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STUTTGART (KOBINET) Das Landessozialgericht Baden-Württemberg stellte mit seiner Entscheidung vom 26. September 2012 die KFZ-Förderung für Menschen mit Behinderung auf juristisch sicheren Boden. Bis dahin waren diese Menschen darauf angewiesen, dass die Kostenträger die bestehenden Gesetze nicht freihändig in ihrem Sinne interpretierten, berichtete heute Heinrich Buschmann den kobinet-nachrichten. Nun hat sich die Deutsche Gesellschaft für Rehabilitation in einer Ausarbeitung dieses Urteils angenommen. Damit dürften die letzten Bedenken zerstreut sein. Für die kobinet-nachrichten sprach Harald Reutershahn mit dem MMB-Vorsitzenden Heinrich Buschmann.
kobinet: Wie erklären Sie sich, dass dieses Urteil des LSG nicht längst Furore gemacht hat?
Buschmann: Die Tragweite des Urteiles wurde auch uns erst nach und nach bewusst. Wir haben die Zeit genutzt, dieses Urteil zu analysieren. Diese Analyse haben wir auf die MMB-Internetseite gestellt. Dort steht sie nun und wurde noch von keiner Seite angegriffen.
kobinet: Nun hat auch die Deutsche Vereinigung für Rehabilitation dieses Urteil besprochen. Fühlen Sie sich in Ihrer Einschätzung bestätigt?
Buschmann: Durchaus. Bemerkenswert ist die Betonung der Bedarfsdeckung, die sich keineswegs auf einen sozialen Mindeststandard beschränkt. Das Urteil könnte das Aus für viele Behindertenfahrdienste bedeuten. Denn Limitierungen der Fahrzeuge und der Fahrten, egal ob in Form von Höchstbeträgen oder Höchstentfernungen, wurden als unzulässig erklärt. Das Gericht betonte in seiner Entscheidung, dass in der Folge die Fahrdienste so teuer werden können, dass die Förderung der individuellen Mobilität günstiger käme.
kobinet: Auf was stützte das Gericht diese Ansicht?
Buschmann: Natürlich auf den § 8 der Eingliederungshilfeverordnung, aber auch auf den Artikel 20 der Behindertenrechtskonvention, allerdings in der, im Gegensatz zur deutschen Fassung verbindlichen, französischen UN-Amtssprache.
kobinet: Die Eingliederungshilfeverordnung spielt ja auch eine wichtige Rolle in Ihrer Auseinandersetzung mit den bayerischen Bezirken.
Buschmann: Richtig. Diese Verordnung wurde von den Bezirken in Absprache untereinander völlig falsch ausgelegt. Das Sozialgericht München hat diesen Fehler korrigiert. Daraufhin legten die Bezirke Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Trotz des Urteiles des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, das die Beurteilung der bayerischen Kollegen der ersten Instanz zwar in einer anderen, aber durchaus vergleichbaren Auseinandersetzung bestätigte, hält der Bezirk Oberbayern an seinem Rechtsmittel fest. Die Menschen in den Bezirksverwaltungen gehen nicht das geringste Risiko ein. Gewinnen sie, erhalten Sie Fleißkärtchen, verlieren sie, dann waren halt die Gesetze nicht so, wie man das gerne hätte. Auf der anderen Seite stehen jedoch Menschen, die durch eine solche Behördenwillkür über Gebühr belastet werden.
kobinet: Was wurde eigentlich aus dem Beschluss des Landtages? Der Landtag hat ja einstimmig beschlossen, die Staatsregierung aufzufordern, auf die Bezirke dahingehend einzuwirken, dass diese die Gesetze richtig interpretieren und auch die Inklusion fördern sollen.
Buschmann: Angeblich haben die Abgeordneten keine Möglichkeit, die Durchsetzung des Beschlusses zu prüfen. Ich frage mich, was dann der Beschluss des Landtages sollte. War er nur für das Schaufenster gedacht? Bis jetzt konnten wir jedenfalls keine Änderung der Bewilligungspraxis in Bayern feststellen. Aber wir werden nicht locker lassen. Wir werden anhand von zahlreichen Beispielen aus der Praxis demonstrieren, wie unsozial es jenseits der Fernsehkameras im Freistaat zugeht. Wie sehr sich die weitgehend CSU-dominierten Bezirke von der sich sozial gebenden Parteispitze entfernt haben. Und das sicherlich mit deren voller Billigung. Wenn dem nicht so wäre, hätte man sicherlich längst mitbekommen, dass ein Bezirkschef mit geschwollenen Fingern aus München zurückkommt.
kobinet: Wieder zurück zum Bund. Erwarten Sie auch Auswirkungen des LSG-Urteiles auf das übrige Bundesgebiet?
Buschmann: Natürlich, das Urteil ist rechtskräftig. Es enthält so viele allgemeine Aussagen zur Bedarfsdeckung und zur BRK, dass von der Besonderheit des Einzelfalles keine Rede mehr sein kann. Das Gericht wollte Maßstäbe vorgeben, an denen auch andere Gerichte kaum noch vorbei kommen. Die Argumente im Urteil sind nachvollziehbar, auch ohne Jurastudium. Dies kann man nicht von allen Urteilen behaupten. Es wird mit Sicherheit mit seiner Einschätzung auch in das Leistungsgesetz einfließen, das nach der nächsten Bundestagswahl ganz oben auf der Agenda stehen soll.
kobinet: Apropos Bundestagswahl – Inklusion ein prominentes Wort in aller Munde. Glauben Sie an eine ernsthafte Umsetzung der UN-BRK in der nächsten Legislaturperiode?
Buschmann: Die Umsetzung muss auf jeden Fall geschehen und nicht erst als „Geschenk“ am Ende der Wahlperiode. In Deutschland leben ca. 13 Millionen Menschen mit Behinderung, aber – und dies vergessen die politisch Verantwortlichen – wir haben längst gut 30 Millionen direkt und indirekt von Behinderung betroffene Menschen. Wir fordern in unseren Netzwerken dazu auf, über diese Probleme zu sprechen, im Kreise der Verwandten, Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen. Niemand ist vor einer Behinderung sicher, es gibt keine Garantie auf ein gesundes, nichtbehindertes Leben. So sehen wir uns nicht als Mahner, sondern eher als Botschafter und informieren darüber, was geschieht, wenn der Fall doch eintritt. Alle wähnen sich in einem sicheren sozialen Netz geborgen und gut aufgehoben. Wir bereiten die Menschen auf das böse Erwachen, auf all die Unzulänglichkeiten und Lücken in unserem Sozialsystem vor und sensibilisieren die Wähler. Die Parteien wären gut beraten, das Thema Umsetzung der UN-BRK ernst zu nehmen. Niemand wünscht sich eine Behinderung, aber wir sollten den Menschen, die es trifft, die Sicherheit bieten, weiterhin als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger inmitten der Gesellschaft leben zu können.
kobinet: Herr Buschmann, wir bedanken uns für das Gespräch!
Weiterführende Links:
Urteil des LSG Baden Württemberg, Az.: L 2 SO 1378/11 vom 26.09.2012
Urteilsbesprechung der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation
Urteilsbesprechung auf der MMB-Homepage
http://www.mobil-mit-behinderung.de/media/downloads/36264.pdf,download
Übersicht über die Aktivitäten des Aktionsbündnis MMB, ForseA und IDM-Stiftung
http://www.mobil-mit-behinderung.de/content/pages/36055.htm