Menu Close

Neue Landesregierung Sachsens will mutig neue Wege gehen

Flagge Bundesland Sachsen
Flagge Bundesland Sachsen
Foto: Gemeinfrei, public domain

DRESDEN (kobinet) In Sachsen haben sich  die Landesverbände der CDU und der SPD auf die Inhalte für einen Koalitionsvertrag verständigt. In der Mitte der vergangenen Woche wurde dieser von den Vertretern beider Parteien vorgestellt. Der 110 Seiten umfassende Vertrag steht unter dem Titel. „Mutig neue Wegen gehen" und gibt damit ein interessantes Versprechen. Das wird um so gewichtiger wenn  man bedenkt, dass hier eine Minderheitsregierung verspricht, mutig neue Wege zu gehen.

Ein Vertragstext bietet natürlich viele Inhalte und somit ebenso viele Möglichkeiten, diesen Koalitionsvertrag von verschiedenen Seiten herzu betrachten. Wir von der kobinet-Redaktion möchten dazu einen Blickwinkel wählen, der sich vor allem auf Aspekte der Inklusion und der Barrierefreiheit konzentriert.

Bereits in der Präambel des Vertrages haben wir gelesen: „Wir wollen deshalb eine Koalition mit den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land eingehen. Sachsengespräche, Runde Tische, Bürgerforen, Kabinettssitzungen in allen Regionen: So bleiben wir vor Ort im Gespräch“. Das macht Mut, denn irgendwo wird dann ja auch Raum für Inklusion und Barrierefreiheit sein.

In den Aussagen zur Wirtschaft und zur Wirtschaftsförderung hatten wir aber nicht damit gerechnet, zur Inklusion Aussagen zu finden, werden jedoch überrascht, denn dort steht auch der Satz: “ Auch für Menschen mit Beeinträchtigungen wollen wir eine möglichst selbstbestimmte Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglichen.“

Nun gut – wer sich eine solche Aufgabe stellt, braucht selbstverständlich ebenso die Arbeitskräfte dafür. So werden wir im Abschnitt zur Bildung wieder fündig. „Dem Prinzip der ganzheitlichen, kindzentrierten und  bedürfnisorientierten Bildung sowie dem Inklusionsgedanken wird Rechnung getragen“, heißt es dort. An Inklusion will die neue sächsische Regierung also denken – und das vom Kleinkindalter an. So sagt es jedenfalls dieser Koalitionsvertrag, zum Beispiel mit der Aussage: „Wir entwickeln Einrichtungen der Kindertagesbetreuung kontinuierlich inklusiv weiter, stellen eine Roadmap „Inklusive Kita“ auf und wollen dafür auch die gesetzlichen Regelungen anpassen. Zur inklusiven Weiterentwicklung der einrichtungsspezifischen Konzepte stellen wir einen Leitfaden bereit.“

Interessant war beim Lesen des Koalitionsvertrages auch, dass der Inklusion auch an dieser Stelle ein ganzer Abschnitt gewidmet wurde. Darin erfahren wir ab Zeile 1007:  „Wir werden jedem Kind mit besonderen Bedarfen ein Höchstmaß an individueller Unterstützung, Förderung und Teilhabe ermöglichen. Wir erhalten das bestehende Netz an Förderschulen als wichtige Säule inklusiver Kompetenzen. Die Regelschulen unterstützen wir beim inklusiven binnendifferenzierten Unterricht und stärken die Arbeit der Kooperationsverbünde. Das kontinuierliche Inklusionsmonitoring setzen wir fort und wollen auf dieser Grundlage die schulrechtlichen Regelungen anpassen“. Vielversprechend ebenso die in diesem Vertrag angekündigten Absichten, die Arbeit der Ombudsperson der Sächsischen Staatsregierung gegen Diskriminierung an den Schulen zu  stärken und  an den sächsischen Schulen das Interesse am Erlernen der Deutschen Gebärdensprache wecken zu wollen.

Für das Entwickeln von mehr Barrierefreiheit und Inklusion in Sachsen dürften ebenso die Vorhaben wichtig sein, die Situation von Studierenden mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten weiter verbessern zu  wollen sowie die Hochschulen und Studentenwerke mit Inklusionsmitteln zu unterstützen, und eine landesweite Studie „Auf dem Weg zur inklusiven Hochschule“ in Auftrag geben zu wollen.

