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Villmar - Weyer (kobinet) „Das hab’ ich jetzt davon!“, dachte sich Stephan Laux, als erste Reaktion auf einen Kommentar, den er über die Kontaktseite seiner persönlichen Website erhalten hatte. Anonym natürlich. Ganz simpel ausgekontert. Einfach die Pflichtfelder mit Fantasienamen und E-Mail-Adresse ausgefüllt und ab dafür!
Die Nachricht meines Webhosters über die „Kontaktaufnahme“ erreichte mich just während eines Treffens eines Demokratiebündnisses meiner Region. Indem wir u.a. auch über unsere Präsenz in den sozialen Medien diskutierten. Einige Teilnehmer*innen äußerten ihre Ängste gegenüber sogenannten Shitstorms. Einer der im Umgang mit diesen Medien versierteren Teilnehmer erläuterte seinen Ratschlag, „den Troll nicht zu füttern“. Verfasser*innen solcher Reaktionen bräuchten diese Aufmerksamkeit. Ihr Ziel sei es, die Diskussion von einer sachlichen auf eine emotionale Ebene zu bringen, und dagegen seien sie aufgrund ihres anonymen Auftretens viel besser gewappnet als ein real existierender Gesprächspartner.
Mein Psychologe hatte mir schon einmal diagnostiziert, dass ich bei beruflichen Diskussionen immer wieder auf eine ähnliche Taktik hereinfalle. Sollten meine Argumente zu erdrückend sein, würde mein Gegenüber auf eine persönliche, emotionale Ebene wechseln. Eine Ebene, auf der offensichtlich meine Schwächen lägen. Ein Impuls von mir auf die anonyme Reaktion, die sich wohl aus meiner Lesermeinung auf den Beitrag von Ralph Milewski speiste, war der der Rechtfertigung. Da hatte mich doch jemand vollkommen missverstanden. Da gab’s doch was klarzustellen. Aber ist dem wirklich so? Um das zu beurteilen, komme ich nicht umhin, den Inhalt der Reaktion auf meine Beiträge und mich zu zitieren und Stück für Stück darauf, möglichst sachlich, einzugehen.
Name:
es lebe das Pflichtfeld
Nachricht:
laut Ihres Lebenslaufes haben Sie es bisher 59 Jahre lang geschafft, ganz ohne Selbstreflexion durchs Leben zu gehen. Also keinerlei aktive Einholung von Feedback. Kein Spiegel. Keine gewaltfreie Kommunikation. Nur deutsche Selbstherrlichkeit. Wie gut, dass es bei Kobinet keine Administratoren gibt: da kann mann seine Selbstgespräche und Selbstdarstellung völlig themenfremd in den Raum kacken. ich und ich und nochmal ich.
Wie heißt Ihre Behinderung, für die Sie einen unbefristeten Ausweis haben? Egozentriertheit?
Wer sich selbst zwischen Medizinern am Behindertenwesen bereichert, darf den Text von Milewsky über Identität natürlich nicht verstehen. Abwehrmechanismen verstehen Sie aber nur bei anderen Leuten!
E-Mail:
laut Ihres Lebenslaufes haben Sie es bisher 59 Jahre lang geschafft, ganz ohne Selbstreflexion durchs Leben zu gehen. Also keinerlei aktive Einholung von Feedback. Kein Spiegel.
Wer seinen Lebenslauf der Welt im Internet zur Verfügung stellt, muss sich nicht wundern, wenn ihn jemand liest! Man könnte davon ausgehen, dass wer eine Biografie über sein berufliches Wirken verfasst, sich selbst reflektiert hat. Doch was folgt daraus? Eine Kritik am System anstatt ernst gemeinte Selbstkritik!?
Keine gewaltfreie Kommunikation. Nur deutsche Selbstherrlichkeit. Wie gut, dass es bei Kobinet keine Administratoren gibt: da kann mann seine Selbstgespräche und Selbstdarstellung völlig themenfremd in den Raum kacken.
Nein! Gewaltfreie Kommunikation geht tatsächlich anders als z.B. in meinen Kolumnen. Eine wirklich überschaubare Anzahl an wohlwollenden Rezensionen und Kommentaren bedeutet nicht, dass es auch Leser*innen gibt, die sich durch meine Äußerungen verletzt fühlen. Da kann ich schon froh sein, dass kobinet mich bisher nicht zensiert.
ich und ich und nochmal ich. Wie heißt Ihre Behinderung, für die Sie einen unbefristeten Ausweis haben? Egozentriertheit?
Eine Behinderung, die mich beeinträchtigt, ist die Depression. Da könnte bei mir die Egozentriertheit tatsächlich ein Symptom sein. In depressiven Episoden geht’s meistens um mich. Hier hätte ich gerne diskutiert, inwieweit Egozentrik Teil von Behinderung im Allgemeinen und in der Behinderten – Aktivisten – Szene im Besonderen ist bzw. notwendig ist.
Wer sich selbst zwischen Medizinern am Behindertenwesen bereichert, darf den Text von Milewsky über Identität natürlich nicht verstehen.
Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich selbst „behindert genug“ bin, um da mitzureden? Ich kann nur sagen: Das mit dem Bereichern hat bis jetzt nicht funktioniert. Zumindest monetär nicht. Aber ehrlich gesagt, kann ich einen gewissen Hang zur Selbstdarstellung nicht leugnen! Ich träume z.B. davon, auf einem Podium, mit Ralph Milewski an meiner Seite, vor einem Publikum, ganz unanonym, mit Menschen über die „Missdeutung des Begriffes Inklusion“ zu diskutieren und dafür ein Honorar zu verlangen.
Dieser Beitrag ist allen anonymen Kommentator*innen gewidmet und als eine Einladung zu fairen und offenen Diskurs zu verstehen.
Stephan Laux Dezember 2024