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Dem Entlastungpaket fehlt es an Passgenauigkeit und Tiefenwirkung

Portraifoto von Dennis Riehle
ABiD-Sozialberater Dennis Riehle
Foto: privat

BERLIN (kobinet) Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung spart sie Menschen mit Behinderung wiederum weitgehend aus und verkennt die Bedürftigkeit und den Mehrbedarf von Personen mit Handicap auf das Schärfste – so kommentiert der Sozialberater des ABiD, Dennis Riehle, die geplanten Erleichterungen der „Ampel“-Koalition.



„Schon zuletzt wurde diese Personengruppe weitgehend ausgespart und muss nun neuerlich auf Unterstützung in notwendigem Umfang verzichten. Die Vorhaben des Kabinett sind viel zu breit gestreut und verfehlen daher ihre Passgenauigkeit und Tiefenwirkung. Stattdessen werden Gesellschaftsschichten bedacht, die kaum oder keine Hilfe benötigen würden, weil sie über ein ausreichendes Einkommen verfügen, um die Inflation abzufedern“, stellt Riehle fest.

Riehle bemängelt insbesondere, dass man auf die Lebenswirklichkeit von behinderten Menschen zu wenig geachtet habe und damit den tatsächlichen Alltagsbedarf von rund zehn Millionen Bundesbürgern kontinuierlich und wiederholt unbeachtet lässt: „Insgesamt erreichen die meisten Nachteilsausgleiche – unabhängig der momentanen Entlastungsprogramme – behinderte Menschen nicht, weil sie in der Regel unter dem Grundfreibetrag liegen und nicht steuerpflichtig sind. Menschen mit Handicap, die von der zuständigen Versorgungsbehörde entsprechend als (schwer-)behindert anerkannt sind, erhalten insbesondere Pauschbeträge in der Einkommenssteuer. Diese liegen je nach Grad der Behinderung zwischen 384 und 2.840 Euro. Auch können auch die zusätzliche Fahrtkostenpauschale von 30 Cent (bis 20 km) und 35 Cent je Kilometer (ab dem 21. km) beziehungsweise die tatsächlichen Fahrtkosten zur Arbeit für eine Reihe von eigentlich bezugsberechtigten Menschen mit einer Behinderung nicht abgesetzt werden“.

„Mir werden teils dramatische Szenen beschrieben. Ich erhalte mittlerweile tägliche Mails von behinderten Menschen, die einfach nicht mehr sparen können, weil sie ansonsten tatsächlich hungern müssen, weil sie sich die Lebensmittel nicht mehr leisten können (viele Betroffene rutschen durch die Inflation unter die Armutsgrenze, werden aber beispielsweise bei vielen ‚Tafeln‘ nicht mehr angenommen, weil dort ein Aufnahmestopp verhängt wurde) – oder weil der Strom und das Gas für den Herd zu teuer geworden sind. Nicht wenige Betroffene haben mir berichtet, dass sie für sämtliche Anschaffungen (Nahrung, Kleidung, Hygieneartikel, technische Geräte) insgesamt weniger als 10 EUR pro Tag übrig haben. Viele sind überfordert, einen Antrag auf Sozialleistungen auszufüllen – und die Beratungsstellen sind gerade in den größeren Städten hoffnungslos überlastet“ meint der Sozialberater Dennis Riehle.