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Bundesverwaltungsgericht zum Logo von Aktion Mensch und ihrem „Bildungsmaterial“

roter Schriftzug
Ein Los für das gute Gewissen
Foto: Ralph Milewski

Fladungen (kobinet) Ursprünglich wäre der Haupttitel meiner Meinung wohl "Wer kontrolliert den Aktivismus?" gewesen, doch ich wurde kurzerhand von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts überrascht und zwang mich so zum Umdisponieren. Nachhaltige Veränderung entsteht nicht durch Einzelaktionen, sondern durch langfristiges Engagement und Strukturen. Doch große Kampagnen werden meist von finanz- und ressourcenstarken Organisationen wie Aktion Mensch oder der Lebenshilfe dominiert. Wer sich nicht mit deren Inhalten, Strategien oder Zielsetzungen identifizieren kann oder möchte, steht vor einer schwierigen Wahl: Entweder man unterordnet sich einer bestehenden Kampagne – mit all ihren bereits festgelegten Bedingungen – oder man bleibt auf sich allein gestellt, ohne die Reichweite und Unterstützung dieser Institutionen.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und seine Bedeutung

Das Bundesverwaltungsgericht hat kürzlich entschieden, dass das Logo von Aktion Mensch nicht uneingeschränkt für Informations- und Bildungsmaterialien verwendet werden darf. Grund: Es stellt eine indirekte Werbung für die Lotterie dar. Das Urteil unterstreicht, dass die Grenzen zwischen Inklusionsförderung und wirtschaftlichen Eigeninteressen fließend sind. Es macht deutlich, dass Aktion Mensch nicht nur ein Förderer von Projekten ist, sondern als wirtschaftlicher Akteur handelt, der eigene Interessen verfolgt.

Die zentrale Frage lautet: Dient das Engagement von Aktion Mensch nur der „Inklusion“ oder in erster Linie der eigenen Imagepflege und der langfristigen Absicherung ihres Lotteriegeschäfts?

Doppelte Manipulation: Aktivismus unter Kontrolle, Öffentlichkeit gelenkt

Aktion Mensch kontrolliert den Aktivismus gleich doppelt. Erstens, indem sie vorgibt, welche Themen gesetzt und wie Proteste gestaltet werden sollen. Zweitens, indem sie durch die allgegenwärtige Platzierung ihres Logos in allen Materialien, Demonstrationen und Projekten nicht nur ihre Markenpräsenz steigert, sondern auch subtil den Kauf von Lotterielosen anregt.

Das wird besonders in den eigenen Materialien deutlich:

Die Aktion Mensch unterstützt Aktionen rund um den 5. Mai 2025 auch dieses Jahr wieder und wird den Organisator*innen Informationen, Druckvorlagen und Materialien dafür bereitstellen.“

Noch klarer ist diese Steuerung hier:

Für diesen Neustart Inklusion wollen wir zum 5. Mai 2025 Aktivist*innen Ideen und Checklisten für Gespräche und öffentliche Aktionen an die Hand geben.“

Unabhängigkeit sieht anders aus! Hier geht es nicht um Unterstützung für selbstbestimmten Aktivismus, sondern um die Initiierung einer eigenen PR-Kampagne – verpackt als Hilfestellung für Aktivist:innen. Wer sich außerhalb dieses Rahmens bewegt oder andere Schwerpunkte setzen will, bleibt ohne Ressourcen und Reichweite.

Protest oder PR-Kampagne? Die Bilder sprechen für sich

Ein Blick auf die öffentlichkeitswirksamen Protestaktionen zeigt, wie eng Aktion Mensch ihre Imagearbeit mit dem Thema Inklusion verknüpft. Plakate und Transparente tragen durchgängig das Logo der Organisation – ein Aspekt, der nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts problematisch ist.

Die Frage ist: Ist das noch ein echter Protest, oder ist es eine orchestrierte Kampagne, die am Ende nicht strukturelle Veränderungen fordert, sondern Aktion Mensch als Marke stärkt?

