kanzler Merz und Pistorius das eiserne Freundschaftsband beschworen zwischen Deutschen und Litauern. Würdiger Anlass, der Aufstellungs-Appell unserer 9. Panzerbrigade, zu der auch Kommandant Kevin, seine Crew und ihr Gerät zählen. Militär zum Anfassen für Grundschulklassen sowie Schaulustige aller Altersstufen. Abends auf der Stube schaut sich die deutsche Panzerbesatzung Videos von der Veranstaltung an, unvergessliche Bilder fürs Familienalbum, Kevin hat sie schon an Frau und Kind gepostet – so viel zu den Geschehnissen in Folge drei unserer Chronik der laufenden Wehrertüchtigungsereignisse. In der vierten Folge hält Kevins Frau ihren kriegstüchtigen Mann an der Nato-Ostflanke telefonisch darüber auf dem Laufenden, was sich unterdessen an der Heimatfront im Schwabenland zugetragen hat. Erzählkolumne
Kalamitäten an der Heimatfront
Die erste Juliwoche geht zu Ende. Ohne Unterlass brennt die baltische Sonne auf litauische Kasernendächer und auf den olivgrünen Stahl der diversen Waffensysteme. Kevin ist allein auf der Stube. Seine Mannschaft hat sich für die Dauer eines Urlaubswochenendes in entgegengesetzte Himmelsrichtungen verkrümelt. Tom und Lothar, Ladeschütze und Richtschütze, ins Rotlichtviertel von Vilnius. Steuermann Malte zu seiner Verlobten Britta in einen Görlitzer Plattenbau. Wo für ihn überdies ein Krankenbesuch bei seinem beruflich verunglückten Kumpel Tom ansteht. – Kevin sieht auf die Uhr, müsste zeitlich für sie passen, er nimmt sein Smartphone und gibt ihre Nummer ein. Kein Rauschen, sofort ihre Stimme. Hey Großer Mensch, wenn das mal nicht Gedankenübertragung ist, vor zwei Minuten hab ich an dich gedacht, mein Handy schon griffbereit. Bist allein, die anderen weg? Klar, sturmfreie Bude sozusagen du glaubst nicht, wie ich dich vermisse, Dicke. Sobald ich ne freie Minute hab, denk ich an euch, passiert halt viel zu selten, der Dienst hier frisst jeden von uns auf. Wir machens ja für euch, anders hälst du das nicht durch, keiner von uns. Aber sag, Dicke, wie geht es dir, wie geht es euch?
Die beiden kennen sich seit der Grundschule, aus Freundschaft wurde Liebe, die schließlich auch standesamtliche Beglaubigung fand. Eine Kontinuität, die im ländlichen Schwaben und Baden bis runter ins Markgräfler Land häufiger anzutreffen ist als irgendwo sonst in der Republik. Nur sie beide verwenden im Umgang miteinander die Kosenamen Großer und Dicke, für Kevin, den Zweimetermann, durchaus passend, bei ihr eher irreführend. Zärtlichkeit sucht sich ihre eigenen sprachlichen Codes, was auf dem Gebiet der Verteidigungsgüter nicht viel anders ist, wo es von Tigern, Pandern, Leoparden, Geparden, Mardern und sonstigem Raubkatzengetier nur so wimmelt, ein annähernd vollzähliges Bestiarium.
Uns gehts gut, Großer und wir sind mächtig stolz auf dich. Hab dich die Tage im Radio gehört, Deutschlandfunk, Information und Musik. Und dass du uns erwähnst, dass dein Herz hier bei uns, ach Mensch, das ist so was von lieb. Paul versteht dann auch besser oder ich kanns ihm besser erklären, warum du nicht da bist und dass er trotzdem oder gerade deswegen Grund hat, auf seinen Papa stolz zu sein. Hab ihn vor ner Stunde ins Bett gebracht, er schläft jetzt. Dank dir, Dicke, dass du das alles für mich machst, auf dich nimmst, ist ja nicht leicht mit dem Jungen. Du, mach dir da mal keine Gedanken, der Junge wird ja immer verständiger, das kriegen wir zwei schon geregelt hier an der Heimatfront. Dein Kopf wird gebraucht für das, was dort bei euch an der Front vor sich geht, ist ja nicht ohne, was ich da so hör.
