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Das Problem mit der Bürokratie und Behörden

Ottmar Miles-Paul am Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin
Ottmar Miles-Paul am Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin
Foto: Michael Gerr

Kassel (kobinet) Immer wieder scheitern behinderte Menschen an bürokratischen Hürden beziehungsweise wird es ihnen durch komplizierte Verfahren erschwert, die Hilfen zu bekommen, die sie brauchen. Sich vor dem Amt sozusagen ausziehen und alle möglichen Unterlagen beibringen zu müssen, stets mit dem Hammer im Hintergrund, irgendetwas dabei falsch gemacht oder vergessen zu haben, stresst zusätzlich. Verstehen kann man dies meist nur, wenn man selbst in solche Siutationen kommt. Dass trotz Verlängerung der Abgabefrist für die geforderten Angaben zur Neuermittlung der Grundsteuer immer noch ein Viertel der dazu Verpflichteten ihre Unterlagen nicht eingereicht haben, zeigt nach Ansicht von kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul auf, wie herausfordernd Bürokratie zuweilen sein kann.



Kommentar von kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul

„Da gibt es doch gesetzliche Möglichkeiten“ oder „Du musst einfach nur einen Antrag stellen“, beziehungsweise „So schwer kann das doch nicht sein, den Ämtern die entsprechenden Unterlagen zuzusenden“. Das sind einige Sätze, die behinderte Menschen immer wieder zu hören bekommen, wenn sie ihr Leid mit der Bürokratie und Anträgen bei Ämtern klagen. Nicht nur, dass viele Anträge erst einmal abgelehnt werden und sich im Widerspruchs- oder langwierigen Klageverfahren zeigt, dass die Betroffenen doch Recht hatten, sie doch einen Anspruch auf das Hilfsmittel oder die Unterstützung haben, der bürokratische Aufwand erdrückt viele behinderte Menschen förmlich. Dies wird immer wieder von behinderten Menschen und ihren Angehörigen moniert und ist damit eigentlich weithin bekannt. Trotzdem hat sich kaum etwas verändert, zum Teil ist der Aufwand für die Betroffenen in den letzten Jahren sogar noch erheblich gestiegen.

Man könnte nun denken, dass es nur behinderten Menschen so geht. Dass es vielen Bürger*innen ähnlich geht, sie nur viel weniger mit entsprechenden Ämtern in Kontakt treten müssen, zeigt die aktuelle Entwicklung in Sachen Grundsteuererklärung. Derzeit müssen 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden, also neue Sätze für die Grundsteuer ermittelt werden. Demzufolge sind Millionen von Menschen gefordert, entsprechende Angaben zu machen und nicht unkomplizierte Formulare auszufüllen, beziehungsweise die Angaben online einzugeben. Wohl denen, die das Geld haben, dies von Steuerberater*innen erledigen zu lassen. Wehe denjenigen, die dies selbst erledigen müssen. Trotz Erklärvideo und Informationen zum Ausfüllen müssen viele Unterlagen gesucht und die entsprechenden Angaben verstanden und eingereicht werden. Viele müssen sich erst einmal registrieren, wenn sie dies online erledigen wollen. Und dann droht immer noch der Hammer, etwas falsch gemacht zu haben, eventuell dafür belangt zu werden, wenn Angaben nicht stimmen.

Für behinderte Menschen klingt vieles davon sehr bekannt. Interessant dabei ist jedoch, dass dieses aktuelle Beispiel zeigt, wie schwer der Umgang mit der Bürokratie für viele sein muss. Gut 25 Prozent haben nämlich bisher ihre Unterlagen noch nicht eingereicht, obwohl am 31. Januer 2023 die Frist dafür abgelaufen ist und ihnen Mahnungen und Bußgelder drohen. Dazu muss man wissen, dass die Abgabefrist schon einmal verlängert wurde. Ursprünglich hätten bis Ende Oktober 2022 die Unterlagen eingereicht werden müssen. In Bayern wurde diese Frist nun noch einmal um drei Monate verlängert.

Vielleicht bietet das derzeitige Dilemma vieler Grundstücksbesitzer*innen die Möglichkeit, intensiver über die Bürokratisierung in unserem Land und darüber nachzudenken, wie wir es Menschen leichter machen können, wenn sie es mit Behörden zu tun haben. Vor allem diejenigen, die keine finanziellen Reserven haben, die dringend auf entsprechende Leistungen angewiesen sind, muss das Leben erleichtert werden. Denn nur Wenige haben eine gute Aktenführung und die entsprechende Kommunkation mit den Behörden erlernt und stehen diesen und den entsprechenden Zuständigkeiten und Abläufen oft machtlos gegenüber. Von der psychischen Belastung komplizierter und ungewisser Antragsverfahren einmal ganz zu schweigen. Die Abschaffung der Anrechnung des Einommens und V’ermögens in der Eingliederungshilfe wäre beispielsweise ein erster Schritt, der nicht viel kosten und alle Beteiligten erheblich entlasten würde.

Link zum SPIEGEL-Artikel vom 1.2.2023 über den Ablauf der Grundsteuerfrist

Link zum kobinet-Beitrag vom 30. Januar 2023 Kein Grund für Beibehaltung der Einkommens- und Vermögensheranziehung im SGB IX