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BAD KREUZNACH (KOBINET) Markus Igel, der in einer Behinderteneinrichtung in Bad Kreuznach wohnt, hat die Übernahme angemessener Internetkosten als Leistung des weiteren, notwendigen Lebensunterhalts durch den Sozialhilfeträger auch für Heimbewohner mittels einer Klage vor dem Bundessozialgericht durchgesetzt. Wie er dies geschafft hat, hat der Rollstuhlnutzer nun für die kobinet-nachrichten aufgeschrieben.
Bericht von Markus Igel
Ich bin 25 Jahre alt, Rollstuhlfahrer, und wohne zur Zeit in einer Wohngemeinschaft im Reha-Zentrum der Kreuznacher Diakonie in Bad Kreuznach. Im Jahr 2007 habe ich in einem Rundbrief des Verbandes körperbehinderter Menschen (vkm) Bad Kreuznach über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart aus dem Jahr 2004 gelesen, dass ein Sozialhilfeempfänger einen Internetanschluss zugesprochen bekommen hat. Daraufhin habe ich mir überlegt, ob das für mich auch zutrifft. Ich hatte zwar schon einen Internetanschluss, den ich aber über den mir zur Verfügung stehenden Barbetrag (Taschengeld) finanzieren musste.
Also habe ich die Kostenübernahme für den Internetanschluss bei meinem Leistungsträger im Rahmen der Teilhabeleistungen (Eingliederungshilfe) beantragt. Ein paar Wochen nach der Antragsstellung habe ich mich telefonisch erkundigt, ob mein Antrag eingegangen sei. Die Sachbearbeiterin fragte mich, um welchen Antrag es sich handele und ob es um die Wohnheimkosten ginge. Ich habe ihr dann erklärt, dass ich einen Antrag auf Übernahme der Kosten für meinen Internetanschluss gestellt habe. Sie hatte den Antrag noch nicht vorliegen, konnte mir aber gleich sagen, dass sie so etwas noch nie gehört habe und keine Aussicht auf Bewilligung bestehe. Nach wiederum ein paar Wochen kam dann der ablehnende Bescheid mit der Begründung, die Flatrate für die Nutzung des Internets könne und müsse vom Barbetrag gezahlt werden, da die Kosten unter 20 € liegen.
Mit dieser Entscheidung wollte ich mich nicht zufrieden geben, da mir jeden Monat ohnehin nur insgesamt 94 € für persönliche Ausgaben zur Verfügung standen. Deshalb habe ich bei den JuristInnen des Bundesverbandes körper- und mehrfachbehinderter Menschen (bvkm) Rat gesucht. Frau Steinke war so freundlich, mir bei der Formulierung des Widerspruchs zu helfen. Sie war sich nicht ganz sicher, ob der Widerspruch zum Erfolg führen würde, da jedoch durch den Widerspruch keine Nachteile entstehen konnten, riet sie mir, Widerspruch einzulegen.
Meine Hoffnung auf Abhilfe war vergebens. Innerhalb eines Monats kam die Ablehnung des Widerspruchs, ebenfalls mit der Begründung, dass der Barbetrag einzusetzen sei. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart, auf das ich mich berufen hatte, beträfe einen anderen Sachverhalt, da der Kläger nicht im Heim wohne und deshalb keinen Barbetrag zur Verfügung habe. Diese Argumentation hat mich nicht überzeugt. Wenn ein Sozialhilfeempfänger außerhalb einer Einrichtung Anspruch auf die Übernahme der Internetgebühr hat, muss das auch für mich als Heimbewohner gelten.
Nun wollte ich es aber genau wissen, ob mein Rechtsempfinden so falsch lag, wie ich aus der Ablehnung meines Antrags entnehmen musste – oder ob nicht. Also nahm ich Kontakt auf zu einer Anwaltskanzlei in Berlin, die mich früher in einer Hilfsmittelangelegenheit bereits einmal erfolgreich vertreten hatte. Herr Bornemann von der Kanzlei ReAnwälte Goßens, Berlin, (Tel.: 030 30614142) erklärte sich sofort bereit, die Vertretung meiner Angelegenheit auf der Basis der Prozesskostenhilfe zu übernehmen. Er erhob fristgerecht Klage beim Sozialgericht. Wir haben uns in der Begründung der Klage wieder auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart bezogen sowie auf den Artikel 3 des Grundgesetzes, der eine Diskriminierung wegen Behinderung verbietet.
Das Sozialgericht Mainz gab meiner Klage und Auffassung recht, dass mir die Kosten für die Internetgebühren als Teilhabeleistung (§ 58 SGB IX) zu bewilligen sind. Damit wollte sich der Leistungsträger nun aber nicht zufrieden geben und legte Berufung beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in Mainz ein. Dort wurde 2010 mein Antrag abgelehnt, jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Das Landessozialgericht begründete die Ablehnung damit, dass der Barbetrag zur Kostendeckung ausreiche; es sei aber möglich, dass ein Anspruch nach § 58 SGB IX bestehe.
Rechtsanwalt Bornemann war mit mir der Meinung, dass die Sache nun höchstrichterlich am Bundessozialgericht in Kassel geklärt werden sollte. Zwei Jahre nach der für mich unbefriedigenden Entscheidung des Landessozialgerichts in Mainz hat das Bundessozialgericht in Kassel am 15.11.2012 in der Sache verhandelt. Da ich selbst vom Gericht nicht geladen war, hätte ich an der Verhandlung nicht teilnehmen können, wenn sich der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen nicht bereit erklärt hätte, einen Fahrtkostenanteil zu übernehmen. Es war mir sehr wichtig, den Abschluss des Verfahrens mit zu erleben.
Ein Urteil wurde vermieden, weil der vorsitzende Richter dem Vertreter des beklagten Sozialhilfeträgers die Rechtsauffassung des Senats dargelegte und die Anerkennung des Anspruchs des Klägers nahegelegt hat. Der Vertreter des Leistungsträgers hat sich daraufhin bereit erklärt, mir nun die angemessenen Internetkosten im Rahmen der Sozialhilfe (erweiterter Lebensunterhalt) zu gewähren.
„Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung (15.11.2012 BSG 8. Senat) einen Anspruch auf die Übernahme angemessener Internetkosten als Leistung des weiteren, notwendigen Lebensunterhalts – nicht als erhöhten Barbetrag bzw. als Eingliederungshilfe – in Ergänzung zu dem in der Einrichtung tatsächlich erbrachten Lebensunterhalts anerkannt, weil das Wohnheim des Klägers einen Internetzugang in keiner Form anbietet, die Nutzung des Internets vom Gesetzgeber jedoch zumindest seit dem 1.1.2007 (beruhend auf der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003) außerhalb stationärer Leistungen berücksichtigt wurde, dem auch im Rahmen stationärer Maßnahmen Rechnung zu tragen ist“, heißt es auf juris.de