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Rollstuhlnutzerin beschwert sich bei Lufthansa über diskriminierende Behandlung

Foto zeigt Andrea Schatz
Andrea Schatz im Rollstuhl
Foto: Rolf Barthel

Berlin (kobinet) Von einer demütigenden und diskriminierende Behandlung der Lufthansa berichtet heute Andrea Schatz. Die Flugesellschaft verweigerte ihre Beförderung und die Mitnahme ihres Rollstuhls.

Bericht von Andrea Schatz

Vom 31. Juli bis 15. August 2021 weilte ich zu einem Ferienaufenthalt in Südfrankreich. Bei der Lufthansa hatte ich 4 Flüge gebucht (Hinflug: Berlin-München, München-Toulouse; Rückflug: Toulouse-Frankfurt, Frankfurt-Berlin.) Ich habe eine progressive neuromuskuläre Erkrankung und reiste mit einem Rollstuhl mit e-motion Antrieb M25 (elektrische Unterstützung zur Restkraftverstärkung mittels Antrieb über die Greifreifen). Der e-motion M25 wurde so konstruiert, dass er im Frachtraum von Verkehrsflugzeugen gemäß den Richtlinien der IATA (International Air Transport Association) transportiert werden kann.

Dafür gibt es ein Transportzertifikat. Die in den e-motion Rädern verbauten Lithium-Ionen-Akkus (Klasse UN3481) wurden den normativ geforderten Tests gem. UN38.3 unterzogen und haben diese erfolgreich bestanden.

Ich hatte den Rollstuhl bei der Lufthansa ordnungsgemäß angemeldet, d.h. bei der Flugbuchung hatte ich das Transportzertifikat der Batterien gemäß den Richtlinien der IATA (International Air Transport Association) vorgelegt. Ebenso hatte ich das Lufthansa-Formular „Informationen Elektrische Mobilitätshilfe“ korrekt ausgefüllt und übermittelt. Daraufhin hatte mir Lufthansa die Mitnahme meiner „Mobilitätshilfe“ bestätigt.

Als ich am 15. August 2021 auf dem Rückflug von Toulouse 21 Uhr in Frankfurt zum Weiterflug nach Berlin umstieg, verweigerte der Kapitän die Beförderung des Rollstuhls, weil er nicht abnehmbare Lithium-Batterien in den Rädern hat. Die seien laut Lufthansa-Bestimmungen als „Gefahrengut“ deklariert und dürften nicht im Frachtraum befördert werden. Das international gültige Transportzertifikat der Batterien gemäß den Richtlinien der IATA (International Air Transport Association), das ich bei der Flugbuchung vorgelegt hatte und auch am Gate vorzeigte, erkannte er nicht an. Auch ignorierte er, dass ich die Mobilitätshilfe ordnungsgemäß angemeldet hatte, dass mir die Lufthansa die Beförderung bestätigt hatte und dies das 4. Flugsegment von drei vorherigen war (Berlin-München, München-Toulouse, Toulouse-Frankfurt).

Das umstehende technische und Service-Personal schüttelte nur den Kopf. Man könne aber nichts machen, weil ein Kapitän auf See und in der Luft die absolute Entscheidungsmacht habe. Dann hieß es, ggf. könne der Rollstuhl im Passagierraum mitgenommen werden, wenn er „ganz klein“ gemacht werde. Die Techniker fingen gleich an: Rückenlehne raus, Rolli falten und waren gerade dabei, auch noch die Räder abzumontieren.

Da kam die Nachricht, ich werde „ausgebucht“ und die Maschine startet. So wurde ich 22 Uhr als schwerbehinderte Person mit gültiger Bordkarte einfach stehen gelassen. Das war so furchtbar und demütigend. Schrecklich und entwürdigend ging es weiter. Mit Hilfe des (sehr zuvorkommenden) Mobilitätsservice kam ich schließlich kurz vor Mitternacht im Flughafenhotel Marriott an. Da ich seit fast 12 Stunden ohne Essen war, hatten wir zuvor versucht, mittels Barcode-Gutschein auf meiner Bordkarte einen Imbiss im Flughafen zu bekommen. Aber bei einem Stand wurden gerade die Rollos heruntergelassen und der andere erkannte den Bar-Code nicht an. Im Hotel gab es zu nachtschlafender Zeit auch nichts mehr zu essen.

Meinen Koffer mit dringend benötigten Augentropfen, Schmerzmedikamenten und Handy-Ladekabel hatte ich auch nicht. Zudem wurde ich in einem normalen Zimmer untergebracht: ohne WC-Haltegriffe und mit extrem hohen Waschbecken. Duschen ging erst recht nicht. Ein Rollizimmer wäre nicht frei gewesen. Ich spare mir die Beschreibung, wie ich die kurze Nacht verbracht habe. Um 7 Uhr wurde ich abgeholt. Ich war auf einen Flug 8:45 Uhr gebucht und fragte mich, was 7 Stunden später nun anders sein sollte.

Und tatsächlich ging am Gate genau die gleiche ablehnende, entwürdigende Prozedur wieder los. Das internationale Flugtauglichkeitszertifikat wurde herumgereicht und angestarrt. Es hieß, „die Lufthansa hat eigene Bestimmungen.“ Nach 45 min, als ich dachte, sie lassen mich wieder stehen, gings dann doch los. Was letztlich den Ausschlag gab, weiß ich nicht. Es hatte wohl ein Telefonat des Kapitäns mit der Rolli-Herstellerfirma Alber GmbH gegeben. Als ich endlich im Flugzeug saß, sah ich, wie mein Rolli in einen Hochsicherheits-Container verladen wurde. Sah aus wie ein Castortransport.

Als ich endlich in Berlin ankam, war ich schmerzgepeinigt. Denn der Nervenstress und die extremen körperlichen Belastungen waren mir direkt in den Rücken gefahren. Zu Hause recherchierte ich diese „Transportbedingungen Rollstuhlbatterien“ der Lufthansa: „Für Rollstühle, die mit einer auslaufsicheren Lithium-Ionen-Batterie betrieben werden Der Transport ist erlaubt als • aufgegebenes Gepäck: Ja Folgende Vorgaben sind einzuhalten: Die Batterie muss sicher am Rollstuhl bzw. an der Mobilitätshilfe befestigt sein. Die Batteriepole müssen gegen Kurzschluss geschützt, z. B. von einem Batteriebehälter umgeben sein. Die Batterien müssen die Anforderungen des „UN Manual of Tests and Criteria“, Teil III, Abschnitt 38.3 erfüllen. Der Nachweis ist bei Reservierung oder Check-in am Flughafen zu erbringen, z. B. durch eine Bescheinigung des Herstellers oder eine eigene schriftliche Bestätigung.“

Alle Voraussetzungen waren mehrfach erfüllt! Nun verstehe ich gar nichts mehr. Ich bin immer noch fassungslos über das Erlebte und Erlittene. Eigentlich möchte mich mit dieser schlimmen Geschichte nicht mehr befassen, denn dadurch wird alles immer wieder aufgewühlt. Körper und Geist sind total angespannt und meine dringend nötige Erholung ist hin. Aber ich kann und darf diese diskriminierende Behandlung auch nicht auf sich beruhen lassen. Und so werde ich mich bei Lufthansa beschweren und eine Entschädigung fordern.