Das alles sind durchaus passende Wegweiser dafür, dass die neuen Wege in Sachsen durchaus zu mehr Barrierefreiheit und Inklusion führen könnten. Allerdings gibt es in diesem Text des Koalitionsvertrages auch Stelle, an welchen die Frage erlaubt sein sollte: „Warum Barrierefreiheit und Inklusion nicht auch hier?“

So soll in Sachsen eine durchgehend digitale Verwaltung entstehen. Dazu wurde festgeschrieben: „Wir wollen bis 2030 sämtliche Verwaltungsleistungen im Freistaat Sachsen online zugänglich machen.“ Warum hier nicht von „barrierefrei online zugänglich“ gesprochen wird, ist nicht so leicht verständlich.

Ebenso gibt es unter den Stichworten „ÖPNV“ und „Verkehrsinfrastruktur“ keine Angaben zum Ausbau von Barrierefreiheit  in diesen Bereichen. Was jedoch das Fördern von Wohneigentum angeht, wird dort angestrebt, das Fördern „… mit den Förderrichtlinien Familienwohnen und Wohneigentum im ländlichen Raum…“fortzusetzen sowie „…insbesondere das Programm „Jung kauft alt“ und die zusätzliche Förderung für Menschen mit Behinderung“. Weiter ist dann dazu zu erfahren: „Wir setzen uns dafür ein, dass die Wohnungsförderung zielgenauer auf die Bedarfe von Menschen mit Behinderung eingeht.“ Auch hinsichtlich des Angebotes barrierefreien Wohnraumes soll sich somit in Sachsen einiges verbessern.

Letztlich gibt es ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Sozialpolitik in diesem Koalitionsvertrag einige Aussagen zur Inklusion. So folgendes:

  • „Gesellschaftliche Teilhabe für alle ist eine wichtige Aufgabe für ein demokratisches Gemeinwesen. Daher werden wir die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen der Gesellschaft fördern und die Maßnahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und des Bundesteilhabegesetzes umsetzen. Basierend auf der Evaluierung wollen wir das Sächsische Inklusionsgesetz bis 2027 novellieren. Die Nachteilsausgleiche im Landesblindengeldgesetz wollen wir weiter anheben.“
  • „Die Barrierefreiheit, wie zum Beispiel den Zugang zu öffentlichen Gebäuden des Landes oder die Bereitstellung von Informationen in leicht verständlicher Sprache oder Gebärdensprache, werden wir vorantreiben. Zur besseren Teilhabe von Menschen mit Behinderungen empfehlen wir dem Sächsischen Landtag, den verstärkten Einsatz von Gebärdendolmetschern an Plenarsitzungen zu prüfen.“
  • „Wir werden die gesundheitliche und pflegerische Versorgung von Menschen mit Behinderungen verstärkt in den Blick nehmen sowie die Bewusstseinsbildung für die Bedeutung von Inklusion für und mit Menschen mit Behinderung befördern.“
  • „Inklusion in Kunst und Kultur heißt für uns, Barrierefreiheit zu schaffen und Kultur- sowie Medienschaffende mit Behinderungen gezielt zu fördern. Wir erhalten die Servicestelle „Inklusion im Kulturbereich“ und fördern auch künftig das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen.“
  • „Sachsen ist ein Land des Sports und steht in der Tradition von unzähligen Olympiasiegen und einer reichen Vielfalt des Vereinssports. Das soll so bleiben, deshalb fördern wir auch den Sport in seiner Gesamtheit, vom Breiten- und Leistungssport bis zum Behinderten- und Rehabilitationssport. Wir unterstützen die Strukturen des organisierten Sports und stärken die Vereinslandschaft.

Koalitionsverträge sind keine Rechenschaftsberichte sondern immer lediglich ein Blick in die Zukunft. Der Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung in Sachsen verspricht jedoch auch für die Entwicklung von Barrierefreiheit und Inklusion in diesem Bundesland einiges. Es wird interessant sein, die Arbeit dieser Landesregierung als Journalisten zu verfolgen und genau hinzuschauen was dann davon Wirklichkeit werden wird.

Lesermeinungen

Bitte beachten Sie unsere Regeln in der Netiquette, unsere Nutzungsbestimmungen und unsere Datenschutzhinweise.

Sie müssen angemeldet sein, um eine Lesermeinung verfassen zu können. Sie können sich mit einem bereits existierenden Disqus-, Facebook-, Google-, Twitter-, Microsoft- oder Youtube-Account schnell und einfach anmelden. Oder Sie registrieren sich bei uns, dazu können Sie folgende Anleitung lesen: Link
1 Lesermeinung
Neueste
Älteste
Inline Feedbacks
Alle Lesermeinungen ansehen
Uwe Heineker
07.12.2024 13:25

 und eine landesweite Studie „Auf dem Weg zur inklusiven Hochschule“ in Auftrag geben zu wollen.“ – immer wieder: um Zeit zu schinden, wird wieder Geld in „Forschung“ verpulvert, anstatt auf positive Beispiele zurück zu greifen