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Die Lupe werden Sie benötigen

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Foto: #AlleinzuHaus

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BERLIN (KOBINET) "Haben Sie eine Lupe dabei? Diese werden Sie gleich benötigen!" Mit Flugblättern mit dieser Überschrift wurden am Wochenende eine Reihe von BesucherInnen des Tages der offenen Tür der Bundesregierung von behinderten Menschen vor dem Kanzleramt und vor dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales begrüßt. Damit wurden die BesucherInnen aufgefordert, genau hinzuschauen, wenn die Bundesregierung ihre vermeintlichen Erfolge verkündet.



Im folgenden dokumentieren die kobinet-nachrichten den Text des Flugblattes:

Haben Sie eine Lupe dabei?

Diese werden Sie gleich benötigen!

Sie gehen gerade in das „Bundesministerium für Arbeit und Soziales“ (BMAS).

Dort wird man Ihnen erzählen, welche riesigen Fortschritte das Bundesteilhabegesetz für behinderte Menschen bringen wird. Hier stehen und sitzen diejenigen, die das Gesetz betrifft. Wir haben den Gesetzentwurf genau gelesen. Verbesserung haben wir nur mit der Lupe gefunden, dafür wird sich einiges verschlechtern. Das meiste bleibt aber mehr oder weniger so schlecht, wie es heute ist.

Wir möchten Ihnen dabei helfen, die „Lupe“ auf die einige der zahlreichen Kritikpunkte zu fokussieren:

Behauptung Nr. 1: „Das Wunsch- und Wahlrecht wird gestärkt“

Wahrheit: „Wunsch- und Wahlrecht“ klingt nach Luxus oder Großmut. In Wahrheit geht es oft um die Frage, wo und mit wem behinderte Menschen leben dürfen oder müssen, konkret um die Alternativen „eigene Wohnung“ oder „Heim“. Wenn Menschen viel Unterstützung brauchen, ist das Heim billiger. Das alte und das neue Gesetz sagen, dass die „Wünsche“ behinderter Menschen dann „erfüllt“ werden sollen, wenn sie „angemessen“ sind und nicht zu „unverhältnismäßigen Mehrkosten“ im Vergleich zu „zumutbaren“ Alternativen führen. Was „angemessen“, „zumutbar“ und „unverhältnismäßig“ ist, entscheiden zunächst die Sozialämter. Nur wenn man die Kraft hat, zu klagen, überprüfen es Gerichte. Das neue Gesetz wird aus mehreren Gründen zu einer erhöhten Anzahl von Konflikten führen:

–       Es bezeichnet jegliche Unterstützung durch andere Menschen als „Assistenz“, bevormundende Betreuung im Heim also genauso wie selbstbestimmte 1:1-Assistenz.

–       Die Heimkosten, die in den Vergleich eingehen, sinken, weil Zimmermiete und Verpflegung künftig aus anderen Töpfen gezahlt werden.

–       Als Vergleichsmaßstab für die Kosten werden in der Regel nur die Anbieter herangezogen werden, die im untersten Drittel liegen.

–       der Grundsatz „ambulant vor stationär“ entfällt.

Wir wollen keinen Luxus, sondern gleiche Rechte für Alle, auch für behinderte Menschen, die viel Unterstützung brauchen.

 

Behauptung Nr. 2: „Mehr vom Einkommen. Weniger zum Offenlegen.“

Wahrheit: Das BMAS wird Ihnen erzählen, wir müssten mit dem Teilhabegesetz einige hundert Euro weniger vom eigenen Einkommen für unsere notwendige Unterstützung zahlen. Das stimmt nicht. Viele bezahlen mehr als zuvor. Das BMAS rechnet sich die Beispiele schön: So wird in der Beispielrechnung die Miete mit 400 € angenommen. Für eine rollstuhlgerechte Wohnung werden aber durchaus 700 € fällig, in Großstädten auch deutlich mehr, da meist nur Neubauten barrierefrei sind. Zudem wird eine Entlastung, die Personen mit Pflegestufe 3 bislang bekommen, in der Modellrechnung einfach „vergessen“, obwohl sie nach dem neuen Gesetz entfällt.

 

Behauptung Nr. 3: Behinderte Menschen dürfen jetzt sparen und das Partnereinkommen und -vermögen wird endlich nicht mehr berücksichtigt.

Wahrheit: Es stimmt, dass Eingliederungshilfeempfänger künftig bis zu 50.000 € für ihre Eigenvorsorge sparen dürfen statt bislang 2.600 €. Auch wird der Partner nicht mehr herangezogen. Aber wer – wie sehr viele Schwerbehinderte – zusätzlich Hilfe zur Pflege bekommt, darf weiterhin grundsätzlich nur 2.600 € sparen und das Einkommen und Vermögen des Partners wird wie bisher herangezogen. Hier wird es zukünftig 2 Klassen von behinderten Menschen geben!

 

Behauptung Nr. 4: Das neue Gesetz stärkt die Selbstbestimmung und Teilhabe behinderter Menschen

Wahrheit: Das Gegenteil ist der Fall. Im neuen Gesetz wird erstmals rechtlich die Möglichkeit eröffnet, persönliche Assistenz für mehrere Menschen gemeinsam zu erbringen – gegen deren Willen! Der Tagesplan muss dann mit anderen, wildfremden behinderten Menschen koordiniert werden, man muss sich in räumlicher Nähe zueinander aufhalten, Unternehmungen sind nur noch in der „Behindertengruppe“ möglich statt mit den eigenen Freunden und man hat keine Möglichkeit mehr, sich auszusuchen, wen man als Assistent möchte oder eben auch nicht.

 

Behauptung Nr. 5: Jeder behinderte Mensch wird die Unterstützung bekommen, die er braucht.

Wahrheit: Laut Gesetzentwurf haben nur noch Menschen einen Rechtsanspruch auf Eingliederungshilfe, die in 5 von 9 im Gesetz genannten „Lebensbereichen“ Unterstützung brauchen. Benötigt jemand z.B. nur Hilfe bei der Kommunikation, weil er gehörlos ist – hat er keinen Anspruch mehr auf Hilfe. Ihm können dann allenfalls nach Ermessen „im Einzelfall“ Leistungen bewilligt werden. Wer die Praxis kennt, weiß, dass „Ermessen“ leider oft ein anderes Wort für Willkür ist.

 

Das sind nur die Probleme, die am leichtesten zu erklären sind, doch es gibt noch viele weitere.

In der jetzigen Form ist das #NichtMeinGesetz! Wir möchten, dass jeder Mensch mit Behinderung gleichberechtigt mit anderen und selbstbestimmt, mit der notwendigen Unterstützung #alleinzuhaus leben darf und nicht gegen seinen Willen in ein Heim oder eine Wohngruppe gezwungen werden kann.

www.nichtmeingesetz.de