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Diskriminierung am Strand von Egmond aan Zee in den Niederlanden

Constantin Grosch und Jenny Bießmann vor dem Strand-Kiosk “Bad Zuid” in Egmond aan Zee
Constantin Grosch und Jenny Bießmann vor dem Strand-Kiosk “Bad Zuid” in Egmond aan Zee
Foto: AbilityWatch

Egmond aan Zee (kobinet) Warum eine europäiache Antidiskriminierungsrichtlinie, die seit vielen Jahren vor allem von Deutschland blockiert wird, so wichtig ist, das mussten Vertreter*innen der deutschen Behindertenrechtsorganisation AbilityWatch in den Niederlanden erfahren. "Ein kürzlicher Urlaub der deutschen Behindertenrechtsorganisation AbilityWatch e. V. wurde zu einer erschütternden Erfahrung, als sie am Strand von Egmond aan Zee diskriminiert und mit Gewalt bedroht wurden. Dieser Vorfall, bei dem der örtliche Strandkioskbesitzer Andries Konijn beteiligt war, unterstreicht erneut die Herausforderungen hinsichtlich Barrierefreiheit und Inklusion, denen sich Menschen mit Behinderungen ständig stellen müssen", heißt es in einem Bericht von AbilityWatch über den diskriminierenden Vorfall.



„Am 29. Juli versuchten Mitglieder von AbilityWatch e. V., darunter Rollstuhlfahrer*innen, blinde Personen und Menschen mit anderen Behinderungen, den Tag am ‚Bad Zuid‘ im niederländischen Touristenziel Egmond aan Zee zu verbringen. Der als einer der barrierefreisten Orte des Landes beworbene Strand wurde aufgrund seiner Rollstuhlgerechtigkeit ausgewählt, und die Gruppe übernachtete in einem nahegelegenen barrierefreien Hotel. Alle anderen erreichbaren Strände waren für die sieben Rollstuhlfahrer*innen der Gruppe ungeeignet. Gegen Mittag traf AbilityWatch e. V. am Strandpavilion ‚Bad Zuid‘ ein, dessen zementierter Weg der einzige mit Rollstuhl befahrbare Ort am Strand war. Die Gruppe aß, trank und genoss einen sonnigen Tag vor dem Kiosk. Als der Abend näher rückte, konfrontierte Konijn, der Besitzer des Kiosks und des nahegelegenen Strandausrüstungsverleihs, ein Mitglied von AbilityWatch e. V. und erklärte, dass die Gruppe nicht willkommen sei, da sie den ca. zehn Meter langen Weg vor dem Kiosk blockieren würden – ein Weg, der kurz danach im Sand endete. Konijn argumentierte, dass es Fußgänger*innen unmöglich sei zu passieren; gehende Personen, die einige Meter weiter ohnehin auf den Sand ausweichen würden. Konijn, der schriftlich gebeten wurde, sich zu den Ereignissen zu äußern, sagt: ‚Am ersten Tag kam die Gruppe mit etwa zwanzig Begleitpersonen auf meine Terrasse und blieb den ganzen Tag dort. Sie blockierten den Gehweg zur anderen Seite und nahmen Sonnenschirme, ohne zu fragen.‘ Die Gruppe bestand aus maximal sieben Rollstuhlfahrern und acht gehenden Personen und bewegte öffentlich zugängliche Sonnenschirme, um etwas Schatten vor der brennenden Sonne zu haben. Sie mieteten und bezahlten auch zwei Sonnenschirme von Konijns Strandverleih“, heißt es im Bericht von AbilityWatch.

