Fladungen (kobinet)
Die Hamburger Gruppe „Die Schlumper" und die Aktion-Kunst-Stiftung helfen Menschen mit Behinderung bei der Kunst.
Die Gruppe und die Stiftung haben Probleme.
Sie trennen Menschen mit Behinderung von anderen Künstlern.
Sie machen eine eigene Welt für Menschen mit Behinderung.
Die Menschen mit Behinderung dürfen in bestimmten Räumen Kunst machen.
Aber andere Personen bestimmen die Regeln.
Die Menschen mit Behinderung bekommen Aufmerksamkeit.
Aber nicht auf gleicher Höhe mit anderen Künstlern.
Die Schlumper gehören zu einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung.
Die Künstler arbeiten nicht selbstständig.
Sie werden betreut.
Experten entscheiden über ihre Kunst.
Die Künstler haben keine eigenen Webseiten oder Lebensläufe.
Man sieht sie nur im Projekt.
Bei der Aktion-Kunst-Stiftung ist es ähnlich.
Der Preis ist nur für Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung.
Viele andere behinderte Menschen werden ausgeschlossen.
Die Gewinner bekommen kein Geld, sondern nur Gutscheine für Material.
Das ist nicht respektvoll.
Beide Gruppen machen eine eigene Kunst-Welt.
Die Künstler mit Behinderung dürfen mitmachen.
Aber sie dürfen nicht mitbestimmen.
Echte Inklusion wäre anders.
Inklusion bedeutet: Jeder Mensch darf überall mitmachen.
Alle sollen gleich behandelt werden, egal ob mit oder ohne Behinderung.
Alle Künstler sollten die gleichen Chancen haben.
Künstler mit Behinderung sollten ernst genommen werden.
Sie sollten selbst über ihre Kunst sprechen dürfen.
Jetzt ist es wie ein abgeschlossenes System.
Die Werkstatt macht die Kunst.
Die Stiftung gibt die Preise.
Alle zeigen die Kunst im geschützten Rahmen.
Es fehlt die Freiheit und der Austausch mit anderen Künstlern.
Die Menschen mit Behinderung werden nicht gefragt.
Sie bekommen spezielle Namen: Sonderkünstler, Sonderpreis.
Das klingt nett, aber es ist keine Gleichheit.
Das ist keine echte Inklusion.
Die Werke werden nicht richtig gesehen.
Sie werden vorgeführt.
Für echte Teilhabe brauchen Künstler mit Behinderung nicht nur Schutz.
Sie brauchen Freiheit.
Entweder die Künstler dürfen nicht selbstständig sein.
Oder es wird nur so getan, als wären sie selbstständig.
Beides ist falsch.

Foto: Ralph Milewski
Fladungen (kobinet) Die Ateliergemeinschaft "Die Schlumper" in Hamburg und die Aktion-Kunst-Stiftung mit ihrem gleichnamigen Preis gelten als etablierte Akteure der Kunstförderung für Menschen mit Behinderung. Doch bei näherer Betrachtung zeigen sich gravierende strukturelle Schwächen, die dem Anspruch echter Inklusion nicht nur widersprechen, sondern ihn in sein Gegenteil verkehren. Was öffentlich als Ermöglichung verkauft wird, ist in Wahrheit eine institutionell abgesicherte Sonderwelt – mit allen problematischen Konsequenzen eines paternalistischen Systems.
Was hier sichtbar wird, ist kein Einzelfall, sondern Teil eines perfiden, geschlossenen Systems, wie es überall in der Behindertenhilfe zu finden ist – nur eben in diesem Fall unter dem Deckmantel von Kunst. Die Strukturen sind identisch: Menschen mit Behinderung werden in betreute Räume gelenkt, in denen sie sich „entfalten“ dürfen – jedoch unter Bedingungen, die andere setzen. Sichtbarkeit wird gewährt, aber nie auf Augenhöhe. Anerkennung erfolgt, aber nur innerhalb eines eigens definierten Rahmens. Was anders aussieht, ist in Wirklichkeit die alte Logik im neuen Gewand.
Die Schlumper sind organisatorisch in die *alsterarbeit gGmbH* eingebunden, eine Werkstattstruktur für Menschen mit Behinderung. Was auf den ersten Blick wie ein offenes Künstleratelier wirkt, ist faktisch eine betreute Dauerstruktur, in der künstlerische Arbeit nicht autonom geschieht, sondern im Rahmen eines pädagogisch geleiteten Settings. Kuratorische Entscheidungen werden nicht von den Künstlerinnen und Künstlern selbst getroffen, sondern von außen – durch Pädagog*innen, Projektleitungen oder Galerist*innen aus dem Umfeld. Die Öffentlichkeit begegnet den Werken nicht als Ausdruck eines autonomen Subjekts, sondern als Ergebnis institutioneller Organisation. Wer da spricht – die Künstlerin oder das System – bleibt unklar.
