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Freude aus Bayern über Wiederförderung von Werkstätten aus der Ausgleichsabgabe

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Foto: Irina Tischer

München (kobinet) Der Koalitionsvertrag stößt auf ganz unterschiedliche Reaktionen. Während Behindertenverbände diesen sehr kritisch bis enttäuschend einschätzen, kommt Jubel aus Bayern. Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf freut sich beispielsweise, dass der Koalitionsvertrag eine ganz klare soziale, bayerische Handschrift trägt. Vor allem freut sich die bayerische Sozialministerin über die Regelungen zu Werkstätten im Koalitionsvertrag, wo es heißt: "Wir wollen Werkstätten für behinderte Menschen erhalten und reformieren. Wir unterstützen dabei gleichzeitig auch das Ziel, dass mehr Menschen aus einer Werkstatt in den Arbeitsmarkt wechseln können". Ulrike Scharf betont dann: "Besonders wichtig ist mir, dass die Förderung von Werkstätten und Wohnheimen für Werkstattbeschäftigte aus der Ausgleichsabgabe wieder gesetzlich ermöglicht wird." Dies ist ein zentraler Punkt, der bei vielen, die für echte Inklusion eintreten für erhebliche Unzufriedenheit sorgt, weil damit wieder Millionen von Euro in Sonderwelten fließen, statt die Förderung der Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu beflügeln.

„Der Koalitionsvertrag trägt eine ganz klare soziale, bayerische Handschrift. Er macht den Weg frei für einen Politikwechsel in Deutschland. In ihm schlägt das Herz des sozialen Bayerns. Viele Forderungen zum Wohle der Menschen, für die ich mich lange eingesetzt habe, sind nun die Grundlage für das Regierungshandeln der neuen Bundesregierung. Ich werde mich aus Bayern für eine verantwortungsvolle Umsetzung der zahlreichen Vorhaben einsetzen“, erklärte Ulrike Scharf.

Der Sozialdezernent des Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat in Sachen Verwendung der Mittel aus der Ausgleichsabgabe für Sonderwelten zumindest beim Wohnen eine andere Ansicht als die bayerische Sozialministerin. Auf Facebook äußerte er sich zum Koalitionsvertrag u.a. wie folgt: „Die Werkstattreform wird kommen, um echte Teilhabechancen für Werkstattbeschäftigte zu schaffen, ohne die Existenz der Werkstätten zu gefährden. Die Übergänge auf den ersten Arbeitsmarkt sollen durch die Weiterentwicklung des Rentennachteilsausgleichs verbessert werden. Eine Flexibilisierung des Berufsbildungsbereichs und Anpassungen der Werkstättenverordnung sind notwendig, um eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Zudem muss eine höhere Bezuschussung der Werkstattentgelte kommen. Die Pauschalierung und Entbürokratisierung beim BTHG darf nicht zu Lasten der Personenzentrierung gehen. Es bleibt offen, wie die fiskalischen Auswirkungen des BTHG weiter geregelt werden – dazu nichts vereinbart. Eine Reform des BGG und die Verpflichtung privater Anbieter zur Barrierefreiheit ist notwendig. Die Verwendung der Ausgleichsabgabe für besondere Wohnformen kritisiere ich, da dadurch weniger Mittel für die Übergänge auf den ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen könnten.“
Für die LIGA Selbstvertretung ist die Wiedereinführung der Förderung von Werkstätten und Wohneinrichtungen aus der Ausgleichsabgabe ein absolutes No-Go und vor allem ein Einknicken der Koalitionäre gegenüber der Lobby der Aussonderungsindustrie. Wer solche Regelungen ernsthaft vorantreibe und Mittel, die von Arbeitgeber*innen gezahlt werden, weil sie nicht genug behinderte Menschen beschäftigen, für die Beschäftigung außerhalb des allgemeinen Arbeitsmarktes einsetzt, der habe nichts, aber auch gar nichts, in Sachen UN-Behindertenrechtskonvention verstanden, kritisiert die LIGA Selbstvertretung.