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Staufen (kobinet) Und zwar am 27. Februar. Was am 23. sein wird, weiß jedes Kind, das einen Wahlomat bedienen kann. Doch am 27. Februar? Nun, da kommt die längst überfällige Literaturbeilage Thema "Krieg". Mitte Februar kommt sie nicht, weil der Wahlkrampf in unser aller Köpfen das Denken lahmlegt. Und warum ausgerechnet am 27. Februar? Hier die Antwort.
Eine kleine Geschichtsstunde
Also, weshalb der 27. Februar? Weil er im doppelten Sinne ein historisches Datum ist. Am 27. Februar 2022 hielt Kanzler Scholz seine historische Zeitenwende-Rede im Bundestag, begeistertes Gejohle und Getrampel im Plenarsaal. Und am 27. Februar 2025 wird der Redner seinerseits bereits historisch sein. Niemand trampelt mehr, höchstens wird noch einmal nachgetreten. Nur mehr Spott und Hohn, denn Undank ist der Welten Lohn.
Ja, wir leben in großartigen geschichtsträchtigen Zeiten. Nur einmal große Sprüche kloppen und dann floppen, das ist zu wenig, über Zauderer geht die Historie hinweg. Zumal, wenn sie mit neuen Kriegen schwanger geht und zupackende Geburtshelfer gefragt sind. – Reichlich Stoff für eine kriegsertüchtigende Literaturbeilage zum Hauptgericht. Würde auch Oberst a. D. und Verteidigungsminister in spe Wüderich, Mist, den Vornamen verwechsle ich immer, Roderich Kiesewetter einräumen. Als ehemaliger Militär pflegt er einen literarisch ausgesprochen ambitionierten Stil. Spricht von „Pflanzen, die aufgezogen und gepflegt werden müssen“, wenn er „Produkte der europäischen Rüstungsindustrie meint“. Und ich füge hinzu, eine woke und diverse Bundeswehr braucht Metaphern und Maschinengewehre gleichermaßen und in gleicher Stückzahl. Ratatatata!
Onomatopoetisch, also lautmalerisch, geht es in der Literaturbeilage wie auch auf dem Schlachtfeld zu. Doch erhebt in der Beilage zuerst ein singender und klampfespielender Literaturnobelpreisträger (guess who?) seine Stimme. Und schlägt ganz andere Töne an. Divers eben und echt woke. In seinem Anti-Kriegs-Song wünscht er den Kriegsherren der Welt den Tod an den Hals. Nicht eher werde er ruhen, bis er sie im Grabe sieht, hinabgelassen und versenkt in die Grube. – Pietätlos? Mag sein, doch zumal in Kriegszeiten geht es nicht zimperlich zu. Sagte der scharfzüngige Publizist Kurt Tucholsky nicht „Soldaten sind Mörder“?
Und was hat die diesmalige Literaturbeilage, an der schließlich das Label Crip-Storytelling klebt, uns Behinderten zu bieten. Die wir bereits im kriegsvorbereitenden Getümmel unterzugehen drohen, ehe noch der erste Schuss gefallen und die Kampfhandlungen so richtig begonnen haben. Kiesewetter machte unlängst im Deutschlandfunk und in diesem Fall stilistisch unumwunden und literarisch ungeschönt darauf aufmerksam: Ein noch aktiver Kollege von ihm, ein General, habe ihm gesagt, mit der handvoll Leopardpanzer, über die er im bayrischen Raum gerade mal noch verfüge, könne er zwar Augsburg verteidigen, München aber schon nicht mehr. Ist das nicht beängstigend? – Unter diesen verteidigungspraktisch miserablen Umständen richte ich (wenn es sonst niemand aus unser kriegs- und verteidigungspolitisch in Schweigen versunkenen Community tut) einen dringenden inklusionspolitischen Appell an die kriegstüchtig ganz anders aufgestellte neue Bundesregierung: Zu den bereits zugesicherten kugelsicheren Westen und Kopfbedeckungen für Behinderte und chronisch kranke Menschen braucht es gepanzerte Rollstühle für Rollstuhlfahrer*innen. In Friedenszeiten dämpfen sie den andernfalls tödlichen Aufprall gegen SUVs, in Kriegszeiten mildern sie die Todesgefahr beim Zusammenprall mit einem russischen Kampfpanzer, gleichviel welcher Bauart, T34 und alle folgenden Modelle.
Bevor es ernst und unliterarisch wird, schließe ich diese Kolumne. Mit dem dringenden Appell nicht an die Regierung, sondern an alle in unserer Community, denen etwas an ihrem Leben und an der Literatur liegt: Seid keine geschichtsvergessenen Schlafmützen, stellt euch für den 27. Februar den Wecker und schaltet die kobinet-nachrichten ein!