Auffällig ist zudem, dass fast keiner der Schlumper-Künstler*innen außerhalb dieses Rahmens sichtbar wird. Es existieren weder eigene Websites noch veröffentlichte Statements, Werkreihen oder Biografien in unabhängigem Kontext. Diese Künstler*innen existieren ausschließlich innerhalb des Projekts – außerhalb davon verschwinden sie vollständig aus dem kulturellen Raum. Ihre Autorschaft bleibt diffus, ihre künstlerische Position unsichtbar. So entsteht eine inszenierte Autorenschaft, die nach außen wirkt, aber nach innen nicht durch reale Teilhabe an Öffentlichkeit oder künstlerischem Diskurs legitimiert ist.
Ein ähnliches Muster zeigt sich bei der Aktion-Kunst-Stiftung. Der von ihr verliehene Preis richtet sich ausschließlich an Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung. Damit werden all jene ausgeschlossen, die körperlich beeinträchtigt, chronisch krank oder mehrfachbehindert sind – nicht das Werk zählt, sondern die Diagnose. Der Preis ist exklusiv – und damit gerade nicht inklusiv. Besonders irritierend ist, dass das Preisgeld in Form von Materialgutscheinen ausgezahlt wird. Das entzieht sich jeder üblichen Vorstellung von künstlerischer Autonomie und Würdigung. Statt frei verfügbaren Mitteln erhalten die Ausgezeichneten eine zweckgebundene Zuwendung – als wären sie Teil einer Fördermaßnahme, nicht Urheber*innen künstlerischer Arbeit.
Beide Institutionen – Die Schlumper und die Aktion-Kunst-Stiftung – schaffen so keine Verbindung zur allgemeinen Kunstwelt, sondern zementieren eine Parallelstruktur mit eigenen Regeln, Preisen und Präsentationsformen. Nicht ihre Existenz ist problematisch, sondern ihre Geschlossenheit. Künstler*innen mit Behinderung erhalten Sichtbarkeit – aber nur innerhalb dieser Sonderwelt. Sie dürfen teilnehmen – aber nicht mitgestalten. Sie sind präsent – aber nicht als gleichwertige Akteure, sondern als kuratierte Ausnahmeerscheinungen.
Was hier als Inklusion verkauft wird, ist oft nicht mehr als eine gut gemeinte, aber strukturell segregierende Praxis. Menschen mit Behinderung werden nicht eingebunden, sondern ausgelagert – in eigene Bühnen, eigene Kategorien, eigene Kontexte. Der Begriff „Sonderausstellung“ bekommt in diesem Zusammenhang eine doppelte Bedeutung: einerseits als Format, andererseits als symptomatische Auslagerung von Kunstschaffenden mit Behinderung in eigens dafür konstruierte Räume.
Echte Inklusion sähe anders aus. Sie würde bedeuten: uneingeschränkter Zugang zu allgemeinen Ausschreibungen – barrierefrei, aber ohne Ausschlussmechanismen. Künstler*innen mit Behinderung würden als individuelle künstlerische Positionen wahrgenommen – nicht als betreute Förderobjekte. Und sie würden als Menschen mit künstlerischer Vision ernst genommen – nicht als Repräsentant*innen einer Diagnoseschublade. Solange jedoch Autorschaft ersetzt wird durch Betreuung, Öffentlichkeit durch institutionelle Vermittlung und Anerkennung durch Sonderpreise, bleibt Inklusion ein Schlagwort ohne Substanz. Was gebraucht wird, ist kein weiteres Förderprogramm – sondern Vertrauen in die Fähigkeit dieser Künstler*innen, ihre Kunst selbst zu vertreten.
Was auf den ersten Blick wie eine durchdachte Förderstruktur erscheint, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als geschlossene Förderökonomie mit zirkulärer Selbstbestätigung: Die Werkstatt produziert „Kunst“, die Stiftung prämiert sie, und die Ausstellungen zeigen sie – stets im selben geschützten Rahmen. Eine ökosystemische Inklusionskulisse, in der alle Rollen bereits festgelegt sind: betreute Künstler*innen, betreuende Kurator*innen, wohlmeinende Jurys, begeisterte Besucher*innen – und keine einzige offene Frage nach Autonomie, künstlerischer Freiheit oder echter Teilhabe.
