
Foto: BSK e.V.
Krautheim (kobinet) Die Qualifizierung von Barrierefreiheitsbeauftragten in Österreich ab 2025 könnte nach Ansicht des Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) auch in Deutschland als Vorbild dienen, um Barrierefreiheit gezielt zu fördern und Unternehmen für eine inklusive Zukunft zu sensibilisieren.
Eine barrierefreie Gesellschaft ist ein gemeinsames Ziel, das allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben und uneingeschränkten Zugang zu allen gesellschaftlichen Bereichen ermöglichen soll. Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter macht darauf aufmerksam, dass die in Österreich ab 2025 die Qualifizierung von Barrierefreiheitsbeauftragten auch in Deutschland als wegweisendes Modell dienen könnte. Seit dem 1. Januar 2025 sind im Nachbarland Österreich Unternehmen mit mehr als 400 Mitarbeitenden dazu verpflichtet, eine/n Barrierefreiheitsbeauftragte/n sowie eine/n Stellvertreter/in zu benennen.
Diese Fachkräfte sollen Barrieren identifizieren, Lösungen entwickeln und die Umsetzung einer barrierefreien Umgebung fördern. Auch wenn diese gesetzliche Verpflichtung derzeit nur für große Unternehmen gilt, bietet sie kleineren Unternehmen und Organisationen eine Chance, sich durch proaktive Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit zu engagieren. Der BSK sieht in dieser Entwicklung ein positives Beispiel und regt eine Diskussion an, ob ähnliche Qualifizierungen auch in Deutschland etabliert werden sollten.
„Die Schulung von Barrierefreiheitsbeauftragten ist ein wichtiger Schritt, um strukturelle Hindernisse abzubauen und langfristig eine inklusive Gesellschaft zu gestalten“, betont der Verband. Verena Gotzes, Bundesvorsitzende des BSK und Leiterin des BSK-Fachteams Barrierefreies Bauen, unterstreicht die Bedeutung dieser Initiative: „Barrierefreiheit betrifft uns alle – ob heute oder in der Zukunft. Qualifizierte Barrierefreiheitsbeauftragte können entscheidend dazu beitragen, nachhaltige Veränderungen zu bewirken und Barrieren in unserer gebauten Umwelt gezielt abzubauen.“
Weiter betont Gotzes:“Deutschland sollte sich an den positiven Entwicklungen in Österreich orientieren und die Etablierung solcher Qualifizierungen als Chance begreifen. Dies würde nicht nur Menschen mit Behinderungen zugutekommen, sondern auch Unternehmen und der gesamten Gesellschaft, da eine barrierefreie Umgebung für alle Vorteile bringt.“ Besonders für die in Deutschland bereits etablierten „Botschafter für Barrierefreiheit“ oder „Barriere-Checker“ könnte diese Qualifizierung eine wertvolle Ergänzung sein. Durch eine weitergehende Schulung als Barrierefreiheitsbeauftragte könnten sie ihre Expertise vertiefen und eine noch wirkungsvollere Rolle bei der Umsetzung von Barrierefreiheit in Unternehmen und Organisationen übernehmen.
Die Akademie für Barrierefreiheit gabana bietet ab Mai 2025 ein Ausbildungsprogramm zum zertifizierten Barrierefreiheitsbeauftragten an. In einer dreistufigen Schulung werden fachliches Basiswissen, digitale Barrierefreiheit und Sensibilisierung vermittelt.
Diese Fortbildung richtet sich an Unternehmen, Organisationen und alle, die sich aktiv für eine barrierefreie Gesellschaft einsetzen möchten. Der BSK möchte mit dieser Initiative eine breite Aufmerksamkeit für das Thema Barrierefreiheit und die Notwendigkeit gut ausgebildeter Fachkräfte in diesem Bereich schaffen. „Barrierefreiheit ist ein gesellschaftlicher Mehrwert. Wir sollten die Chancen nutzen, die sich durch gezielte Qualifizierung bieten“, so der Verband. Weitere Informationen zum Ausbildungsprogramm und den Aufgaben von Barrierefreiheitsbeauftragten finden Sie unter: GABANA-Akademie
Barrierefreiheitsbeauftragte – Mehr als ein Feigenblatt?
Die Einführung verpflichtender Barrierefreiheitsbeauftragter in Österreich klingt auf den ersten Blick nach einem Fortschritt. Doch ohne echte Befugnisse bleibt diese Position so zahnlos wie viele Behindertenbeauftragte zuvor.
Wer keine verbindlichen Vorgaben durchsetzen kann, sondern nur sensibilisieren und beraten darf, wird leicht zum Feigenblatt für Unternehmen, die Barrierefreiheit nur als PR-Thema sehen. Solange es keine echten Sanktionen gibt, wenn Vorschläge ignoriert werden, bleibt die Verantwortung weiter unverbindlich – und damit das eigentliche Problem bestehen.
Echte Inklusion braucht keine Beauftragten ohne Macht, sondern klare gesetzliche Vorgaben mit durchsetzbaren Konsequenzen. Andernfalls bleibt alles beim Alten – nur mit schöneren Titeln.