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Veteranen kämpfen um Inklusion und Sichtbarkeit, eine Entschuldigung

Hans-Willi Weis im Biergarten Bier trinkend
War der Veggie-Day der Grünen ein Rohrkrepierer, so ist der Veteranentag der Olivgrünen ein Volltreffer
Foto: Hans-Willi Weis

Staufen (kobinet) In aller Form entschuldige ich hiermit für eine Terminverwechslung. Veteranentag ist am 15. Juni und nicht am 1.Juni, wie ich fälschlich in meiner Juni-Kolumne schrieb. Kann auch nur jemandem passieren, der nicht gedient hat. In den Streitkräften möge man meine Wehrtauglichkeitsfolge über eine Panzerbesatzung im Baltikum als Zeichen meines gute Willens nehmen. Der Unwillige erweist so der Koalition der Mutwilligen seine Ehrerbietung.

Rummel rund um Reichstag – taz-Titel oder BILD, weiß nicht mehr. Volksfeststimmung an allen Ecken und Enden der Republik, wo am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein und nur gelegentlichem Blitz und Donner die Bevölkerung den deutschen Veteranentag begangen hat. Was sich sprachlich, „begangen“, nach Verbrechen anhört, ist natürlich das gerade Gegenteil. Die Bundeswehr, präpariert wie selten, mit einem Festtagsprogramm besonders für den Nachwuchs, Hüpfburg und Kinderkarussell für die Kleinen, Karriere-Center für die Größeren. Familienfeste, Konzerte, Ausstellungen, Gottesdienste, Podiumsdiskussionen, eine Dialog mit dem Bürger auf Augenhöhe. Auf dem Mainzer Domplatz ruft einer vom Karnevalsverein, wegen der Hitze ohne Narrenkappe, in die feiernde Menge, wolle mer se eroylasse? Schütteres Gelächter, wer kennt heute noch Meenz wie es singt und lacht. Und was für eine dumme Frage, eroylasse, sie sind ja schon drin. Die Wertschätzung war überfällig, sagen alle. Von der Unsichtbarkeit in die Sichtbarkeit! In der sehen wir dann auch, sagt der Mititärhistoriker Sönke Neitzel, Veteranen, denen der Afghanistaneinsatz das Gesicht zerfetzt oder weggeschossen hat und lernen so auch, die Leistung unserer Jungs, die Mädels nicht zu vergessen, erst richtig wertschätzen, die sie im Dienst für uns erbringen. – Eins noch, da hat Julia Klöckner vollkommen recht: einmal im Jahr unsere Veteranen würdigen, hieße den Veteranentag missverstehen. Das Jahr hat 365 Tage, daher nur mal so als Gedankenspiel: An 365 Tagen sich zerschossene Gesichter vor Augen halten, würde dies nicht der erforderlichen Wehrtauglichkeit und Kriegsertüchtigung den finalen Schub verleihen? Was die Veteranen angeht, soviel scheint mir sicher, wäre dies auf alle Fälle die konsequenteste Art und Weise, der berechtigten Forderung nach gesellschaftlicher Inklusion und Sichtbarkeit nachzukommen.

Das erfolgreichen Ringen unserer Veteranen um gesellschaftliche Inklusion und Sichtbarkeit soll uns allen ein Anstoß sein zur Korrektur eines historischen Irrtums. Des fatalen Irrtums, Kriege und die Bereitschaft und Fähigkeit, sie zu führen, gehörten der Vergangenheit an. Die verbreitete Unwilligkeit und mentale Unfähigkeit zum Kriegführen als Folge einer viel zu langen Friedensperiode sowie das Unvorbereitet- und Außerstandesein unseres Landes Krieg zu führen, weil man – angeblich von Freunden umzingelt – das Militär und die Rüstung kaputt gespart hat und darin auch noch einen Fortschritt an Humanität und Zivilität gesehen hat – diesen Irrtum gilt es nun schleunigst zu korrigieren. Die Wahrheit ist, es wird auch in Zukunft Kriege geben, ja, es wird sie immer geben. Menschen und ihre Gesellschaften sind nun mal kriegerisch veranlagt, so der Militärexperte Carlo Masala, von Zeit zu Zeit, sagt er, muss Blutzoll entrichtet werden. Michael Roth, SPD-Wehrexperte sieht das nicht anders. Gerade eine geschichtliche „Fortschrittspartei“ wie die SPD darf sich der Realität nicht verweigern und den Fortschritt aufhalten. Fortschritts- und Realitätsverweigerer schließen sich selber gesellschaftlich aus und müssen sich nicht wundern, wenn sie unsichtbar sind. Mit dem Veteranentag sind endgültig Realität und Fortschritt bei uns eingezogen. Danke, liebe Veteranen, feiert noch schön, es grüßt euch herzlich-schmerzlich ein Ungedienter.