Die Illusion der freien Wahl

Das Grundproblem bleibt: Die großen Organisationen setzen den Rahmen. Einzelpersonen oder kleinere Initiativen können sich diesem Rahmen unterordnen oder riskieren, unsichtbar zu bleiben. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zeigt, dass Aktion Mensch nicht einfach ein neutraler Förderer ist, sondern ein Akteur mit eigenen wirtschaftlichen Interessen.

Wer Inklusion wirklich ernst meint, muss sich fragen: Geht es um echte Teilhabe und selbstbestimmten Aktivismus – oder um die Steuerung der Debatte im Sinne einer Organisation? Vielleicht braucht es weniger vorgegebene Checklisten und Druckvorlagen – und stattdessen mehr Offenheit für vielfältige Ansätze, insbesondere für jene, die sich nicht in bestehende Narrative einfügen wollen.

Weiterführende Analyse zu diesem Thema: Aktion Mensch: Moderner Ablasshandel statt echter Inklusion.

Lesermeinungen

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3 Lesermeinungen
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Johanne van der med
20.02.2025 10:15

Ich möchte dem zustimmen. Die Aktion Mensch hat ihre eigenen Vorstellungen über die Rolle von Behinderten, was ja okay ist. Aber die Dominanz in praktisch allem, was mit Behinderung zu tun hat und von bundesweiter relevanz ist finde ich problematisch. Wie ich schon mehrfach gesagt hae gefällt mir auch dieses Besserwisserische, Belehrende der Aktion Mensch nicht. Vielmehr sollte sie selbst leben, was sie von Anderen fordert. Aber das kann oder will sie nicht.

Sabrina Mevis
Antwort auf  Johanne van der med
21.02.2025 13:22

Die Aktion Mensch wird immer als eigenständiger Verein gesehen, das ist sie nur auf dem Papier. Tatsächlich gehört sie den großen Verbänden wie Cartias, Diakonie, Lebenshilfe etc. Und die haben und tun es bis heute von der Integrationspolitik gelebt. Diese Verbände bestimmen, was in der Aktion Mensch, insbesondere in der Förderung passiert, sie bestimmen die Geschäftsführung und die Öffentlichkeitskommunikation. Bis vor ein paar Jahren gab es ja noch eigenständige Projekte in der Aufklärung, aber auch das wurde größtenteils abgeschafft, damit die Caritas et al. sich mit ihrer Kommunikation platzieren können.
Durch die Fördergelder und die Stiftungsgelder beeinflussen sie auch die meisten Behindertenverbände, weshalb man mit Ausnahme der kleineren Verbände und vielleicht der ISL nichts Kritisches über die Aktion Mensch hört. Wer sich kritisch äußert, bekommt bald den Hahn abgedreht, weshalb man auch von den Sozialhelden nie kritische Kommentare zur Aktion Mensch hört. Um es kurz zu machen: Wir sind in der Integrationsschleife gefangen, wo hübsch Inklusion aufgeklebt wurde. Man kann viel Kritik am BMAS üben, aber die sind deutlich weiter bei der Inklusion als die Aktion Mensch.

Daniela Melzner
Antwort auf  Sabrina Mevis
22.02.2025 06:11

Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich wurde gelegentlich als testimonial oder Beiratsmitglied für verschiedene Germien der Aktion Mensch angefragt. Seit dem ich mich mehrfach kritisch zur Aktion Mensch geäußert habe, immer sachlich versteht sich, stehe ich wohl auf der schwarzen Liste und werde nicht mehr angefragt. Persönlich ist mir das egal, aber das zeigt, welche Haltung man dort hat. Dass jemand wie Krauthausen, der ja von solchen Einladungen zu leben scheint da klein bei zu geben scheint wundert mich nicht. Wie Sie schon sagen ist das BMAS oder andere Einrichtungen da entspannter. Es gibt enagierte Leute bei der Aktion Mensch, aber die Geschäftsführung, der Vorstand und das System als solches ist das Problem.