Ne, ist es auch nicht, aber ich sag dir eins, Dicke, wir wuppen das Ding schon, auf uns is Verlass. Sag mal, wie geht es denn dem Herr Wörner, ist mir noch ziemlich nachgegangen nach unserem letzten Telefonat. Mensch ja, der Herr Wörner, ist jetzt wirklich ein trauriger Fall. Die Kratzer und Schrammen an der Fassade, das ist inzwischen wieder alles tipptopp, die von der Kanone verdepperte Fensterscheibe wurde ja schon anderntags eingesetzt. Der äußere Schaden ist also soweit behoben, aber der Herr Wörner, ich sags ja ungern, der hat jetzt echt einen Dachschaden. Leichte Anzeichen von Demenz waren ja vorher schon zu beobachten. Aber der Vorfall mit dem Leo hat einen regelrechten Schub bei ihm ausgelöst, der is jetzt richtig wirr im Kopf, scheint mir. So, was sagt er denn? Er sagt – und jeden, der zuhört, belämmert er damit, meistens vom Fenster aus -, er sagt, er sei selber Panzerfahrer gewesen und dass sie sich ein Panzer auf der Durchfahrt einfach so querstellt und einem unbescholtenen Bürger die Hausfassade verschandelt und das Wohnzimmerfenster eindrückt, so was könne gar nicht passieren, außer es geschehe absichtlich. Und dann erzählt er jedes Mal die gleiche Story, frag mich nicht, ich weiß nicht was ich davon halten soll.
Was erzählt er denn? Na jedes mal dasselbe, vom Krieg in Frankreich irgendwo. Mit ihren Panzern seien sie da durch ne Ortschaft gekommen, kleinere Stadt oder sowas, jedenfalls ne enge Straße zwischen alten Häusern. Da fährt die Kolonne gerade durch, die Panzer mit aufgesessener Infanterie, so heißt das anscheinend, aufgesessene Infanterie, betont er jedes mal. Und im selben Moment seien im oberen Stockwerk der Häuser die Fenster aufgegangen und es habe sich kübelweise Pech und Schwefel auf die Infanteristen ergossen. Vielleicht auch kochendes Wasser, er behauptet jedenfalls Pech und Schwefel, wie im Mittelalter von den Zinnen einer Burg auf die Köpfe von heranstürmenden Angreifern oder so. Die Soldaten auf den Panzern, die es getroffen hat, hätten fürchterlich geschrien, das kochende oder ätzende Zeug habe sie schrecklich zugerichtet, überall Brandwunden. Daraufhin habe der Befehlshaber der Einheit, Herr Wörner nennt immer den Namen, der Klaus, sagt er, manchmal auch mit vollem Namen, Barbier, Klaus Barbier oder so – der habe daraufhin den Befehl gegeben, in den Rückwärtsgang zu schalten und die Kolonne sei dann, jetzt ohne die aufsitzende Infanterie und die Verletzten zurück in die Straße gefahren. Habe vor den Häusern der Widerständler gestoppt und die einzelnen Panzer hätten im 90 Grad-Winkel zur Häuserfront Aufstellung genommen. Den Turm und die Kanone nach hinten gedreht rammten sie mit dem Heck die Hauswand, wie ein Rammbock hätten sie das Gemäuer eingedrückt, das teilweise noch aus Fachwerk bestanden habe. Nun seien von drinnen die Schreie der Bewohner zu hören gewesen und nicht mehr die der Infanteristen. Aber da habe der Klaus kein Pardon gekannt, Pardon sei nicht so seine Art gewesen und die hier hätten es ja mehr als verdient. – Schreckliche Geschichte, ehrlich, ich weiß nicht, was ich davon halten soll, glaubst du das?
Schon möglich, wenn das SS war, die sind nicht zimperlich gewesen. Aber was solls, das ist gottseidank Schnee von gestern und heut ist heut und der alte Herr Wörner tut mir natürlich leid. Dass dieses Maleur mit dem Leo bei euch in der Gasse und auch noch ausgerechnet vor seinem Haus und Wohnzimmerfenster bei ihm die alten Geschichten, die ja tatsächlich unschön sind, wieder hochkommen lässt. Aber der ist mittlerweile über Hundert, halt dir das mal vor Augen, da dürfte die Demenz nicht ganz unschuldig sein an dem, was er sich zusammenreimt. –
Wahrscheinlich hast du recht, bei einem alten Herrn wie ihm muss man das gelassener sehen. Übrigens, weißt du, wer am besten mit dem Wörner klarkommt? Paul. Wenn mal auf der Gasse nix los ist, bevor sich die beiden an ihren gegenüberliegenden Fensterplätzen langweilen, geben sie sich über die Straße hinweg Zeichen und schneiden Grimassen. Herr Wörner fängt an, indem er mit dem Zeigefinger abwechselnd Löcher nach oben in die Luft bohrt und dann waagrecht nach vorn stößt. Paul antwortet dann mit derselben Geste und indem er das Gesicht verzieht. Wie zwei Verschworene, hab ich schon mal gedacht. Als würde sie mehr miteinander verbinden als nur, dass beide im Rollstuhl sitzen.