Was in diesem System fehlt, ist alles, was Kunst wirklich braucht: Reibung, Diskurs, Kritik, Risiko. Und das Bemerkenswerte ist: Diese Struktur benötigt keine externe Legitimation – sie genügt sich selbst. Die Künstler*innen werden nicht eingeladen, mit der allgemeinen Kunstwelt zu interagieren – sie sind darin schlicht nicht vorgesehen. Es ist, als würde man ein Aquarium loben, weil darin so viele Fische schwimmen – ohne zu fragen, warum sie nie ins offene Meer entlassen werden.
Wie bequem, dass es dazu gleich die passende Sprache gibt: Sonderkünstler, Sonderpreis, Sonderausstellung. Alles klingt nach Anerkennung, doch nichts nach Gleichheit. Es ist die alte Logik des Behindertenwesens in neuem Gewand: nicht die Forderung nach Teilhabe, sondern die Geste der Förderung – unter Bedingungen, die andere festlegen.
Am Ende ist das keine Inklusion, sondern ein Kreislauf kontrollierter Anerkennung. Die Werke dürfen existieren – solange sie im Sonderbereich verbleiben. Sie werden nicht gesehen, sondern vorgeführt. Nicht gehört, sondern interpretiert. Und der Lohn ist ein Gutschein, ein Artikel in einer betreuten Publikation und vielleicht eine Urkunde, die all das als Fortschritt etikettiert.
Wer wirklich an Inklusion glaubt, muss solche Strukturen in Frage stellen – nicht, weil sie schlecht gemeint sind, sondern weil sie gut gemeint bleiben. Der Weg zu echter Teilhabe führt nicht über Sonderräume, sondern über das Zutrauen, dass Künstlerinnen mit Behinderung mehr brauchen als Schutz: nämlich Freiheit.*
Schlusswort
Ob es sich bei den Beteiligten um Künstler*innen handelt, die vom allgemeinen Kunstbetrieb separiert werden, oder um Menschen mit Behinderung, denen ein Künstlerstatus institutionell übergestülpt wird – in beiden Fällen ist es das System, das die Definitionsmacht ausübt. Es entscheidet, wer als sichtbar gilt, wer Anerkennung bekommt – und unter welchen Bedingungen.
Was als Inklusion verkauft wird, ist so oft nichts anderes als ein kontrollierter Rollenwechsel: Vom Werkstattarbeitsplatz zur kuratierten Kreativabteilung. Nicht das künstlerische Subjekt entfaltet sich, sondern ein pädagogisch verwaltetes Bild von Kreativität wird erzeugt und vermarktet.
Beides ist strukturell verwerflich:
Denn entweder wird Autonomie ausgeklammert,
oder sie wird nur simuliert – aber in keinem Fall wird sie ernst genommen.

Foto: Ralph Milewski
Fladungen (kobinet) Die Ateliergemeinschaft "Die Schlumper" in Hamburg und die Aktion-Kunst-Stiftung mit ihrem gleichnamigen Preis gelten als etablierte Akteure der Kunstförderung für Menschen mit Behinderung. Doch bei näherer Betrachtung zeigen sich gravierende strukturelle Schwächen, die dem Anspruch echter Inklusion nicht nur widersprechen, sondern ihn in sein Gegenteil verkehren. Was öffentlich als Ermöglichung verkauft wird, ist in Wahrheit eine institutionell abgesicherte Sonderwelt – mit allen problematischen Konsequenzen eines paternalistischen Systems.
Was hier sichtbar wird, ist kein Einzelfall, sondern Teil eines perfiden, geschlossenen Systems, wie es überall in der Behindertenhilfe zu finden ist – nur eben in diesem Fall unter dem Deckmantel von Kunst. Die Strukturen sind identisch: Menschen mit Behinderung werden in betreute Räume gelenkt, in denen sie sich „entfalten“ dürfen – jedoch unter Bedingungen, die andere setzen. Sichtbarkeit wird gewährt, aber nie auf Augenhöhe. Anerkennung erfolgt, aber nur innerhalb eines eigens definierten Rahmens. Was anders aussieht, ist in Wirklichkeit die alte Logik im neuen Gewand.
