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Freiwilligenarbeit inklusiv gestalten

Rollstuhlfahrer mit Rollibike vor einer grünen Wand mit der Aufschrift Quartierzentrum 22
Andy Müller - Teile dein Wissen - Martinsclub & Freiwilligen-Agentur Bremen
Foto: Frank Scheffka

BREMEN (kobinet) Oft wird  die Frage gestellt, was Menschen, die mit einer Behinderung leben, zum Gemeinwesen beitragen können – wo sie doch selbst auf Unterstützung angewiesen sind? Fragen wie diese sind nach wie vor in den Köpfen vieler Menschen verankert. „Sie können eine ganze Menge beitragen“, findet allerdings Hedwig Thelen, Teilhabekoordinatorin beim Martinsclub Bremen. „Menschen mit einer Beeinträchtigung werden noch immer unterschätzt. Dabei haben sie oft Fähigkeiten und Potenziale, von denen andere profitieren können – zum Beispiel in ehrenamtlichen Tätigkeiten. Sich freiwillig zu engagieren heißt, an der Gesellschaft teilzuhaben und einen wichtigen Job zu erledigen. Das geht auch mit einer Behinderung! Hier gilt es, das Ehrenamt inklusiv zu machen und behinderten Menschen den Weg in die Freiwilligenarbeit zu ermöglichen.“ Aus diesem Grund haben der Martinsclub und die Freiwilligen-Agentur Bremen das Projekt „Teile deine Zeit“ ins Leben gerufen.

Ab dem 29. Januar startet dazu ein spezieller Kurs, der auf eine freiwillige Tätigkeit vorbereitet. „Wir geben sozusagen ein Training für alle, die ein Ehrenamt ausüben möchten, sich aber zum Beispiel wegen einer Behinderung unsicher sind, wie sie diesen Schritt bewerkstelligen können. Gemeinsam wollen wir Stärken und Interessen herausfinden. Und schauen, welche Bereiche und Tätigkeiten infrage kommen und welche Einrichtungen entsprechende Ehrenämter zu vergeben haben“, erklärt Thelen. Insbesondere werde dabei auf spezielle Bedarfe und Fragen von Menschen eingegangen, die mit einer Beeinträchtigung leben. Thelen dazu: „Unser Ziel ist es, die Freiwilligenarbeit in Bremen inklusiver zu machen. Dabei können selbstverständlich alle mitmachen, ob mit oder ohne Beeinträchtigung.“

Die Gruppe trifft sich dazu ab dem 29. Januar immer mittwochs von 16:30 bis 18 Uhr in der Volkshochschule Bremen, Faulenstraße 69, 28195 Bremen. Die Teilnahme ist kostenlos. Wer sich für ein Ehrenamt interessiert und bei diesem Projekt mitmachen möchte, kann sich per per E-Mail oder unter der Telefonnummer 0421-53747799 melden.

Lesermeinungen

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Ralph Milewski
20.12.2024 19:26

Keine „Vorbereitung“, sondern Barrierefreiheit!

Der Artikel beschreibt ein gut gemeintes Projekt, das Menschen mit Behinderung auf die Freiwilligenarbeit vorbereiten soll. Doch der Ansatz zeigt deutlich, wo das eigentliche Problem liegt: Es sind nicht die Menschen mit Behinderung, die „vorbereitet“ werden müssen, sondern die Strukturen der Gesellschaft, die endlich zugänglich und barrierefrei gestaltet werden sollten!

1. Freiwilligenarbeit ist kein exklusiver Raum

Freiwilligenarbeit lebt davon, dass Menschen sich nach ihren Möglichkeiten einbringen – und das sollte auch für Menschen mit Behinderung selbstverständlich sein. Der Gedanke, sie bräuchten erst ein Training, bevor sie etwas beitragen können, ist herablassend und verstärkt das Stigma, dass sie weniger fähig seien als andere.

2. Die Lösung ist Barrierefreiheit

Anstatt „Vorbereitungskurse“ anzubieten, sollten die Veranstalter dafür sorgen, dass Barrierefreiheit gegeben ist – räumlich, kommunikativ und organisatorisch. Wenn die Orte und Strukturen zugänglich sind, kommen die Menschen mit Behinderung von ganz allein, weil sie Teil der Gesellschaft sein wollen, nicht, weil sie erst „fit gemacht“ wurden.

3. Sensibilisierung statt Sonderprogramme

Das Problem liegt oft bei den Organisationen, die Freiwillige aufnehmen, und nicht bei den Freiwilligen selbst. Sensibilisierung und Aufklärung wären viel wichtiger, um Vorurteile und Ängste bei Verantwortlichen abzubauen und Menschen mit Behinderung als gleichberechtigte Mitgestalter zu akzeptieren.

4. Inklusion lebt vom Miteinander, nicht vom separaten Training

Wenn wir Inklusion ernst meinen, dann sollten Menschen mit und ohne Behinderung von Anfang an gemeinsam an Projekten arbeiten. Sonderprogramme wie dieses laufen Gefahr, mehr Trennung als Integration zu schaffen.

Fazit:

„Unser Ziel ist es, die Freiwilligenarbeit inklusiver zu machen“, heißt es im Artikel. Das ist ein wichtiges Ziel, aber der Weg dorthin führt nicht über Sondertrainings, sondern über den Abbau von Barrieren und die Schaffung von Zugangsmöglichkeiten für alle. Nur so wird echte Inklusion möglich – und keine gut gemeinte, aber letztlich exkludierende Maßnahme.