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Systematischer Betrug bei Pflegediensten

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MüNCHEN (KOBINET) Zu den aktuellen Meldungen über die Ermittlungen des Bundeskriminalamts (BKA) gegen betrügerische Pflegedienste in Milliardenhöhe erklärten Christoph Jaschke und Jörg Brambring, Geschäftsführer der Heimbeatmungsservice Brambring Jaschke GmbH, dass die kriminellen Machenschaften ihrer Einschätzung nach dramatisch zugenommen haben.



Es handele sich dabei, wie dies auch in einer Diskussionsrunde beim MAIK – Münchner außerklinischer Intensiv Kongress 2014 – von Journalisten bestätigt wurde, die schon lange in diesem Bereich recherchierten, um mafiöse Strukturen. Neben den Leistungserbringern gehörten hierzu auch weitere Berufsgruppen wie Ärzte, Hilfsmittelprovider, Therapeuten, Sozialdienste etc.. Schon bei der Entlassung aus der Klinik beginne sich das mafiöse Räderwerk zu drehen.

„Und es dreht sich immer schneller, da die Anzahl der Menschen, die außerklinisch beatmet werden, in Deutschland nach allgemeinen Schätzungen um ca. 15 Prozent jährlich zunimmt. Gleichzeitig fehlen Fachkräfte, die diese Versorgungen nach geltenden Vertrags- und Qualitätsstandards überhaupt erfüllen können. Wegen des wirtschaftlichen Drucks, unter dem die Kliniken durch die geltenden Fallpauschalen (DRG´s) stehen, werden die betroffenen Menschen oft an unqualifizierte Dienstleister entlassen. Und an dieser Schnittstelle klinken sich mafiöse Dienstleister ein, die den Druck und die Notlage der Betroffenen und ihrer Angehörigen schamlos ausnutzen“, so Jaschke und Brambring.

Die Masche sei schon lange bekannt: „Zunächst erbringt der ambulante Pflegedienst die vom Arzt verordneten Leistungen. Wenn etwas Zeit verstrichen ist, wird den Betroffenen und/oder seinen Angehörigen mitgeteilt, dass man leider nicht mehr in der Lage sei, den vollen Umfang der Leistung zu erbringen. Um die Versorgung dennoch zu gewährleisten, wird den Angehörigen angeboten, in der Versorgung mitzuarbeiten. Da man dies aber auf Grund der fehlenden Ausbildung nicht arbeitsvertraglich fixieren könne, bietet der Dienstleister an, die Stunden ’schwarz‘ zu vergüten. Damit den Krankenkassen nicht auffällt, dass es in der Stundenabrechnung Unregelmäßigkeiten gibt, einigt man sich darauf, dass der Betroffene oder sein Betreuer die Leistungsnachweise pauschal abzeichnet, also nicht den tatsächlich erbrachten Leistungsumfang. Durch die Unterschrift auf dem Leistungsnachweis und die erhaltene Vergütung werden der Klient und/oder die Angehörigen zu Mittätern gemacht. Dieses System ist von außen – ohne die nötige Expertise – kaum zu erkennen“, berichten Jaschke und Brambring. Über die Abrechnung nicht erbrachter Leistungen würden die Krankenkassen geplündert und das Geld der Versicherten in die Kanäle von Betrügern geleitet. Es fehle den Versicherten an anderer Stelle.

„Deshalb fordern wir seit langem in Gesprächen mit Politikern aller Parteien bessere Prüfungen und mehr Kontrollbefugnisse für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Um die Manipulationen von Dokumenten und Dienstplänen zu verhindern, müssen die Prüfungen ohne vorherige Ankündigung erfolgen. Des weiteren müssen Pflegedienste, die außerklinisch beatmete Menschen versorgen, ein Zulassungsverfahren durchlaufen und diese Pflegedienste müssen dazu verpflichtet werden, eine Zusatzvereinbarung zu unterzeichnen, in der sie die Einhaltung aller geltenden Standards und den Einsatz von Pflegefachkräften bestätigen“, fordern Jaschke und Brambring. Ganz besonders wichtig sei die Gewährleistung des Informantenschutzes, denn Hinweise kommen größtenteils aus den Reihen der Betroffenen und/oder der Angehörigen. Die weitere Versorgung müsse sichergestellt sein, wenn ein Betrug aufgedeckt wird. Denn oft werde aus Angst geschwiegen.

Schon 2013 habe Transparency International Deutschland in einer Studie mit dem Titel „Transparenzmängel, Betrug und Korruption im Bereich der Pflege und Betreuung“ auf gravierende Mängel und fehlende Kontrollen hingewiesen. Die Arbeit dort werde fortgeführt. Auch Transparency International schlägt vor, genauer in diesen speziellen Versorgungsformen hinzusehen und die Dienstleister unangemeldet einer Rechnungsprüfung zu unterziehen. „Wir bedauern es sehr, dass durch die Berichterstattung unsere ganze Branche in Verruf gerät. Denn die Mehrheit der ambulanten Pflegedienste arbeitet hervorragend und gewissenhaft“, so Jaschke und Brambring.