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Schutzstatus für einen schwerbehinderten Menschen besteht bereits vor Antragsstellung

Portraifoto von Dennis Riehle
ABiD-Sozialberater Dennis Riehle
Foto: privat

BERLIN (kobinet) Sind Behinderungen eines Angestellten für den Arbeitgeber derart offensichtlich und erkennbar, dass sich daraus eine mögliche Schwerbehinderteneigenschaft mit den entsprechenden Nachteilsausgleichen ableiten lässt, bestehen diese Anrechte auch dann, wenn der Arbeitnehmer noch keinen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt hat. Das hat jetzt das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Der Allgemeine Behindertenverband in Deutschland (ABiD) begrüßt das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 02.Juni 2022, wonach ein Kündigungsschutz für einen Arbeitnehmer auch bereits dann Gültigkeit besitzen kann, wenn dieser noch gar nichts von seiner möglichen Schwerbehinderung und den einhergehenden Ansprüchen weiß und es bisher versäumt hatte, einen entsprechenden Antrag zu stellen (Az: 8 AZR 191/21).

Entscheidend ist, dass die Funktionsbeeinträchtigungen des Betroffenen für den Chef wahrnehmbar und klar zu deuten sind.

Zwar hat das Gericht im vorliegenden Fall, wie ABiD-Sozialberater Dennis Riehle erklärt, eine Klage des Arbeitnehmers wegen ungerechtfertigter Kündigung ohne Hinzuziehung des bei einer vorliegenden Schwerbehinderung obligatorisch anzuhörenden Integrationsamtes als unzulässig zurückgewiesen. Allerdings allein aus dem Umstand, dass bei dem Betroffenen ein Schlaganfall stattgefunden hatte, dessen mögliche bleibenden Folgen zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht abzusehen waren, hätte diese zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgen dürfen. Denn Nachteilsausgleiche und Anrechte einer schwerbehinderten Person gelten auch ohne offizielle Feststellung der Eigenschaft durch das Versorgungsamt erst, wenn sie – wie im Schwerbehindertenrecht geregelt – mindestens sechs Monate angedauert haben und zumindest auf absehbare Zeit nicht wiederherstellbar sind.