Die Schlumper sind organisatorisch in die *alsterarbeit gGmbH* eingebunden, eine Werkstattstruktur für Menschen mit Behinderung. Was auf den ersten Blick wie ein offenes Künstleratelier wirkt, ist faktisch eine betreute Dauerstruktur, in der künstlerische Arbeit nicht autonom geschieht, sondern im Rahmen eines pädagogisch geleiteten Settings. Kuratorische Entscheidungen werden nicht von den Künstlerinnen und Künstlern selbst getroffen, sondern von außen – durch Pädagog*innen, Projektleitungen oder Galerist*innen aus dem Umfeld. Die Öffentlichkeit begegnet den Werken nicht als Ausdruck eines autonomen Subjekts, sondern als Ergebnis institutioneller Organisation. Wer da spricht – die Künstlerin oder das System – bleibt unklar.
Auffällig ist zudem, dass fast keiner der Schlumper-Künstler*innen außerhalb dieses Rahmens sichtbar wird. Es existieren weder eigene Websites noch veröffentlichte Statements, Werkreihen oder Biografien in unabhängigem Kontext. Diese Künstler*innen existieren ausschließlich innerhalb des Projekts – außerhalb davon verschwinden sie vollständig aus dem kulturellen Raum. Ihre Autorschaft bleibt diffus, ihre künstlerische Position unsichtbar. So entsteht eine inszenierte Autorenschaft, die nach außen wirkt, aber nach innen nicht durch reale Teilhabe an Öffentlichkeit oder künstlerischem Diskurs legitimiert ist.
Ein ähnliches Muster zeigt sich bei der Aktion-Kunst-Stiftung. Der von ihr verliehene Preis richtet sich ausschließlich an Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung. Damit werden all jene ausgeschlossen, die körperlich beeinträchtigt, chronisch krank oder mehrfachbehindert sind – nicht das Werk zählt, sondern die Diagnose. Der Preis ist exklusiv – und damit gerade nicht inklusiv. Besonders irritierend ist, dass das Preisgeld in Form von Materialgutscheinen ausgezahlt wird. Das entzieht sich jeder üblichen Vorstellung von künstlerischer Autonomie und Würdigung. Statt frei verfügbaren Mitteln erhalten die Ausgezeichneten eine zweckgebundene Zuwendung – als wären sie Teil einer Fördermaßnahme, nicht Urheber*innen künstlerischer Arbeit.
Beide Institutionen – Die Schlumper und die Aktion-Kunst-Stiftung – schaffen so keine Verbindung zur allgemeinen Kunstwelt, sondern zementieren eine Parallelstruktur mit eigenen Regeln, Preisen und Präsentationsformen. Nicht ihre Existenz ist problematisch, sondern ihre Geschlossenheit. Künstler*innen mit Behinderung erhalten Sichtbarkeit – aber nur innerhalb dieser Sonderwelt. Sie dürfen teilnehmen – aber nicht mitgestalten. Sie sind präsent – aber nicht als gleichwertige Akteure, sondern als kuratierte Ausnahmeerscheinungen.
Was hier als Inklusion verkauft wird, ist oft nicht mehr als eine gut gemeinte, aber strukturell segregierende Praxis. Menschen mit Behinderung werden nicht eingebunden, sondern ausgelagert – in eigene Bühnen, eigene Kategorien, eigene Kontexte. Der Begriff „Sonderausstellung“ bekommt in diesem Zusammenhang eine doppelte Bedeutung: einerseits als Format, andererseits als symptomatische Auslagerung von Kunstschaffenden mit Behinderung in eigens dafür konstruierte Räume.
Echte Inklusion sähe anders aus. Sie würde bedeuten: uneingeschränkter Zugang zu allgemeinen Ausschreibungen – barrierefrei, aber ohne Ausschlussmechanismen. Künstler*innen mit Behinderung würden als individuelle künstlerische Positionen wahrgenommen – nicht als betreute Förderobjekte. Und sie würden als Menschen mit künstlerischer Vision ernst genommen – nicht als Repräsentant*innen einer Diagnoseschublade. Solange jedoch Autorschaft ersetzt wird durch Betreuung, Öffentlichkeit durch institutionelle Vermittlung und Anerkennung durch Sonderpreise, bleibt Inklusion ein Schlagwort ohne Substanz. Was gebraucht wird, ist kein weiteres Förderprogramm – sondern Vertrauen in die Fähigkeit dieser Künstler*innen, ihre Kunst selbst zu vertreten.
