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Neuer Lern- und Gedenkort der Evangelischen Stiftung Alsterdorf eröffnet

Lern- und Gedenkort der Evangelischen Stiftung Alsterdorf
Lern- und Gedenkort der Evangelischen Stiftung Alsterdorf
Foto: Axel Nordmeier

Hamburg (kobinet) Die Evangelischen Stiftung Alsterdorf (ESA) stellt sich ihrer Geschichte und schafft einen Raum der Erinnerung für die Zukunft. Gemeinsam mit Hamburgs Sozialsenatorin Dr. Melanie Leonard und weiteren Gästen eröffnete die Evangelische Stiftung Alsterdorf am 9. Mai den neu geschaffenen Lern- und Gedenkort auf dem Gelände der Stiftung. Er soll das Gedenken an die 630 Menschen mit Behinderung wachhalten, die bis 1945 aus den damaligen Alsterdorfer Anstalten abtransportiert worden sind, allein 513 von ihnen wurden nachweislich von den Nationalsozialisten ermordet.

Den Mittelpunkt des Lern- und Gedenkortes bildet das im Frühjahr 2021 aus dem Kirchenbau entfernte Altarbild der St. Nicolaus-Kirche von 1938 mit seiner ausgrenzenden Botschaft gegenüber Menschen mit Behinderung. Es ist eines der wenigen erhaltenen Zeugnisse kirchlicher Kunst aus der Zeit des Nationalsozialismus in Hamburg.

In der Tradition einer lebendigen Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit hatte sich die ESA dazu entschlossen, das Bild, das vielen Menschen den Besuch der Kirche erschwerte, an einem Lern- und Gedenkort auszustellen. Die Öffentlichkeit hat so Gelegenheit, sich bewusst mit der Aussage des Bildes zu beschäftigen. Diese Entscheidung ist für die Stiftung ein historischer Meilenstein und Ausdruck ihrer christlichen Grundhaltung, dass alle Menschen gleichberechtigt und gleichwertig sind.

„Mit der Errichtung des Lern- und Gedenkortes in Alsterdorf schafft die Stiftung einen wichtigen Ort des Erinnerns für die Opfer des Nationalsozialismus unter den Menschen mit Behinderung. Gleichzeitig ist auch ein wichtiger Ort für die Erinnerungskultur und historische Bildung in unserer Stadt entstanden“, so Dr. Melanie Leonhard, Hamburger Sozialsenatorin.

„Wir wollen einen offenen Diskurs über unsere Geschichte fördern“, sagt Hanne Stiefvater, Vorständin der ESA. „Der Lern- und Gedenkort ist öffentlich zugänglich und lädt alle Menschen zu einem lebendigen Austausch ein, der auch nachfolgende Generationen die Möglichkeit gibt, über diese Zeit zu reflektieren und eine Haltung dazu zu entwickeln, wohin Ausgrenzung in ihrer extremen Form führen kann.“

Besucher*innen des Lern- und Gedenkorts finden hier verschiedene multimediale Informationsangebote. Tafeln geben Auskunft über die Biografien der Opfer, filmische Zeitzeugen-Interviews und eine von Schüler*innen der Bugenhagenschule Alsterdorf gestaltete Vitrine mit wechselnden Inhalten geben Impulse für die laufende Auseinandersetzung mit der Geschichte der Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung.

„Je mehr das Bild verstanden wurde, desto verstörender war die Botschaft. Menschen mit Behinderung werden zwar von den Menschen ohne Behinderung gehalten, aber sie werden als ‚anders‘ und nicht vollwertig dargestellt. Das Bild musste aus der Kirche heraus. Wir wollten es aber nicht verstecken. Wir wollten es zeigen. Für uns ist es ein Mahnmal, das uns an unsere Verantwortung für die Gleichbehandlung und Inklusion von Menschen mit Behinderung erinnert“, sagt Dr. Michael Wunder, Stabsstelle beim Vorstand der ESA und verantwortlich für die Ausgestaltung des Lern- und Gedenkortes.