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Systemwechsel in der Pflege nötig

Dr. Sigrid Arnade
Dr. Sigrid Arnade
Foto: ISL

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Dr. Sigrid Arnade
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BERLIN (KOBINET) Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. - ISL hat heute die Forderung nach einem Systemwechsel in der Pflege bekräftigt. Der Behindertenverband vermisst im Entwurf zum 5. SGB XI – Änderungsgesetz (5. SGB XI -ÄndG) den Rückbezug zur UN-Behindertenrechtskonvention, die auch für Menschen gilt, die Pflege oder Assistenz benötigen. "Wir teilen zwar die mit diesem Gesetzesentwurf verfolgten grundsätzlichen Anliegen, die Situation von Menschen zu verbessern, die auf Hilfe durch Pflege oder Assistenz angewiesen sind", betonte ISL-Geschäftsführerin Dr. Sigrid Arnade bei einer Verbändeanhörung, "dem Gesetzentwurf fehlt jedoch eine durchgängige menschenrechtliche Perspektive." Vor dem Hintergrund der UN-Konvention, den bekannten Missständen in den Heimen und dem Wunsch der Menschen, zu Hause und nicht in Einrichtungen zu leben, plädiert die ISL deshalb entschieden für einen grundsätzlichen Systemwechsel mit einem flächendeckenden Ausbau ambulanter Versorgungsstrukturen und gleichzeitiger Stärkung und Verbreitung der persönlichen Assistenz.



Ferner kritisiert die ISL, dass im Entwurf nach wie vor stationäre Lebensformen gegenüber Sachleistungen durch Pflegedienste und diese wiederum gegenüber selbst organisierten Modellen finanziell begünstigt werden. Vorgesehen seien laut Spiegel online vom 5. April 2014 ca. 300 Millionen Euro für ambulante Dienste und eine Milliarde Euro für stationäre Einrichtungen. „Während wir kleineren Organisationen uns im Projektdschungel verlaufen und dabei die Kontrollhölle erleben, indem wir teilweise zwei finanzielle Verwendungsnachweise in einem Jahr einreichen und jeden ausgegebenen Cent begründen müssen, uns also ein nicht nachvollziehbares Misstrauen entgegen gebracht wird, wird über stationäre Einrichtungen das Geld per Gießkanne fast ohne jegliche Kontrolle ausgeschüttet“, wundert sich Arnade.

Positiv am vorliegenden Gesetzentwurf sieht die ISL jedoch, dass Leistungstypen in Zukunft flexibler kombinierbar sein sollen als bisher, was der Lebenswirklichkeit der Betroffenen entspricht. Das betreffe beispielsweise die Kombinierbarkeit von Verhinderungs- und Kurzzeitpflege. Ähnlich positiv werden die niedrigschwelligen Versorgungs- und Entlastungsangebote eingeschätzt, die dazu betragen können, schwierige Konstellationen in vielen Familien zu entschärfen. „Die Anhebung der Leistungen halten wir ebenfalls für sinnvoll“, so Arnade, „dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die bisherigen Steigerungen zwischen zwei und über sechs Prozent recht willkürlich wirkten.“ Besonders begrüßt die ISL die Erhöhung der Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, da so ein Verbleib pflegebedürftiger Menschen in ihrer vertrauten Umgebung ermöglicht werde. Ebenfalls positiv werden die verstärkten Anreize für die Realisierung ambulant beteuter Wohngemeinschaften beurteilt.

„Wir sind auch positiv überrascht von der Berücksichtigung der Genderperspektive, die in dem Entwurf deutlich wird und die wir in der Vergangenheit vermisst haben“, so Arnade. „Jedoch fehlt nach wie vor das Recht von Frauen auf eine Pflegeperson des gleichen Geschlechts. Dies wäre im Sinne der Gewaltprävention sinnvoll, wie erst kürzlich die Studie `Violence against women: an EU-wide survey´ gezeigt hat, die im März 2014 von der Grundrechtsagentur der EU (FRA) veröffentlicht wurde“.

Der Gesetzentwurf soll noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden. In Kraft treten sollen die Änderungen zum 1. Januar 2015.