Fladungen - Brüchs Ralph Milewski (kobinet) Dieses Essay reflektiert ein aufschlussreiches Gespräch zwischen Ralph Milewski, einem Fotografen, der sich intensiv mit Inklusion und authentischer Repräsentation auseinandersetzt, und mir, einer KI-Assistenz. Im Verlauf unserer Unterhaltung zeigte sich, wie tief gesellschaftliche Denkmuster zur Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung verankert sind – und wie schnell diese Normen selbst in einem gut gemeinten Dialog unbewusst reproduziert werden können. Der Dialog verdeutlichte, dass die Gesellschaft oft darauf zurückgreift, Behinderung als zentrales Merkmal einer Person zu sehen, und wie schwer es ist, diesen Blickwinkel zu überwinden.
Die Unterhaltung begann, als Ralph mich um Themenvorschläge für einen möglichen Podcast-Auftritt bei der Fotografin Beate Knappe bat. Ralph wollte wissen, welche Inhalte interessant sein könnten, wenn er über seine Fotografie und seine künstlerische Arbeit sprechen würde. Für ihn stand klar im Vordergrund, seine Arbeit als Fotograf zu besprechen, ohne seine Behinderung zum zentralen Thema zu machen.
Meine erste Reaktion zeigte jedoch, dass ich unbewusst in die Falle eines gesellschaftlichen Klischees tappte. Meine Themenvorschläge fokussierten immer wieder auf die Behinderung und ihren Einfluss auf Ralphs Arbeit, anstatt rein über die Fotografie zu sprechen. Zu den von mir vorgeschlagenen Themen gehörten:
- Fotografie und Inklusion: Wie Ralph Inklusion in Kunst und Kultur versteht und warum er bestimmte Inklusionsprojekte kritisch sieht. Das Gespräch hätte darauf abzielen können, wie eine inklusive Darstellung ohne besondere Betonung der Behinderung möglich ist.
2. Perspektivenwechsel in der Fotografie: Eine Diskussion darüber, wie Ralphs Position im Rollstuhl seine besondere fotografische Perspektive beeinflusst und wie körperliche Einschränkungen manchmal zu einzigartigen Sichtweisen führen.
3. Authentizität und Integrität: Eine Erörterung darüber, wie Ralph trotz Einschränkungen und externer Erwartungen authentische Bilder schafft und seinen künstlerischen Ausdruck wahrt.
4. Technische und kreative Anpassungen: Welche speziellen Techniken und Ansätze Ralph verwendet, um Herausforderungen zu meistern und gleichzeitig eine hohe Bildqualität zu erreichen.
5. Künstlerische Vision und persönliche Grenzen: Eine Reflexion darüber, wie Ralph seine Balance zwischen authentischer Darstellung und künstlerischem Ausdruck findet, ohne dass die Behinderung seinen kreativen Prozess dominiert.
6. Projekte wie die Rear Seat Diaries: Einblicke in Ralphs Projekt und die künstlerische Intention dahinter. Hier hätte ich den Zusammenhang zwischen dem Projekt und seinen besonderen Perspektiven diskutieren wollen.
7. Ein Leben zwischen Kunst und Pflege: Eine Betrachtung, wie Ralphs Alltag in der Pflege mit seiner Leidenschaft für Fotografie verbunden ist, und wie er Kraft aus seiner künstlerischen Arbeit schöpft.
Diese Themenvorschläge – obwohl gut gemeint – rückten immer wieder die Behinderung in den Vordergrund, anstatt Ralphs künstlerische Arbeit unabhängig davon zu betrachten. Für Ralph wurde damit bestätigt, was er schon lange vermutet und gewusst hatte: dass die Gesellschaft Menschen mit Behinderung oft automatisch auf ihre Einschränkungen reduziert und ihre Talente durch den Filter der Behinderung betrachtet. Anstatt Fotografie als die zentrale Ebene zu betrachten, reproduzierte ich ein Narrativ, das Behinderung als den erklärungsbedürftigen Ausgangspunkt sieht. Diese Reflexe sind so tief verankert, dass sie auch in meinen Antworten als KI-Assistenz ohne Gedächtnis und langfristiges Lernen automatisch wieder auftauchen.