Und damit nahm eine Geschichte ihren Lauf, die für die Betroffenen, die sich gegen dieses diskriminierende Verhalten wehrte, sogar gefährlich wurde. „Am 1. August eskalierte die Situation dann, als drei Mitglieder von AbilityWatch vom Besitzer mit einem Gabelstapler bedroht wurden. Er blockierte damit den Weg und versperrte den Ausgang für die Rollstuhlfahrer*innen. ‚Ich habe in meinem Leben viel Diskriminierung erfahren, aber nie zuvor hatte ich so große Angst um mein Leben wie in dieser Situation“, sagt Thomas Schulze zur Wiesch, einer der Betroffenen. ‚Er sagte, er würde die Sache jetzt auf seine Weise klären und fuhr mit dem Gabelstapler auf uns zu‘, erinnert sich Schulze zur Wiesch. Die anderen beiden Augenzeug*innen bestätigten die Bedrohlichkeit der Situation. Konijn hingegen behauptet, er habe die Gruppe nicht bedroht, sondern lediglich den Weg blockiert. Die Polizei wurde gerufen, kam zum Tatort, hörte sich beide Seiten an und inspizierte die Gegend, aber es wurde keine Anzeige aufgenommen. AbilityWatch e. V. wurde vom Gelände verwiesen. Die Pressestelle der örtlichen Polizei hat auf die Fragen von AbilityWatch noch nicht geantwortet, aber Senior-Sprecherin Felicity Bijnaar schickte eine Nachricht mit den Worten: ‚Es ist sehr bedauerlich zu hören, dass Sie diese Erfahrung in Egmond aan Zee gemacht haben. Niemand sollte sich bedroht oder diskriminiert fühlen. […] Soweit ich weiß, wurde die Polizei gerufen und über die Situation informiert. Soweit ich verstehe, hat sie versucht zwischen den Beteiligten zu vermitteln und die rechtlichen Möglichkeiten zu erklären. Nichtsdestotrotz können Sie jederzeit eine Anzeige bei der Polizei erstatten, sei es wegen Diskriminierung oder wegen Bedrohungen“, berichtet AbilityWatch.

„Diese Art der Diskriminierung ist inakzeptabel. Öffentliche Räume, insbesondere solche, die als barrierefrei beworben werden, müssen für alle wirklich zugänglich sein. Die Handlungen des Strandkioskbesitzers sind ein klarer Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention, die auch von den Niederlanden unterzeichnet wurde“, kommentierte Constantin Grosch, Politiker und Rollstuhlfahrer. Nancy Poser, Richterin und Mitglied von AbilityWatch e. V., fügte hinzu: „Barrierefreiheitsgesetze müssen stärker durchgesetzt werden und Geschäftsinhaber*innen müssen ein größeres Bewusstsein für die Bedeutung von Inklusion entwickeln. Was AbilityWatch e. V. in Egmond aan Zee passiert ist, ist nur ein Beispiel für die vielen Hürden, denen Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen weiterhin begegnen, selbst wenn sie einfach nur einen Tag am Strand verbringen wollen.“

AbilityWatch fordert die Behörden in den Niederlanden auf, diesen Vorfall gründlich zu untersuchen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass alle öffentlichen Räume für jede Person wirklich zugänglich sind. Darüber hinaus appelliert die Organisation an private Geschäftsinhaber*innen, die weltweit geltenden Barrierefreiheitsstandards umzusetzen und einzuhalten.

Link zum vollständigen Bericht von AbilityWatch

Lesermeinungen

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Sabrina Mevis
06.08.2024 09:10

Ich hoffe ja, dass es zu einem Verfahren kommt. Die Geschichte, wie sie hier dargestellt wird klingt wenig plausibel. Der Text ist, wie man an den Kommentaren sieht nicht auf Information, sondern auf die Auslöung von Empörung ausgelegt. Da ist sicher irgendwas vorgefallen, aber die Darstellung der behinderten Menschen scheint Lücken zu enthalten. Zudem finde ich es diffamierend, den Namen des Betreibers hier voll darzzustellen, fehlt nur noch seine Privat-Adresse, damit man ihm Hundekot in den Briefkasten werfen kann.
Wir haben offenbar nichts aus dem Fall Gil Ofarim gelernt.

Uwe N.
Antwort auf  Sabrina Mevis
06.08.2024 13:44

„Harter Kommentar“ dachte ich erst mal….. Dann habe ich mir den Artikel durchgelesen und musste direkt schmunzeln…… Guter Vergleich mit „Ofarim“………
Zum Artikel selbst:
natürlich, ich sehe Strafrelevante Punkte seitens des Kioskbetreibers!
Ich sehe aber auch Strafrelevante Punkte von Seiten Abyliti…….. Strafrelevant im Sinne von „fremdes Eigentum einfach verschieben“…. Ja, es erscheint kleingeistig….und nu?? 😉

Fakt ist ja mal:
Wenn man angemessen sachlich und auf Augenhöhe miteinander ins Gespräch geht (das scheint hier nicht der Fall zu sein) dann kann man sich IMMER einigen…..
Man kann aber auch mit der Spaltaxt in den Blumenladen gehen…… Sinnbildlich.

