
Foto: Behindertenbeauftragte Ba-Wü
Stuttgart (kobinet) Wenn die "Reisegruppe Niemand" auf ihrer 3tägigen Tour mit dem Regionalverkehr durch alle 16 Landeshauptstädte am 13. November um 12:59 in Stuttgart in den IREI (19676) nach Karlsruhe einsteigt, wird diese auf ihrer Fahrt bis nach Karlsruhe von der baden-württembergischen Landesbehindertenbeauftragten Stephanie Aeffner begleitet. Sie will damit 25 Jahre nach Inkrafttreten des Benachteiligungsverbotes für behinderte Menschen u.a. dafür werben, dass die Vorgaben im Personalbeförderungsgesetz bis 2022 erfüllt werden und die Barrieren im öffentlichen Personenverkehr entsprechend abgebaut werden. Dies machte die Beauftragte in einem Interview mit den kobinet-nachrichten, die die Tour begleiten, deutlich.
kobinet-nachrichten: Sie haben sich entschieden, die Reisegruppe Niemand auf ihrer Bahntour zu treffen. An welchem Bahnhof wird dies geschehen und was ist Ihnen dabei wichtig?
Stephanie Aeffner: Ich werde mich der „Reisegruppe Niemand“ am 13. November auf der Etappe von Stuttgart nach Karlsruhe anschließen. Damit werde ich auf einer für Baden-Württemberg zentralen ÖPNV-Schienenverbindung ab dem Bahnknoten Stuttgart die Regierungsbezirke Stuttgart und Karlsruhe von Ost nach West „erfahren“, um dabei die Botschaft „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ mit vielen betroffenen Menschen öffentlichkeitswirksam über das Land zu tragen.
kobinet-nachrichten: Wenn Sie auf 25 Jahre Grundgesetzergänzung durch den Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ blicken, was fällt Ihnen dazu ein?
Stephanie Aeffner: Dazu fällt mir ein, dass wir in den letzten 25 Jahren zwar viel erreicht haben, dass aber bei Betrachtung der einzelnen Lebensbereiche, in denen Teilhabe, Selbstbestimmung und Nichtdiskriminierung stattfinden sollen, wir noch dicke Bretter zu bohren haben. Die Verfassungs- und Lebenswirklichkeit liegen noch weit auseinander. Offensichtlich wird bei den Verantwortlichen auf allen Ebenen von Staat und Gesellschaft oftmals auch übersehen, dass das Benachteiligungsverbot unseres Grundgesetzes wegen einer Behinderung nicht nur auf das Unterlassen von Benachteiligungen abzielt, sondern vielmehr einen aktiven Gestaltungsauftrag für die Rechtssetzung und Gestaltung der Umweltbedingungen beinhaltet. Dies unterstreicht die UN-Behindertenrechtskonvention, wenn sie davon ausgeht, dass das Unterlassen des Treffens angemessener Vorkehrungen eine nicht zulässige Form der Diskriminierung darstellt.
kobinet-nachrichten: Haben Sie eine Botschaft, einen Wunsch oder eine Sache, die Sie der Reisegruppe Niemand mit auf ihre weitere Tour mitgeben wollen?
Stephanie Aeffner: Leute seid zuversichtlich, dass all die Barrieren und Hürden, die euch auf eurer Reise begegnen, nach den Vorgaben des Personenbeförderungsgesetzes ab Januar 2022 nicht mehr bestehen werden. Tragt die Botschaft durch die Republik, dass es jetzt darauf ankommt, die Ressourcen von Bund, Land und Kommunen zu bündeln und in die Schaffung eines umfassend barrierefreien öffentlichen Personennahverkehrs zu investieren. Dies ist gut angelegtes Geld, denn Barrierefreiheit nutzt allen, sie ist aber nicht zum Nulltarif zu haben. Wir leben im Hier und Heute und wollen jetzt Gleichberechtigung bzw. Gleichbehandlung. Lasst und gemeinsam unermüdlich darauf hinweisen, dass Inklusion keine Zuschauer, sondern nur Aktive kennt und damit alle angeht.