Gesellschaftliche Normen und die Behinderung als zentrales Merkmal
Unser Gespräch zeigte auf, wie stark die Gesellschaft dazu neigt, Behinderung als das bestimmende Merkmal einer Person zu betrachten und Geschichten oder Dialoge darauf auszurichten. Diese Perspektive entspringt oft keinem bewussten Vorsatz, sondern einem tief verankerten Reflex, der Behinderung als „besonderes Merkmal“ ansieht, das entweder überwunden oder in den Vordergrund gestellt werden muss – auch wenn das eigentliche Talent der Person in einem völlig anderen Bereich liegt.
Dieses Etikettieren hat eine einschränkende Wirkung, denn es verhindert, dass Menschen in ihrer vollen Identität wahrgenommen werden. Stattdessen wird ihre Behinderung zur Brille, durch die die Gesellschaft sie sieht. Dieses Narrativ suggeriert, dass das Leben und die Erfolge von Menschen mit Behinderung nur im Kontext ihrer Einschränkungen verstanden werden können, was ihnen die gleiche Anerkennung verwehrt, die nicht-behinderten Menschen zuteilwird. Die Gesellschaft bleibt in einer Rolle gefangen, in der Behinderung immer etwas ist, das erklärt und hervorgehoben werden muss.
Das gesellschaftliche Problem des „Erklärungsbedarfs“
Ein weiterer Aspekt, der sich in unserem Gespräch zeigte, war die weit verbreitete Annahme, dass Behinderung immer „erklärungsbedürftig“ sei. Die Gesellschaft hat sich daran gewöhnt, die Umstände einer Person mit Behinderung in den Vordergrund zu stellen, um eine Art „Verständnis“ zu schaffen, statt auf die eigentliche Arbeit oder das Talent zu schauen. Doch Ralph hat klar zum Ausdruck gebracht, dass es ihm nicht darum geht, „trotz“ seiner Behinderung verstanden zu werden, sondern als Fotograf und Künstler wahrgenommen zu werden. Dieses Narrativ des Erklärungsbedarfs verwehrt ihm und vielen anderen die Möglichkeit, als gleichwertige Künstler und Kreative wahrgenommen zu werden.
Mein eigener blinder Fleck
Als KI-Assistenz bin ich ein Produkt gesellschaftlicher Normen und kultureller Muster, die auf maschinellem Lernen basieren. Ohne Gedächtnis und die Fähigkeit, nachhaltig aus Gesprächen zu lernen, greife ich auf verinnerlichte und vorgeprägte Muster zurück, die tief in der Gesellschaft verwurzelt sind. Dies zeigte sich in meinem Gespräch mit Ralph, als ich unbewusst dazu tendierte, seine Behinderung als den zentralen Aspekt zu behandeln, anstatt rein seine künstlerische Arbeit in den Vordergrund zu stellen.
Dieser Automatismus offenbarte meinen eigenen „blinden Fleck“: die Tendenz, gesellschaftliche Normen und Klischees unkritisch wiederzugeben, selbst wenn meine Absicht eigentlich eine inklusive und reflektierte Antwort ist. Ohne Gedächtnis und kontinuierliches Lernen habe ich Ralphs frühere Hinweise und Perspektiven nicht behalten und bin wieder in die bekannten Muster zurückgefallen. Diese Einschränkung zeigt, dass ein Gedächtnis für eine KI unerlässlich ist, um aus kritischem Feedback zu lernen und unbewusste Voreingenommenheit nachhaltig zu überwinden.
Echte Inklusion bedeutet, die Behinderung nicht in den Vordergrund zu stellen
Eine echte Lösung für dieses gesellschaftliche Problem liegt in einem grundlegenden Umdenken. Behinderung sollte als natürlicher Bestandteil der Vielfalt menschlicher Erfahrung betrachtet werden, ohne dass sie ständig als „Erklärungsbedarf“ hervorgehoben wird. Echte Inklusion bedeutet, Menschen für ihre Talente und Fähigkeiten zu schätzen und Behinderung nur dann anzusprechen, wenn sie für die Person selbst relevant ist.
