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Spielräume für Kontakte in Einrichtungen nutzen

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Foto: Liga Selbstvertretung

Kassel (kobinet) Nach der Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschef*innen der Länder von gestern steht fest, dass der Großteil der Maßnahmen zur Kontaktminimierung mindestens bis 3. Mai aufrecht erhalten bleiben. Im Beschluss der Regierungschef*innen wurde aber auch der Blick auf die Situation in Pflege-, Alten- und Behinderteneinrichtungen gerichtet und Spielräume gegen eine vollständige Isolation aufgezeigt. Ottmar Miles-Paul von der LIGA Selbstvertretung fordert, dass diese Spielräume genutzt und die Betroffenen dabei weitestmöglich beteiligt werden.

„Für vulnerable Gruppen und insbesondere für Pflegeheime, Senioren- und Behinderteneinrichtungen müssen nach den jeweiligen lokalen Gegebenheiten und in den jeweiligen Institutionen besondere Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Dabei muss der Schutz der vulnerablen Gruppen im Vordergrund stehen und die Gefahr der Ausbreitung von Infektionen in den Einrichtungen der wesentliche Maßstab sein. Es ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass entsprechende Regularien nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation der Betroffenen führen dürfen. Daher soll für die jeweilige Einrichtung unter Hinzuziehung von externem Sachverstand, insbesondere von Fachärzten für Krankenhaushygiene, ein spezifisches Konzept entwickelt werden und dieses im weiteren Verlauf eng im Hinblick auf das Infektionsgeschehen im jeweiligen Umfeld weiterentwickelt und angepasst werden“, heißt es im Beschluss der Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 15. April 2020 unter dem Tagesordnungspunkt 2 zu Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung der COVID19-Epidemie unter 7.

„Die zunehmend bekannt werdenden Berichte über mit dem Corona-Virus infizierte Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen von Einrichtungen bis hin zu erschreckenden Nachrichten über zunehmende Todesfälle in den Einrichtungen machen deutlich, dass man hier endlich genau hinschauen muss und Konzepte zur Minimierung der Gefährdung überfällig sind. Hier sind die entsprechenden Aufsichtsbehörden gefordert, genau und menschenrechtsorientiert hinzuschauen. In Sachen soziale Isolation der Bewohner*innen solcher Einrichtungen ist es aber auch höchste Zeit, dass entsprechende Konzepte entwickelt und umgesetzt werden, wie diese Isolation gelockert und überwunden werden kann. Denn gerade der Kontakt zu Angehörigen und Freund*innen trägt erheblich zur Teilhabe und zum Wohlbefinden bei und leistet einen wichtigen Beitrag zur Kontrolle darüber, dass Menschenrechtsverletzungen in ‚geschlossenen“ Systemen verhindert werden“, erklärte Ottmar Miles-Paul, einer der Sprecher*innen der LIGA Selbstvertretung. Er fordert daher die Behörden und Einrichtungen auf, schnellstmöglich und möglichst kreativ auf die Empfehlungen der Kanzlerin und der Regierungschef*innen zu reagieren.

Die Dachorganisation der Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen macht aber auch deutlich, dass es bei der Entwicklung und Umsetzung entsprechender Konzepte nicht nur bei der bloßen Hinzuziehung von Ärzt*innen bleiben dürfe. Die Betroffenen und ihre Unterstützer*innen hätten hier viel beizutragen und müssten im Sinne des in der UN-Behindertenrechtskonvention verankerten Partizipationsgebots entsprechend beteiligt werden. Dies reiche von der Einbeziehung von Bewohner*innenbeiräten, über die örtlichen und Landesbehindertenbeauftragten bis zu den Bewohner*innen und deren Angehörigen selbst.