BONN (kobinet) Wenn es um Barrierefreiheit geht, dann ist häufig auch von viel Geld die Rede. Nicht selten wird der Eindruck erweckt, es sei einfach zu viel Geld und man müssen besser andere Lösungen finden. Wie uns kobinet-Leser Christof Stolberg berichtete so ist das auch im Bezug auf die barrierefreie Anpassung der Haltestelle in Oberkassel-Mitte der Fall. Kobinet ist dem nachgegangen und hat nachgefragt.
Zum Sachverhalt ist erst einmal festzuhalten: Diese Haltestelle wird von den Linien 62 und 66 angefahren. Die Haltestellen in Oberkassel-Süd und Oberkassel-Nord werden gegenwärtig barrierefrei angepasst, was erforderlich ist, weil auf der Linie bauartbedingt die eingesetzten Wagen nicht niveaugleich mit den Haltestellen sind. Das wäre nun auch mit kombinierten Hoch- und Tiefbahnsteigen für die Haltestelle Oberkassel Mitte erforderlich. Dies ist, so weit unser Leser mitteilte, jedoch wegen der mit einem Umbau verbundenen Kosten bisher strittig.
Da Stadt- und Straßenbahnen in Bonn besitzen unterschiedliche Einstiegshöhen. So müssen die Bahnsteige zukünftig mit zwei verschiedenen Bahnsteighöhen für die Stadtbahn und für die Straßenbahn ausgestattet werden. Aufgrund der Abstände zwischen den Haltestellen, der hoher Ausbaukosten, der Kosten für die spätere Unterhaltung und eines mögliche Zeitgewinns auf der Strecke, hatte die Verwaltung den politischen Gremien empfohlen, nur die Haltestellen Nord und Süd auszubauen. Daraus resultieren demnach Befürchtungen, die Haltestelle Oberkassel könnte nicht barrierefrei angepasst und statt dessen außer Betrieb genommen werden.
Das wird auch durch das Presseamt der Stadt Bonn bestätigt. Auf Anfrage erklärt die Vertreterin des Amtes, Lea Hoffmann: „Die Planung des barrierefreien Ausbaus der Stadtbahn-Haltestellen Oberkassel-Nord und Oberkassel-Süd mit kombinierten Hoch- und Tiefbahnsteigen, sowohl für Stadtbahnen (66) als auch für Straßenbahnen (62), wird weitergeführt. Die Verwaltung prüft, ob die Haltestelle Oberkassel-Mitte ohne die Errichtung von zusätzlichen Hochbahnsteigen für den Straßenbahnverkehr (62) unverändert in Betrieb bleiben kann. Die Verwaltung hatte in ihrer Vorlage (DS 212364) vorgeschlagen, aus Kostengründen (Bau und Unterhaltung), weil die Stationen sehr nah beieinanderliegen und aufgrund der durch den Wegfall der Station möglichen Bahnbeschleunigung auf einen Ausbau der Haltestelle Oberkassel-Mitte zu verzichten. Der Vorschlag beinhaltet keine generelle Ablehnung zum Ausbau aller drei Stationen in Oberkassel.
Ob das Beibehalten der Haltestelle Oberkassel Mitte nur für die Stadtbahnfahrten auf der Linie 66 möglich ist, wie von der Politik angefragt, wird derzeit zwischen den Stadtwerken Bonn und der Technischen Aufsichtsbehörde abgestimmt. Generell ist der Ausbau aller Stationen in Oberkassel möglich und auch förderfähig. Sobald das Ergebnis dieser Prüfung vorliegt, wird die Verwaltung den Ausschuss für Mobilität und Verkehr darüber unterrichten“.
Das lässt aber die Anwohner ihre Köpfe schütteln. Dass die Haltestellen nah aneinander liegen würden, sehen Anwohnerinnen und Anwohner anders. Zudem verweisen sie auf teils hohe Steigungen des Weges, unbeleuchtete, unbefestigte Trampelpfade mit Schrebergärten oder Wege ohne Bürgersteige, was für Reisende aller Art von Mobilitätseinschränkungen das Nutzen dieser Wege sehr schwierig macht. Das alles wurde aus Sicht der Anwohnerinnen und Anwohner offensichtlich nicht berücksichtigt.
Auch die Leiterin der sprachheilpädagogischen städtischen Kindertagesstätte sieht das anders. Sie befürchtet, dass es für die Familien deutlich schwerer wird, da sie teils aus anderen Stadtteilen anreisen und nun noch weitere Wege auf sich nehmen müssten. Für Kinder mit Autismus, für die konstante Abläufe wichtig sind, wäre es ebenfalls extrem schwierig, sich auf andere, weitere Wege einzustellen.
Die Vertreterin des Presseamtes hatte erklärt, die Verwaltung würde den Ausschuss für Mobilität und Verkehr sowie sicherlich auch die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten sobald das Ergebnis der angekündigten Prüfung vorliegt. Auch kobinet wird in dieser Sache noch einmal nachfragen und ist gespannt, wie dort Bürgerinteressen mit den Möglichkeiten für mehr Barrierefreiheit zusammengebracht werden.