Herrlich, Dicke, so stell ich mir für die Zukunft ein harmonisches Zusammenspiel vor zwischen den ganz Alten und den sehr Jungen. So entsteht eine Klammer zwischen den Generationen, schwierig, nur so wird da ein Schuh draus. Auf Augenhöhe, von Rollstuhlfahrer zu Rollstuhlfahrer, spielt das Alter überhaupt keine Rolle mehr. Aber sag mal, wie läufts denn in der Schule für Paul, alles im grünen Bereich?
Smartphone Moms auf Wehruntauglichkeitskurs
Mensch, Großer, da sprichst du was an. Noch hoffe ich, es gibt keinen Grund, zu bereuen, dass die Regelschule ihn genommen hat. Der Gesamtschulbetrieb hat auch gewisse Nachteile, stell ich jetzt fest. Die Kleinen bekommen eben auch alles an Unfug mit, was die Älteren, also die Höherklässler, so treiben. Sag bloß, hat Paul was angestellt oder ausgefressen? Zum Glück nicht, nein, was ich meine, er hat was aufgeschnappt. Vor ner Woche is er nachhause gekommen, hör mal Mama, hat er gesagt, kaum dass die Tür zu war, was ich auswendig kann. Dann hat er mir dieses Gedicht, naja, wenn das ein Gedicht wäre, also hat mir diesen Rapsong, ein Rap soll es auch noch sein, vorgetragen. Ich glaub, ich bin knallrot angelaufen, weiß nicht, ob er‘s bemerkt hat. – Vorgetragen, na was denn, Gewaltverherrlichung oder was? Moment, Großer, lass mich fertig erzählen, ich tu mich noch immer schwer damit, krieg das kaum über die Lippen. Und Paul hat den ganzen Tag oder was von dem Tag noch übrig war, er hat das die ganze Zeit runtergeleiert, hab ihn überhaupt nicht stoppen können. Ach Dicke, Mensch, du Arme, sag doch endlich.
Gleich, Großer, pass auf, bloß das noch. Nachdem ich Paul schließlich ins Bett gebracht hatte und endlich Ruhe war, rief ich sofort bei der Lehrerin an und die ging tatsächlich dran. Hab sie gleich mal konfrontiert, gefragt, wie sich das mit dem Bildungsauftrag der Schule verträgt, ausgerechnet die Jüngsten mit einem derartigen Unflat – Unflat ja, ich glaub Unflat hab ich gesagt – nachhause zu ihren primär Erziehungsberechtigten zu entlassen. Worum es ging, das Schmähgedicht, hab ich ihr gar nicht aufsagen müssen, sie wusste gleich Bescheid, wusste, wovon ich sprach. Und hat auch gleich ihre Erklärung parat gehabt. Die Kleinen schnappten halt alles auf, was die Älteren so von sich gäben, in den Pausen und über die Handys sowieso. Könnten sie als Lehrkräfte oder Aufsichtspersonal so gut wie nichts machen, schon gar nicht unterbinden.
Sekunde, Großer, ich hör dich mit den Füßen scharren, die kleine Überleitung noch. Frau Kramer-Sudhoff, hat sie dann gesagt, damit wir nicht aneinander vorbei reden und tatsächlich von ein und derselben Sache sprechen, sie meinen doch den Rapsong und dann hat sie selber die schrecklichen Worte und die gebe ich jetzt wieder, ich hoffe, es gelingt mir. Ritze, ratze, rotze, glatt rasierte Fotze. Ritze, ratze, rotze, starren auf die Smartphone-Glotze. Ritze, ratze, rotze, auf Essen Essen folgt die Kotze. Ritze, ratze, rotze, Gemecker und Gemotze. Ritze, ratze, rotze, schlecht rasierte Fotze.