Was auf den ersten Blick wie eine durchdachte Förderstruktur erscheint, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als geschlossene Förderökonomie mit zirkulärer Selbstbestätigung: Die Werkstatt produziert „Kunst“, die Stiftung prämiert sie, und die Ausstellungen zeigen sie – stets im selben geschützten Rahmen. Eine ökosystemische Inklusionskulisse, in der alle Rollen bereits festgelegt sind: betreute Künstler*innen, betreuende Kurator*innen, wohlmeinende Jurys, begeisterte Besucher*innen – und keine einzige offene Frage nach Autonomie, künstlerischer Freiheit oder echter Teilhabe.
Was in diesem System fehlt, ist alles, was Kunst wirklich braucht: Reibung, Diskurs, Kritik, Risiko. Und das Bemerkenswerte ist: Diese Struktur benötigt keine externe Legitimation – sie genügt sich selbst. Die Künstler*innen werden nicht eingeladen, mit der allgemeinen Kunstwelt zu interagieren – sie sind darin schlicht nicht vorgesehen. Es ist, als würde man ein Aquarium loben, weil darin so viele Fische schwimmen – ohne zu fragen, warum sie nie ins offene Meer entlassen werden.
Wie bequem, dass es dazu gleich die passende Sprache gibt: Sonderkünstler, Sonderpreis, Sonderausstellung. Alles klingt nach Anerkennung, doch nichts nach Gleichheit. Es ist die alte Logik des Behindertenwesens in neuem Gewand: nicht die Forderung nach Teilhabe, sondern die Geste der Förderung – unter Bedingungen, die andere festlegen.
Am Ende ist das keine Inklusion, sondern ein Kreislauf kontrollierter Anerkennung. Die Werke dürfen existieren – solange sie im Sonderbereich verbleiben. Sie werden nicht gesehen, sondern vorgeführt. Nicht gehört, sondern interpretiert. Und der Lohn ist ein Gutschein, ein Artikel in einer betreuten Publikation und vielleicht eine Urkunde, die all das als Fortschritt etikettiert.
Wer wirklich an Inklusion glaubt, muss solche Strukturen in Frage stellen – nicht, weil sie schlecht gemeint sind, sondern weil sie gut gemeint bleiben. Der Weg zu echter Teilhabe führt nicht über Sonderräume, sondern über das Zutrauen, dass Künstlerinnen mit Behinderung mehr brauchen als Schutz: nämlich Freiheit.*
Schlusswort
Ob es sich bei den Beteiligten um Künstler*innen handelt, die vom allgemeinen Kunstbetrieb separiert werden, oder um Menschen mit Behinderung, denen ein Künstlerstatus institutionell übergestülpt wird – in beiden Fällen ist es das System, das die Definitionsmacht ausübt. Es entscheidet, wer als sichtbar gilt, wer Anerkennung bekommt – und unter welchen Bedingungen.
Was als Inklusion verkauft wird, ist so oft nichts anderes als ein kontrollierter Rollenwechsel: Vom Werkstattarbeitsplatz zur kuratierten Kreativabteilung. Nicht das künstlerische Subjekt entfaltet sich, sondern ein pädagogisch verwaltetes Bild von Kreativität wird erzeugt und vermarktet.
Beides ist strukturell verwerflich:
Denn entweder wird Autonomie ausgeklammert,
oder sie wird nur simuliert – aber in keinem Fall wird sie ernst genommen.
Ich kann nicht anders.
Ich bin nicht hier, um Bilder zu feiern, die mich dekorieren.
Ich bin nicht hier, um still zu nicken, wenn man mich inszeniert.
Ich bin nicht hier, um „dankbar“ zu sein für Sichtbarkeit,
die anderen gehört.
Ich weiß, wie das Spiel läuft.
Ich sehe, was nicht gesagt wird.
Ich erkenne, wie Wirkung produziert wird –
und wessen Geschichten erzählt werden,
und wessen nur benutzt.
Wenn ich könnte,
ich würde vielleicht anders.
Würde lächeln, mitspielen, still sein.
Aber ich kann nicht.
Weil ich sehe.
Weil ich verstehe.
Weil ich sonst mich selbst verraten müsste.
Ich bin nicht der Spielverderber.
Ich frage nur, wem das Spiel nützt.
Ich störe nicht. Ich unterbreche –
eine Erzählung, die keine Luft mehr lässt für Wirklichkeit.
Ich will keine Sonderrolle.
Ich will kein Rampenlicht.
Ich will Teilhabe –
nicht als Geste, sondern als Struktur.
Nicht als Einladung, sondern als Selbstverständlichkeit.
Ich kann nicht anders.
Und das ist gut so.
(Ralph Milewski – 2025)