Menu Close

Inklusive Bildung: Bundesregierung verschließt Ohren vor Kritik der Zivilgesellschaft und Betroffenen

Porttraitfot eines Mannes mit weißem Haar, in weißem Hemd  und dunklen Anzug
No body found to use for abstract...
Foto: René Golz

Berlin (kobinet) Anlässlich der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Frage zum Offenen Brief "Inklusive Bildung jetzt!“ der 140 Verbände und Organisationen sowie 1.400 Einzelpersonen an die Bundesregierung kritisierte der Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Belange von Menschen mit Behinderungen im Gesundheitsausschuss, Hubert Hüppe, dass die Bundesregierung ihre Ohren vor der Kritik der Zivilgesellschaft und den Betroffenen verschließe. "Erst auf meine parlamentarische Anfrage hin erklärte die Bundesregierung, dass sie nicht beabsichtigt, den Verfassern des Offenen Briefs 'Inklusive Bildung jetzt!' eine Antwort zu bescheren. Seit mehr als vier Monaten warten die 140 Verbände und Organisationen sowie 1.400 Einzelpersonen vergeblich auf eine Reaktion", erklärte Hubert Hüppe.



„Die Ampel-Regierung ignoriert bewusst ihre Forderungen, den gleichberechtigten Zugang für Menschen mit Behinderungen zu einem inklusiven Bildungssystem zu gewährleisten. Diesen Umgang begründet sie damit, dass Bildung in Deutschland vor allem Sache der Bundesländer sei. Klar ist jedoch, dass der Bund per Verfassung für die außerschulische berufliche Aus- und Weiterbildung verantwortlich ist und dass bei den sogenannten ‚Gemeinschaftsaufgaben‘ Bund und Länder auch rechtlich über die jeweils eigenen Zuständigkeiten hinaus zusammenzuwirken dürfen“, betonte Hubert Hüppe.

Zudem verliere die Bundesregierung in ihrer Antwort kein Wort darüber, dass in den 135 Deutschen Auslandsschulen (DAS), für die der Bund zuständig ist, bis heute keine ausreichende Umsetzung von Konzeptionen zum Auf- und Ausbau inklusiven Unterrichts erfolgt ist. Die DAS sind jedoch nach deutschen Auslandsschulgesetz aufgefordert, Inklusionskonzepte zu erarbeiten, kritisiert Hubert Hüppe. „Die Ampel versucht sich herauszureden, statt konsequent zu handeln. Dass sich der Bund in die Schulpolitik der Länder einmischt, ist nicht neu. Beispiel: das Förderprogramm zum technischen Ausbau der Schulen ‚Digitalpakt Schule‘. Darüber hinaus besteht für den Bund die Möglichkeit, über die Gremien der Kultusministerkonferenz Initiative zu ergreifen und Impulse für eine umfassende und bundesweite Inklusionsstrategie zur Bildung zu starten“, so Hubert Hüppe. „Bisher lässt die Bundesregierung einen ernsthaften politischen Willen vermissen, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu stärken – wohlwissend, dass bei der Umsetzung von Inklusion in Deutschland erhebliche Lücken bestehen. Sie ignoriert die Empfehlungen und Mahnungen des Fachausschusses der Vereinten Nationen (UN) für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, der im vergangenen Jahr scharfe Kritik an der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Deutschland übte.“

Der Bund muss nach Ansicht von Hubert Hüppe wesentlich stärker seiner Verpflichtung zur Verwirklichung eines inklusiven Bildungssystems nachkommen. Die Erfahrungen zeigten, dass Sonderschulen allzu oft in weitere Sonderwelten führen.

Die Sprecherin der LIGA Selbstvertretung, Prof. Dr. Sigrid Arnade, hatte sich bereits Mitte Januar 2024 eine Sternfahrt mit vielen Traktoren gewünscht angesichts des monatelangen Schweigens von Hubertus Heil und Bettina Stark-Watzinger auf den offenen Brief. „Am 10.10.2023 hat das Bündnis Inklusive Bildung jetzt! einen offenen Brief an die Minister*innen geschickt und bis heute nicht einmal eine Eingangsbestätigung geschweige denn eine Antwort erhalten,“ erläuterte Sigrid Arnade ihren Ärger gegenüber den kobinet-nachrichten. „Ich bin sauer und frustriert“, bekennt die Aktivistin. „Früher habe ich als Einzelperson an Abgeordnete oder Minister*innen geschrieben und eine Antwort bekommen. Ich verstehe, dass heutzutage nicht jede Mail zu beantworten ist. Aber wenn auf das Anliegen selbst eines solch breiten Bündnisses nicht einmal die leiseste Reaktion erfolgt, dann muss sich doch wirklich niemand mehr über Politikverdrossenheit wundern.“

Link zum kobinet-Bericht über die Kritik von Prof. Dr. Sigrid Arnade über das Schweigen der Bundesregierung zum offenen Brief vom 17. Januar 2024