Uff, geschafft. So, jetzt, Großer, was sagst du dazu? Versteh ich gut, Dicke, versteh ich, dass dir das peinlich ist. Stell mir grade vor, ihr habt das bodentiefe Fenster geöffnet, Paul sitzt in seinem Rollstuhl und rapt den Song nach draußen in die Gasse. Oberpeinlich für dich, klar. Und da hilft mir auch die Interpretation nicht viel, sagt Nicole. Was für ne Interpretation? Ja, so die Eisbrenner, die heißt so, die Lehrerin, es wäre für mich in Punkto Verständnis und Akzeptanz wahrscheinlich ganz hilfreich, mal ihre Gedichtinterpretation, wie sie die Verse versteht, zu hören, ja und auch noch, was sie über die Entstehungsgeschichte wisse. Inhaltlich handle das Gedicht von Smombys und Bulis. Von was? Lass es dir erklären, Großer. Smombys, Smartphone-Moms, sind Mütter, die unentwegt auf ihre Smartphones starren, egal wo sie stehn und gehn. Und die seien oft identisch mit Bulis, mit Bulimikerinnen, Bulemie, Fress- und Kotzsucht. Und was die Entstehungsgeschichte betrifft, das find ich wirklich interessant, was sie da gesagt hat, wo das herkommt. Die Neun- und Zehntklässler seien nämlich kürzlich im Reichstag gewesen, von der Zuschauertribüne aus hätten sie verfolgt, wie da irgendwelche Bundeswehrbeauftragten Reden geschwungen hätten. Und pass auf, Großer, das gefällt dir jetzt sicher. Von der Begeisterung für die Bundeswehr haben sich die Schülerinnen und Schüler auf der Stelle so anstecken lassen, dass sie noch auf der Rückfahrt eine WhatsApp-Gruppe „Dichten für Bundeswehr“ gegründet haben oder nein, „Dichten für Deutschland“ hieß es glaub etwas allgemeiner. Und da seien zunächst einmal ganz passable Verse entstanden wie „ritze, ratze, ritze, Soldaten unser ihr seid spitze“. In der Schülerschaft und auf Sozial Media habe das allerdings nicht gezündet. Statt sich daraufhin aufzulösen, habe die WhatsApp-Gruppe einen rasanten Transformationsprozess hingelegt, immer weiter gedichtet, gereimt und gerapt, bis zuletzt das herausgekommen ist.
Was, das Rotze Fotze? Ja, genau das, entschuldige, ich genier mich noch immer. Und sie gebe ja zu, hat die Eisbrenner gesagt, ob das noch pädagogisch wertvoll sei oder schon unter der Gürtellinie, darüber könne man geteilter Meinung sein. Für die Schülerinnen und Schüler sei ausschlaggebend gewesen, dass erst das, viral gegangen ist und die getanzte Version auf TikTok inzwischen hundertausendfach geklickt wird.
Du, Dicke, weißt du, woran mich das erinnert? In Berlin Kreuzberg hab ich doch mal am Görlitzer Park gewohnt, in der WG. Die Drogenszene da, die ganze Nacht über Remmidemmi und Rap, Rotze Fotze oder so was war da ganz normal. Aber wenn ich mir vorstelle, dass so was Ähnliches an der Schule von Paul und der kommt damit nachhause, ich weiß nicht. – Großer, Görlitzer Park hast du gesagt, da gibts du mir das Stichwort, Görlitz. Thekla hat mich heute früh angerufen, entsetzlich, das hab ich dir noch gar nicht gesagt. Weiß ich aber schon, Dicke, Tom ist vom Rad gefallen, weiß ich von Malte, der hat es uns auf der Stube erzählt, Britta hat es ihm gewhatsappt. Ach, Großer, Tom erholt sich wieder, das Neuste aber, das weißt du nicht, ganz fürchterlich, mit der Kleinen is was passiert.
P.S. Fortsetzung folgt. In der fünften Folge erfahren wir Einzelheiten zu der Doppelkatastrophe, welche die junge Familie Thekla, Tom und ihr Töchterlein Laura heimgesucht hat. Anschließend führt uns ein Wehrertüchtigungs-Scout vor Augen, wie weit unser Nachbarland Polen uns Deutschen mittlerweile vorausgeeilt ist auf dem Weg in Richtung Kriegstüchtigkeit und Volksbewaffnung.

