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Jetzt wird es ernst

5. Mai 2015
5. Mai 2015
Foto: Irina Tischer

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5. Mai 2015
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5. Mai 2015
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5. Mai 2015
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5. Mai 2015
Foto: Irina Tischer

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5. Mai 2015
Foto: Irina Tischer

UNBEKANNT (KOBINET) Trotz Lokführerstreik und trotz vermeintlicher Politikverdrossenheit haben behinderte Menschen am gestrigen Europäischen Protesttag für die Gleichstellung behinderter Menschen wieder wichtige Zeichen gesetzt. In Berlin, Stuttgart, München und Dresden schallten beispielsweise die Rufe nach einem guten Bundesteilhabegesetz durch die Straßen, schreibt kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul in seinem Kommentar zum gestrigen Europäischen Protesttag für die Gleichstellung behinderter Menschen.



Trotz Lokführerstreik und trotz vermeintlicher Politikverdrossenheit haben behinderte Menschen am gestrigen Europäischen Protesttag für die Gleichstellung behinderter Menschen wieder wichtige Zeichen gesetzt. In Berlin, Stuttgart, München und Dresden schallten beispielsweise die Rufe nach einem guten Bundesteilhabegesetz durch die Straßen. Und in vielen anderen Städten, wie heute in Würzburg und morgen in Köln stehen noch Veranstaltungen zum Bundesteilhabegesetz und zur Inklusion auf der Tagesordnung. Allein schon die Tatsache, dass seit 1992 der Europäische Protesttag für die Gleichstellung behinderter Menschen stattfindet und seither jährlich hunderte von Veranstaltungen allein in Deutschland durchgeführt werden, zeigt, dass es in Sachen Inklusion und Menschenrechte behinderter Menschen noch sehr viel zu tun gibt.

Dass der Protesttag in diesem Jahr eine besondere Bedeutung hat, wurde bei der Demonstration und Kundgebung in Berlin vom Kanzleramt zum Brandenburger Tor deutlich. Denn den TeilnehmerInnen wurde von verschiedenen RednerInnen deutlich gemacht, dass es jetzt ernst wird. Viel ist in den letzten Jahren über Inklusion, Teilhabe etc. geredet worden, nun ist die Bundesregierung am Zug, den Worten Taten folgen zu lassen, denn sie hat versprochen im Herbst einen Gesetzentwurf für das viel diskutierte Bundesteilhabegesetz vorzulegen. Nach neun Sitzungen der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz im Bundesministerium für Arbeit und Soziales gilt es nun, den politischen Druck zu entfalten, dass den vielen Fakten nun auch der politische Wille für wirkliche Veränderungen im Sinne der Inklusion folgt. Und die Zeit des Abwartens vonseiten der Abgeordneten, die bisher auf den laufenden Beteiligungsprozess verweisen konnten, geht auch zu Ende. Denn nun sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestages gefordert, ihren politischen Willen gegenüber der Bundesregierung deutlich zu machen und am Ende ein gutes Gesetz zu verabschieden. Aber auch die Länder sind nun zunehmend gefordert, ihre Stimme zu erheben, denn das Bundesteilhabegesetz ist im Bundesrat zustimmungspflichtig und die Länder können trotz großer Koalition ihre Stimme für ein gutes Gesetz in die Waagschale werfen. Bereits für Freitag wird ein klares Statement im Bundesrat erwartet, womit die Bundesregierung an die versprochenen fünf Milliarden Euro für die Entlastung der Träger der Eingliederungshilfe erinnert wird.

Dass neben der zuweilen komplizierten politischen und Gesetzesrhetorik an vielen Stellen konkreter Handlungsbedarf besteht, hat vor kurzem die Staatenprüfung Deutschlands durch den UN-Fachausschuss zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention eindrücklich bewiesen. Von schallenden Ohrfeigen in Sachen Menschenrechte behinderter Menschen für die Bundesregierung war daher bei den gestrigen Veranstaltungen zum Europäischen Protesttag für die Gleichstellung behinderter Menschen zurecht die Rede. Nächstes Jahr muss Deutschland dem Ausschuss berichten, was sie zwischenzeitlich getan hat, um die vielfältigen Empfehlungen des Ausschusses umzusetzen.

Die TeilnehmerInnen der Protestveranstaltungen haben gestern aber vor allem die besten Argumente geliefert, warum ein gutes Bundesteilhabegesetz längst überfällig ist. So kann es nicht weiter angehen, dass behinderte Menschen und ihre PartnerInnen arm und vor dem Sozialamt klein gemacht werden, weil die Anrechnung des Einkommens und Vermögens immer noch nicht abgeschafft wurde. Kleinere Korrekturen in diesem Bereich, wie es von Andrea Nahles anklingt, dürfen dabei keine Kosmetik werden. Es muss sicher gestellt werden, dass sich behinderte Menschen und ihre PartnerInnen zukünftig nicht mehr vor den Sozialämtern ausziehen und die vielfältigen bürokratischen Hürden mühsam durchlaufen müssen, nur weil sie auf Unterstützung und Assistenz angewiesen sind. Vor allem dürfen sie im Vergleich zu nichtbehinderten Menschen nicht mehr benachteiligt werden, nur weil sie aufgrund ihrer Behinderung auf Hilfen angewiesen sind. Mit einem Bundesteilhabegeld muss zudem eine Absicherung des behinderungsbedingten Bedarfs geschaffen werden, um nicht ständig wegen jeder nötigen Hilfe beim Sozialamt auflaufen zu müssen. Die Türen der Sondereinrichtungen müssen endlich durch die Schaffung von inklusiven Alternativen und die Stärkung der Wahlmöglichkeiten für die Inklusion behinderter Menschen aufgerissen werden. Und es braucht eine gute unabhängige Beratung im Sinne des Peer Counseling, also der Beratung von behinderten für behinderte Menschen. Vor allem braucht es aber das nötige Geld, um die Träger der Eingliederungshilfe in den Ländern und Kommunen endlich zu entlasten. Daher geht der Kampf für die von den Spitzen der CDU/CSU und der SPD entzogenen versprochenen fünf Milliarden Euro für die Entlastung in Sachen Eingliederungshilfe weiter. Denn behinderte Menschen sind es leid, ständig mit den steigenden Kosten der Eingliederungshilfe vor Ort konfrontiert und damit in ihren Rechten beschnitten zu werden.

„Wenn nicht jetzt, wann dann“ lautet also die Frage, da das lange diskutierte Bundesteilhabegesetz vor der Tür steht. Jetzt gilt es, die Aktivitäten für ein gutes Bundesteilhabegesetz zu intensivieren und bei den Abgeordneten des Deutschen Bundestages, bei den Mitgliedern der Bundesregierung und in den Ländern Druck zu machen. Die Lobby, die sich für die Sicherung der ausgeprägten Sondersysteme und gegen Veränderungen im Sinne der Selbstbestimmung, Teilhabe und Inklusion stark macht, ist schon lange gut aufgestellt. Nun gilt es, dass die Stimme der behinderten Menschen und ihrer Angehörigen, die sich für Inklusion einsetzen, diese Lobby endlich einmal übertönt. Denn wenn die Chance für ein gutes Bundesteilhabegesetz nicht genutzt wird, kann es wieder viele Jahre bis zu einer möglichen nächsten Gesetzesreform dauern.