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KIEL (kobinet) Mit dem Verlassen der Ukraine hat Larysa Vorona gemeinsam mit Ehemann und Sohn wegen der russischen Bomben und Raketen nicht nur ihre Heimat verlassen müssen sondern damit auch ihre früheren Möglichkeiten verloren, sich für andere einzusetzen, ihnen mit Rat und Hilfe zur Seite zu stehen. Mehr als zehn Jahre war sie in der Ukraine Leiterin einer Organisation, die in der Ukraine Menschen mit Behinderungen hilft. Dafür hatte sie sogar eine staatliche Auszeichnung des Präsidenten der Ukraine erhalten. Aber hier in Deutschland galt erst einmal, den Neubeginn zu schaffen und Möglichkeiten zu finden, wie in der Ukraine anderen helfen zu können.
Inzwischen wohnen Larysa mit Ehemann Yuri und Sohn Pavlo in der Nähe von Kiel. Mit ihrem Elektrorollstuhl ist sie ständig unterwegs. Sie haben bereits einiges in der Umgebung gesehen und beginnen so, Deutschland kennen zu lernen. Vor allem jedoch lernen sie alle fleißig Deutsch – und das nicht nur im Deutschunterricht sondern auch nach Feierabend. Im Oktober endet der erste Deutschkurs, Ein weiterer Kurs ist aber bereits angemeldet. Pavlo geht in eine deutsche Schule. Yuri hat Deutsch gelernt und macht nun einen Kurs als IT-Programmierer. Sobald er das Europäische Diplom bekommen hat, möchte er sich, voraussichtlich im Februar kommenden Jahres, eine Arbeit in seinem Beruf als Programmierer suchen.
Menschen mit Behinderungen, die aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind, können sich im Internet, zum Beispiel über die Fachstelle Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung , informieren. Diese Informationen sind sehr hilfreich, aber so mancher Geflüchtete hat eventuell auch andere Frage als etwas über seine Leistungsberechtigung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erfahren. Für allen individuellen Fragen und Erfahrungen, die jeder einbringen kann, wollte Larysa Vorona mit ihren Erfahrungen der Arbeit im Internet einen Raum bieten. Sie wollte Menschen mit ähnlichen Herausforderungen und Problemen, also aus der Ukraine geflüchtete Menschen mit Behinderungen, zusammenzubringen, damit sie sich in einer vertrauensvollen Atmosphäre gegenseitig unterstützen, Erfahrungen austauschen und gemeinsam Lösungsansätze entwickeln können. Dazu hat sie bereits am 16. April 2022 einen Chat auf dem Telegram-Kanal „Ukraine-Germany Disability Support Chat“ eingerichtet, um Informationen auszutauschen und sich einander zu helfen. In diesem Chat erfahren alle – und das in ukrainischer oder russischer Sprache, wie sie sich in Deutschland anpassen können, welche Dokumente sie vorbereiten müssen und wie sie Ihre Behinderung bestätigen lassen können. Dabei lernen sie etwas über Krankenversicherung, Hilfe zur Pflege und die Finanzierung von Hilfsmitteln für Menschen mit Behinderungen in Deutschland. Bisher sind in diesem Chat bereits mehr als 1700 Personen eingetragen. Larysa arbeitet gern online und erhält von den Chat-Teilnehmern viele Rückmeldungen und Dankesworte für ihre Arbeit.
Inzwischen ist aber dieser Chat nicht mehr die einzige Arbeit und Hilfe, die Larysa Vorona anbietet. An jedem Mittwoch veranstaltet sie in der Zeit von 17.00 Uhr bis 19.00 Uhr Online-Treffen von ukrainischen Flüchtlingen mit Behinderungen zu denen russischsprachige Fachleute des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Anwälte und Vertreter von Pflegediensten eingeladen werden. Darüber hinaus gibt es einmal im Monat zwei Stunden Deutschunterricht mit einem erfahrenen Lehrer. Seit dem 15. August hat Larysa nun auch einen Vertrag mit Handicap International, ist also offiziell ein Freiwilliger dieser Hilfsorganisation, und organisiert mit Unterstützung von Handicap International einmal im Monat ein Online-Treffen mit Flüchtlingen mit Behinderungen.
Wegen eines Krieges die Heimat verlassen zu müssen. Nicht zu wissen, welche der Familienangehörigen, Freunde oder Nachbarn man noch einmal wiedersehen wird, was von dem Haus, in dem man gewohnt hat, noch stehen wird, das alles sind enorm belastende Fragen. In einem anderen Land zu leben, sich dort zurechtzufinden, auch das ist, trotz freundlicher Aufnahme, schwierig und braucht viele Informationen. Da ist es für viele sehr hilfreich, Menschen zu finden, mit denen man sich in seiner Sprache unterhalten kann. Larysa Vorona leistet mit ihrem ehrenamtlichen Engagement dazu einen wichtigen Beitrag – davon kann man sich bei einem Blick auf Larysa`s Chat überzeugen.