Foto: By © Cornell Capa (For reproduction please contact Magnum Photos, http://www.magnumphotos.com/), Public Domain, https://en.wikipedia.org/w/index.php?curid=4067565
Staufen (kobinet) Es hat gepisst, der Regen rann in Bindfäden vom baltischen Himmel auf den Vorplatz der Kathedrale in der Vilniuser Altstadt, wo Kanzler Merz und Pistorius das eiserne Freundschaftsband beschworen zwischen Deutschen und Litauern. Würdiger Anlass, der Aufstellungs-Appell unserer 9. Panzerbrigade, zu der auch Kommandant Kevin, seine Crew und ihr Gerät zählen. Militär zum Anfassen für Grundschulklassen sowie Schaulustige aller Altersstufen. Abends auf der Stube schaut sich die deutsche Panzerbesatzung Videos von der Veranstaltung an, unvergessliche Bilder fürs Familienalbum, Kevin hat sie schon an Frau und Kind gepostet – so viel zu den Geschehnissen in Folge drei unserer Chronik der laufenden Wehrertüchtigungsereignisse. In der vierten Folge hält Kevins Frau ihren kriegstüchtigen Mann an der Nato-Ostflanke telefonisch darüber auf dem Laufenden, was sich unterdessen an der Heimatfront im Schwabenland zugetragen hat. Erzählkolumne
Kalamitäten an der Heimatfront
Die erste Juliwoche geht zu Ende. Ohne Unterlass brennt die baltische Sonne auf litauische Kasernendächer und auf den olivgrünen Stahl der diversen Waffensysteme. Kevin ist allein auf der Stube. Seine Mannschaft hat sich für die Dauer eines Urlaubswochenendes in entgegengesetzte Himmelsrichtungen verkrümelt. Tom und Lothar, Ladeschütze und Richtschütze, ins Rotlichtviertel von Vilnius. Steuermann Malte zu seiner Verlobten Britta in einen Görlitzer Plattenbau. Wo für ihn überdies ein Krankenbesuch bei seinem beruflich verunglückten Kumpel Tom ansteht. – Kevin sieht auf die Uhr, müsste zeitlich für sie passen, er nimmt sein Smartphone und gibt ihre Nummer ein. Kein Rauschen, sofort ihre Stimme. Hey Großer Mensch, wenn das mal nicht Gedankenübertragung ist, vor zwei Minuten hab ich an dich gedacht, mein Handy schon griffbereit. Bist allein, die anderen weg? Klar, sturmfreie Bude sozusagen du glaubst nicht, wie ich dich vermisse, Dicke. Sobald ich ne freie Minute hab, denk ich an euch, passiert halt viel zu selten, der Dienst hier frisst jeden von uns auf. Wir machens ja für euch, anders hälst du das nicht durch, keiner von uns. Aber sag, Dicke, wie geht es dir, wie geht es euch?
Die beiden kennen sich seit der Grundschule, aus Freundschaft wurde Liebe, die schließlich auch standesamtliche Beglaubigung fand. Eine Kontinuität, die im ländlichen Schwaben und Baden bis runter ins Markgräfler Land häufiger anzutreffen ist als irgendwo sonst in der Republik. Nur sie beide verwenden im Umgang miteinander die Kosenamen Großer und Dicke, für Kevin, den Zweimetermann, durchaus passend, bei ihr eher irreführend. Zärtlichkeit sucht sich ihre eigenen sprachlichen Codes, was auf dem Gebiet der Verteidigungsgüter nicht viel anders ist, wo es von Tigern, Pandern, Leoparden, Geparden, Mardern und sonstigem Raubkatzengetier nur so wimmelt, ein annähernd vollzähliges Bestiarium.
Uns gehts gut, Großer und wir sind mächtig stolz auf dich. Hab dich die Tage im Radio gehört, Deutschlandfunk, Information und Musik. Und dass du uns erwähnst, dass dein Herz hier bei uns, ach Mensch, das ist so was von lieb. Paul versteht dann auch besser oder ich kanns ihm besser erklären, warum du nicht da bist und dass er trotzdem oder gerade deswegen Grund hat, auf seinen Papa stolz zu sein. Hab ihn vor ner Stunde ins Bett gebracht, er schläft jetzt. Dank dir, Dicke, dass du das alles für mich machst, auf dich nimmst, ist ja nicht leicht mit dem Jungen. Du, mach dir da mal keine Gedanken, der Junge wird ja immer verständiger, das kriegen wir zwei schon geregelt hier an der Heimatfront. Dein Kopf wird gebraucht für das, was dort bei euch an der Front vor sich geht, ist ja nicht ohne, was ich da so hör.
