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Vor einem deutschen Sozialgericht im Jahre 5 nach BRK

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FRANKFURT A.M. (KOBINET) In dieser Woche klagte ein behinderter Antragsteller vor einem Sozialgericht gegen "sein" Sozialamt auf Kostenübernahme für die Persönliche Assistenz nach dem Arbeitgebermodell. Als er im Hinblick auf die BRK gegen seinen Einkommens- und Vermögenseinsatz klagte, bezweifelte der Kostenträger plötzlich seinen Bedarf, halbierte ihn und versagte dann auch noch den Rest durch die Einkommensanrechnung. Harald Reutershahn kommentiert das Verfahren.

In der ersten Erörterung machte das Gericht klar, dass es beide Klagen abweisen könne. Denn erstens begründe die Behindertenrechtskonvention keine Leistungen und zweitens wäre der Kläger wohl durch die frühere Versorgung durch seine Ehefrau wohl etwas verwöhnt. Die Halbtagesassistenz sehe das Gericht als überzogen an. Vehement beharrte das Gericht darauf, dass die begehrte Hilfe der Pflege und nicht der Eingliederungshilfe zuzuordnen wäre. Die Gründe hierfür wurden nicht transparent.

Das Gericht führte die Parteien zu einem Vergleichsvorschlag, der beinhaltete, dass die Klage gegen die Einkommens- und Vermögensanrechnung zurückgezogen wird und dafür die alten Leistungen weitergezahlt werden. Hinzu käme, dass das abbezahlte Einfamilienhaus des Klägers mit den Leistungen des Sozialamtes belastet wird.

In welcher Zeit leben wir denn?

Ein Kommentar von Harald Reutershahn

Die mir berichtete Verhandlung hätte so in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts stattfinden können. Dem Gericht ist die nochmalige Lektüre der BRK zu empfehlen. In der Rechtssache sind die Artikel 5, 9, 12, 19, 22, 23 und 28 tangiert. Dass vielerorts Sozialgerichte aller Instanzen die Konvention in die Urteilsfindung einbeziehen, hat man anscheinend dort nicht registriert. Ich stelle mir die Frage, ob man die Streichung der Kostenerstattung für die Assistenz nicht als Rache oder sogar als Nötigung verstehen müsste?

Wie dem auch sei. Diese Verhandlung ist eine logische Folge der Verweigerung der Regierenden seit Gültigkeit der Behindertenrechtskonvention, diese mit Leben zu erfüllen. Unzählige Veranstaltungen zum Thema gab es schon. Absichtserklärungen ebenfalls. Alles wurde jedoch sofort diffus, sobald man sich Konkretem auch nur näherte.

Dem Kläger bleibt hier keine Alternative. Bleibt er bei seiner Klage gegen die Einkommens- und Vermögensanrechnung, muss er für weitere Jahre auf die Erstattung der weiterlaufenden Assistenzkosten warten. Und beiläufig wurde vom Gericht erwähnt, dass die infrage kommende Kammer der zweiten Instanz nicht dafür berühmt sei, in solchen Rechtssachen zu anderen Ansichten zu kommen.

Ein deutlicheres Signal in Richtung Gesetzgeber kann es nicht geben. Für mich ist dieser Vorgang ein überdeutlicher Beweis dafür, dass die derzeit noch ungleich verteilte Macht zwischen Antragsteller und Kostenträger zum Missbrauch verleitet. Das Teilhabegesetz muss hier für einen Ausgleich sorgen.

Menschen mit Behinderung brauchen einen rechtssicheren Anspruch und keine „Gewährung“ nach Gutsherrenart. Der Antrag muss offen geprüft werden. Heute wird ihm in aller Regel mit größten Misstrauen und einem Abwehrreflex begegnet. Bei der Schaffung eines Teilhabegesetzes müssen endlich Menschenrechte in die Mitte der Betrachtungen gerückt werden, und das zügig. Entlastungen von irgendwelchen Haushalten dürften höchstens eine sekundäre Rolle spielen.