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Namen der Opfer aussprechen und hörbar machen

Bild: Geh-Denken - Geschichte im Hier und Jetzt
Kellerkinder Berlin
Foto: Kellerkinder Berlin

Berlin (kobinet) Vom 6. Juli früh morgens bis in die Morgenstunden des 7. Juli hinein haben die Kellerkinder in Berlin im Rahmen eines Namens-Lese-Marathons über 20.000 Namen von Opfern der NS-"Euthanasie"-Morde vorgelesen und aufgezeichnet. kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul führt mit Eileen Friesecke ein Interview über die Hintergründe der Aktion und die Wichtigkeit des Gedenkens an die Opfer.

kobinet-Nachrichten: Die Kellerkinder haben mit dem Vorlese-Marathon der Namen von 200.000 Opfer der NS-„Euthanasie“ eine wichtige Aktion durchgeführt. Wie kam es zu der Idee und worum geht es dabei?

Eileen Friesecke: Es war lange Zeit nicht möglich, die Namen der Opfer der NS-„Euthanasie“ öffentlich zugänglich für alle zur Verfügung zu stellen. Am 30.08.2018 hat sich das Bundesarchiv entschieden, die ihnen bekannten Namen zu veröffentlichen. Wir wollten mit unserer Aktion die Namen der Opfer aussprechen, sie hörbar machen. Die Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung bzw. Beeinträchtigung ermordet wurden, sollen nicht vergessen werden. Diese Namen sollen im Rahmen der Gedenkveranstaltung in der Philharmonie in einer Gedenkstele, angelegt an das Stelenfeld des Holocaustmahnmals in Berlin, zu hören sein.

kobinet-Nachrichten: Die Kellerkinder haben bereits eine Reihe von Aktionen für eine angemessene Erinnerungskultur durchgeführt, wie sind da Ihre Erfahrungen und was habt ihr schon gemacht?

Eileen Friesecke: Unsere Erfahrungen sind hier sehr unterschiedlich. Viele Gedenkorte trauen uns immer noch nicht zu, mitgestaltender Teil einer Erinnerungskultur zu sein. Wir werden von vielen Gedenkorten mit unseren Anliegen oft vertröstet und wenig ernst genommen. Andere Gedenkorte, wie zum Beispiel der Gedenkort in Brandenburg, arbeiten mit uns aktiv zusammen und unterstützen uns in der Umsetzung unserer Ideen. Auch unser Engagement in der Mitarbeit im Förderkreis des Gedenkortes T4 (Thomas Künneke ist 2 Vorsitzender) steht vielen negativen Erfahrungen gegenüber. 

Wir können auf viele Aktionen in den Jahren 2013 und 2014 und im Jahr 2018 verweisen. Insbesondere unsere Ausstellung „Begegnung einer möglichen Vergangenheit“, „Unwertes Leben on Tour“, ein Peerprojekt 2018 mit Menschen mit Lernschwierigkeiten und unsere Aktionen beim Sommercamp in Duderstadt stehen für unsere anhaltendes Engagement. Von unserem Namenslese-Marathon haben wir auch ein kleines Video mit einem kurzen Interview mit dem Inklusionsbotschafter Birger Höhn gemacht. Das Video findet ihr unter: https://youtu.be/GQYM-ajajVw

kobinet-Nachrichten: Wie kann man die Kellerkinder bei den Aktionen unterstützen, bzw. was wünschen Sie sich?

Eileen Friesecke: Wir brauchen Menschen, die uns unterstützen. Wir haben ein Gedenkzelt (6 x 12m) gestaltet, dass an die Opfer der NS-„Euthanasie“ erinnern soll, Wir würden dieses Gedenkzelt mit unserem Wissen gerne bei Veranstaltungen zur Verfügung stellen. Wir würden uns freuen, wenn wir eingeladen werden, damit es eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, aber hierüber auch mit der Gegenwart geben würde. Gerade in unserer gesellschaftspolitischen Situation ist ein Erinnern und ein aktives Mahnen Bestandteil bürgerlichem Engagements gegen rechte Hetze und die Ausgrenzung von Menschen, die ein wenig anders sind. Und wir laden alle ein. 

kobinet-Nachrichten: Vielen Dank für das Interview.

Links zu Videos von Aktionen zum Thema Geh Denken von den Kellerkindern

Video vom Namens-Lese-Marathon vom 6./7. Juli 2019

Unwertes Leben on tour https://youtu.be/2sfm4xYY3mA

Begegnung einer möglichen Vergangenheit https://youtu.be/dXVJ-oMB5sM