Ne, ist es auch nicht, aber ich sag dir eins, Dicke, wir wuppen das Ding schon, auf uns is Verlass. Sag mal, wie geht es denn dem Herr Wörner, ist mir noch ziemlich nachgegangen nach unserem letzten Telefonat. Mensch ja, der Herr Wörner, ist jetzt wirklich ein trauriger Fall. Die Kratzer und Schrammen an der Fassade, das ist inzwischen wieder alles tipptopp, die von der Kanone verdepperte Fensterscheibe wurde ja schon anderntags eingesetzt. Der äußere Schaden ist also soweit behoben, aber der Herr Wörner, ich sags ja ungern, der hat jetzt echt einen Dachschaden. Leichte Anzeichen von Demenz waren ja vorher schon zu beobachten. Aber der Vorfall mit dem Leo hat einen regelrechten Schub bei ihm ausgelöst, der is jetzt richtig wirr im Kopf, scheint mir. So, was sagt er denn? Er sagt – und jeden, der zuhört, belämmert er damit, meistens vom Fenster aus -, er sagt, er sei selber Panzerfahrer gewesen und dass sie sich ein Panzer auf der Durchfahrt einfach so querstellt und einem unbescholtenen Bürger die Hausfassade verschandelt und das Wohnzimmerfenster eindrückt, so was könne gar nicht passieren, außer es geschehe absichtlich. Und dann erzählt er jedes Mal die gleiche Story, frag mich nicht, ich weiß nicht was ich davon halten soll.
Was erzählt er denn? Na jedes mal dasselbe, vom Krieg in Frankreich irgendwo. Mit ihren Panzern seien sie da durch ne Ortschaft gekommen, kleinere Stadt oder sowas, jedenfalls ne enge Straße zwischen alten Häusern. Da fährt die Kolonne gerade durch, die Panzer mit aufgesessener Infanterie, so heißt das anscheinend, aufgesessene Infanterie, betont er jedes mal. Und im selben Moment seien im oberen Stockwerk der Häuser die Fenster aufgegangen und es habe sich kübelweise Pech und Schwefel auf die Infanteristen ergossen. Vielleicht auch kochendes Wasser, er behauptet jedenfalls Pech und Schwefel, wie im Mittelalter von den Zinnen einer Burg auf die Köpfe von heranstürmenden Angreifern oder so. Die Soldaten auf den Panzern, die es getroffen hat, hätten fürchterlich geschrien, das kochende oder ätzende Zeug habe sie schrecklich zugerichtet, überall Brandwunden. Daraufhin habe der Befehlshaber der Einheit, Herr Wörner nennt immer den Namen, der Klaus, sagt er, manchmal auch mit vollem Namen, Barbier, Klaus Barbier oder so – der habe daraufhin den Befehl gegeben, in den Rückwärtsgang zu schalten und die Kolonne sei dann, jetzt ohne die aufsitzende Infanterie und die Verletzten zurück in die Straße gefahren. Habe vor den Häusern der Widerständler gestoppt und die einzelnen Panzer hätten im 90 Grad-Winkel zur Häuserfront Aufstellung genommen. Den Turm und die Kanone nach hinten gedreht rammten sie mit dem Heck die Hauswand, wie ein Rammbock hätten sie das Gemäuer eingedrückt, das teilweise noch aus Fachwerk bestanden habe. Nun seien von drinnen die Schreie der Bewohner zu hören gewesen und nicht mehr die der Infanteristen. Aber da habe der Klaus kein Pardon gekannt, Pardon sei nicht so seine Art gewesen und die hier hätten es ja mehr als verdient. – Schreckliche Geschichte, ehrlich, ich weiß nicht, was ich davon halten soll, glaubst du das?