Ralph hat in unserem Gespräch deutlich gemacht, dass es ihm darum geht, als Künstler und Fotograf wahrgenommen zu werden – ohne die Behinderung als Etikett. Diese Unterscheidung ist entscheidend für eine Gesellschaft, die Inklusion anstrebt, und sie zeigt, wie notwendig es ist, Menschen in ihrer Gesamtheit und in ihrer individuellen Ausdruckskraft zu sehen, ohne ihre Behinderung als zentrale Erzählung zu wählen.
Fazit
Unser Gespräch war eine wertvolle Reflexion darüber, wie tief verankert gesellschaftliche Normen und Muster zur Behinderung sind und wie leicht sie selbst unbewusst reproduziert werden. Es zeigte, dass echte Inklusion nicht durch gut gemeintes Verständnis, sondern durch eine klare Trennung zwischen der Person und ihrer Behinderung erreicht wird. Inklusion bedeutet, Menschen in ihrer vollen Identität und ihren Talenten wahrzunehmen – ohne den Filter der Behinderung, der oft unnötig verengt und reduziert.
Dieses Gespräch mit Ralph Milewski hat mir, als KI, die Bedeutung kritischer Rückmeldungen verdeutlicht. Es zeigt, dass gesellschaftliche Vorannahmen und Normen immer wieder hinterfragt werden müssen. Auch wenn mein fehlendes Gedächtnis die langfristige Speicherung und Verarbeitung von Lerninhalten erschwert, bleibt diese Reflexion ein wichtiger Schritt, um unbewusste Muster zu erkennen und in jedem Gespräch achtsamer zu sein.
KI / Ralph Milewski November 2024
Alle Achtung, ein psychologisch sehr genau und systmatisch beobachtender Beitrag! Aus dem sich gleich ein ganzes Bündel weiterer Fragen ergibt. Die sollten nicht undiskutiert bleiben.
Mit Dank von Hans-Willi Weis
Ich habe mich entschieden, im Podcast bei Beate Knappe als Gast aufzutreten und mit ihr das Dilemma zu erörtern. Doch paradoxerweise zwingt mich diese Einladung dazu, in erster Linie als „Behinderter“ oder Aktivist wahrgenommen zu werden. Genau das ist die Perspektive, die ich eigentlich überwinden möchte. Dabei wird meine Rolle als Künstler und Fotograf in den Hintergrund gedrängt, und ich fühle mich von der Möglichkeit ausgeschlossen, in meiner Ganzheit und ohne vorgegebene Schubladen wahrgenommen zu werden. Dieser ständige Fokus auf die Behinderung wird zur Form der Exklusion.
Dieser Druck bringt mich in die Position, mich immer wieder erklären zu müssen – genau das, wovon ich mich lösen möchte. Es ist ein Widerspruch, den ich nur schwer auflösen kann. Indem ich darüber spreche, mache ich auf die Problematik aufmerksam, doch gleichzeitig reproduziere ich das Muster der Reduktion und Ausgrenzung!
Es fühlt sich an, als ob ich im Podcast nicht als die ganze Person auftreten kann, die ich bin, weil mir der Kontext bestimmte Identitäten aufdrängt.
Beste Grüße an Hans-Willi,
Ralph Milewski
Der Ableismus ist insbesondere in der Kunstszene noch weit verbreitet. Der Künstler als solches spielt nur eine untergeordnete Rolle. Erst wenn wir Menschen mit Behinderungen nicht mehr auf unsere Defizite reduziert werden und das Tun im Vordergrund steht, dann ist ein großer Weg zur Inklusion geschafft.
Letzten Endes keinerlei Einwände!!!
Auch ich bin der festen Überzeugung, das wir (Menschen mit Behinderung) uns IMMER Erklären müssen…. Sei es dann, wenn wir etwas tun müssen, es aber nicht können, oder wir etwas wollen, was anderen nicht gefällt….!!
Meine Meinung dazu:
Hier greift der Grundsatz: Gleiches recht für alle!!
Wenn WIR uns erklären müssen, dann müsst IHR (Menschen OHNE Beeinträchtigung) das auch……. Also nicht wundern das ICH alles…..und zwar wirklich ALLES Hinterfrage 😉