Schon möglich, wenn das SS war, die sind nicht zimperlich gewesen. Aber was solls, das ist gottseidank Schnee von gestern und heut ist heut und der alte Herr Wörner tut mir natürlich leid. Dass dieses Maleur mit dem Leo bei euch in der Gasse und auch noch ausgerechnet vor seinem Haus und Wohnzimmerfenster bei ihm die alten Geschichten, die ja tatsächlich unschön sind, wieder hochkommen lässt. Aber der ist mittlerweile über Hundert, halt dir das mal vor Augen, da dürfte die Demenz nicht ganz unschuldig sein an dem, was er sich zusammenreimt. –
Wahrscheinlich hast du recht, bei einem alten Herrn wie ihm muss man das gelassener sehen. Übrigens, weißt du, wer am besten mit dem Wörner klarkommt? Paul. Wenn mal auf der Gasse nix los ist, bevor sich die beiden an ihren gegenüberliegenden Fensterplätzen langweilen, geben sie sich über die Straße hinweg Zeichen und schneiden Grimassen. Herr Wörner fängt an, indem er mit dem Zeigefinger abwechselnd Löcher nach oben in die Luft bohrt und dann waagrecht nach vorn stößt. Paul antwortet dann mit derselben Geste und indem er das Gesicht verzieht. Wie zwei Verschworene, hab ich schon mal gedacht. Als würde sie mehr miteinander verbinden als nur, dass beide im Rollstuhl sitzen.
Herrlich, Dicke, so stell ich mir für die Zukunft ein harmonisches Zusammenspiel vor zwischen den ganz Alten und den sehr Jungen. So entsteht eine Klammer zwischen den Generationen, schwierig, nur so wird da ein Schuh draus. Auf Augenhöhe, von Rollstuhlfahrer zu Rollstuhlfahrer, spielt das Alter überhaupt keine Rolle mehr. Aber sag mal, wie läufts denn in der Schule für Paul, alles im grünen Bereich?
Smartphone Moms auf Wehruntauglichkeitskurs
Mensch, Großer, da sprichst du was an. Noch hoffe ich, es gibt keinen Grund, zu bereuen, dass die Regelschule ihn genommen hat. Der Gesamtschulbetrieb hat auch gewisse Nachteile, stell ich jetzt fest. Die Kleinen bekommen eben auch alles an Unfug mit, was die Älteren, also die Höherklässler, so treiben. Sag bloß, hat Paul was angestellt oder ausgefressen? Zum Glück nicht, nein, was ich meine, er hat was aufgeschnappt. Vor ner Woche is er nachhause gekommen, hör mal Mama, hat er gesagt, kaum dass die Tür zu war, was ich auswendig kann. Dann hat er mir dieses Gedicht, naja, wenn das ein Gedicht wäre, also hat mir diesen Rapsong, ein Rap soll es auch noch sein, vorgetragen. Ich glaub, ich bin knallrot angelaufen, weiß nicht, ob er‘s bemerkt hat. – Vorgetragen, na was denn, Gewaltverherrlichung oder was? Moment, Großer, lass mich fertig erzählen, ich tu mich noch immer schwer damit, krieg das kaum über die Lippen. Und Paul hat den ganzen Tag oder was von dem Tag noch übrig war, er hat das die ganze Zeit runtergeleiert, hab ihn überhaupt nicht stoppen können. Ach Dicke, Mensch, du Arme, sag doch endlich.
Gleich, Großer, pass auf, bloß das noch. Nachdem ich Paul schließlich ins Bett gebracht hatte und endlich Ruhe war, rief ich sofort bei der Lehrerin an und die ging tatsächlich dran. Hab sie gleich mal konfrontiert, gefragt, wie sich das mit dem Bildungsauftrag der Schule verträgt, ausgerechnet die Jüngsten mit einem derartigen Unflat – Unflat ja, ich glaub Unflat hab ich gesagt – nachhause zu ihren primär Erziehungsberechtigten zu entlassen. Worum es ging, das Schmähgedicht, hab ich ihr gar nicht aufsagen müssen, sie wusste gleich Bescheid, wusste, wovon ich sprach. Und hat auch gleich ihre Erklärung parat gehabt. Die Kleinen schnappten halt alles auf, was die Älteren so von sich gäben, in den Pausen und über die Handys sowieso. Könnten sie als Lehrkräfte oder Aufsichtspersonal so gut wie nichts machen, schon gar nicht unterbinden.
Sekunde, Großer, ich hör dich mit den Füßen scharren, die kleine Überleitung noch. Frau Kramer-Sudhoff, hat sie dann gesagt, damit wir nicht aneinander vorbei reden und tatsächlich von ein und derselben Sache sprechen, sie meinen doch den Rapsong und dann hat sie selber die schrecklichen Worte und die gebe ich jetzt wieder, ich hoffe, es gelingt mir. Ritze, ratze, rotze, glatt rasierte Fotze. Ritze, ratze, rotze, starren auf die Smartphone-Glotze. Ritze, ratze, rotze, auf Essen Essen folgt die Kotze. Ritze, ratze, rotze, Gemecker und Gemotze. Ritze, ratze, rotze, schlecht rasierte Fotze.
Uff, geschafft. So, jetzt, Großer, was sagst du dazu? Versteh ich gut, Dicke, versteh ich, dass dir das peinlich ist. Stell mir grade vor, ihr habt das bodentiefe Fenster geöffnet, Paul sitzt in seinem Rollstuhl und rapt den Song nach draußen in die Gasse. Oberpeinlich für dich, klar. Und da hilft mir auch die Interpretation nicht viel, sagt Nicole. Was für ne Interpretation? Ja, so die Eisbrenner, die heißt so, die Lehrerin, es wäre für mich in Punkto Verständnis und Akzeptanz wahrscheinlich ganz hilfreich, mal ihre Gedichtinterpretation, wie sie die Verse versteht, zu hören, ja und auch noch, was sie über die Entstehungsgeschichte wisse. Inhaltlich handle das Gedicht von Smombys und Bulis. Von was? Lass es dir erklären, Großer. Smombys, Smartphone-Moms, sind Mütter, die unentwegt auf ihre Smartphones starren, egal wo sie stehn und gehn. Und die seien oft identisch mit Bulis, mit Bulimikerinnen, Bulemie, Fress- und Kotzsucht. Und was die Entstehungsgeschichte betrifft, das find ich wirklich interessant, was sie da gesagt hat, wo das herkommt. Die Neun- und Zehntklässler seien nämlich kürzlich im Reichstag gewesen, von der Zuschauertribüne aus hätten sie verfolgt, wie da irgendwelche Bundeswehrbeauftragten Reden geschwungen hätten. Und pass auf, Großer, das gefällt dir jetzt sicher. Von der Begeisterung für die Bundeswehr haben sich die Schülerinnen und Schüler auf der Stelle so anstecken lassen, dass sie noch auf der Rückfahrt eine WhatsApp-Gruppe „Dichten für Bundeswehr“ gegründet haben oder nein, „Dichten für Deutschland“ hieß es glaub etwas allgemeiner. Und da seien zunächst einmal ganz passable Verse entstanden wie „ritze, ratze, ritze, Soldaten unser ihr seid spitze“. In der Schülerschaft und auf Sozial Media habe das allerdings nicht gezündet. Statt sich daraufhin aufzulösen, habe die WhatsApp-Gruppe einen rasanten Transformationsprozess hingelegt, immer weiter gedichtet, gereimt und gerapt, bis zuletzt das herausgekommen ist.
Was, das Rotze Fotze? Ja, genau das, entschuldige, ich genier mich noch immer. Und sie gebe ja zu, hat die Eisbrenner gesagt, ob das noch pädagogisch wertvoll sei oder schon unter der Gürtellinie, darüber könne man geteilter Meinung sein. Für die Schülerinnen und Schüler sei ausschlaggebend gewesen, dass erst das, viral gegangen ist und die getanzte Version auf TikTok inzwischen hundertausendfach geklickt wird.
Du, Dicke, weißt du, woran mich das erinnert? In Berlin Kreuzberg hab ich doch mal am Görlitzer Park gewohnt, in der WG. Die Drogenszene da, die ganze Nacht über Remmidemmi und Rap, Rotze Fotze oder so was war da ganz normal. Aber wenn ich mir vorstelle, dass so was Ähnliches an der Schule von Paul und der kommt damit nachhause, ich weiß nicht. – Großer, Görlitzer Park hast du gesagt, da gibts du mir das Stichwort, Görlitz. Thekla hat mich heute früh angerufen, entsetzlich, das hab ich dir noch gar nicht gesagt. Weiß ich aber schon, Dicke, Tom ist vom Rad gefallen, weiß ich von Malte, der hat es uns auf der Stube erzählt, Britta hat es ihm gewhatsappt. Ach, Großer, Tom erholt sich wieder, das Neuste aber, das weißt du nicht, ganz fürchterlich, mit der Kleinen is was passiert.
P.S. Fortsetzung folgt. In der fünften Folge erfahren wir Einzelheiten zu der Doppelkatastrophe, welche die junge Familie Thekla, Tom und ihr Töchterlein Laura heimgesucht hat. Anschließend führt uns ein Wehrertüchtigungs-Scout vor Augen, wie weit unser Nachbarland Polen uns Deutschen mittlerweile vorausgeeilt ist auf dem Weg in Richtung Kriegstüchtigkeit und Volksbewaffnung.
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