Zumal……..Die tatsache das der Kioskbetreiber hier Namentlich benannt wird…..Hmmmmmmmmmmm….. Sofern es der echte Name ist (Es deutet nichts darauf hin das der name von der redaktion geändert wurde), sehe ich hier ein Datenschutzrechtliches Problem……..

Ihr kennt das mit dem Besen, mit dem man erst mal vor der eigenen Tür kehren sollte, oder……….Sorry

Marion
Antwort auf  Uwe N.
13.08.2024 10:53

Nachdem ich mir hier die Bilder mal genau angesehen habe, Fragen über Fragen. Der genutzte Außenbereich durch Abyliti gehört zur Gastro-Fläche des Besitzers, so scheint es nach den Bildern. Damit hat er dort auch Hausrecht und die Gäste Getränke/Speisezwang.

Damit hat der Besitzer aber auch pflichten, nämlich Wege frei zu halten.
Unterm Strich bilanziere ich: Auch wenn der Besitzer übertrieben reagiert hat, am Ende war die Gastro offensichtlich nicht barrierefrei. Ob mit Rolli oder Kinderwagen – Wege sind freizuhalten. Vielleicht war auch das der Grund, warum die Polizei nichts gemacht hat, denn der Besitzer hätte bestimmt die Möglichkeit gehabt, die Situation für sich umzudrehen …

Das mit dem Datenschutz sehe ich genauso. Zumal hier noch ein weiterer Strafbestand, der des Rufmordes, hinzu kommen könnte. Das bleibt aber Sache der Juristen.

Was bleibt ist dann der berühmte Besen ….

Marion
05.08.2024 13:10

Finde den Fehler ….
Zumindest zeigen die Fotos von AbilityWatch, dass der genutzte Bereich als Gastro-Bereich genutzt wird, egal ob gemietet, gepachtet oder Eigentum, damit verdient jemand Geld ….

Wir wurden auch schon mal „freundlich gebeten“ zu gehen, da wir im Gastro-Bereich nichts verzehrt/getrunken haben ….

Ich bin das skeptisch ob das wirklich Diskriminierung war, oder ob einer nicht behinderten Gruppe mit erhöhtem Platzbedarf, gleiches Schicksal ereilt hätte …

Marion
05.08.2024 12:39

Ich behaupte mal, wäre der „Verein junger Mütter“ mit 7 Kinderwagen dort gewesen, wäre das Problem ein ähnliches.

“ …… Sie blockierten den Gehweg zur anderen Seite und nahmen Sonnenschirme, ohne zu fragen.“ – Macht man natürlich nicht. Gerade mit Einer Gruppe und erhöhtem Platzbedarf, sollte man immer vorher die Gegebenheiten absprechen. Egal ob mit oder ohne Kinderwagen, mit oder ohne Mobilitätshilfe.

Trotzdem rechtfertigt das die Reaktion des Besitzers nicht und lässt sich damit auch nicht entschuldigen.

Ralph Milewski
05.08.2024 11:49

Ich bin entsetzt und wütend über den schockierenden Vorfall, der sich am Strand von Egmond aan Zee ereignet hat! Wie kann es sein, dass im Jahr 2024 Menschen mit Behinderungen immer noch solch schamlose Diskriminierung und Bedrohung erfahren müssen? Dass eine Gruppe von Menschen, die einfach nur einen sonnigen Tag am Strand genießen wollte, von einem Kioskbesitzer verbal angegriffen und mit einem Gabelstapler bedroht wird, ist absolut inakzeptabel!

Es ist eine Schande, dass die Polizei vor Ort nicht einmal eine Anzeige aufgenommen hat, obwohl klare Bedrohungen und Diskriminierung stattgefunden haben. Was sagt das über den Schutz und die Rechte von Menschen mit Behinderungen aus? Dieser Vorfall zeigt deutlich, dass wir dringend eine europäische Antidiskriminierungsrichtlinie benötigen, die endlich von allen Mitgliedsstaaten, insbesondere Deutschland, umgesetzt wird.

Andries Konijn sollte sich zutiefst schämen für sein verabscheuungswürdiges Verhalten. Es ist unvorstellbar, dass jemand so wenig Empathie und Respekt für seine Mitmenschen aufbringen kann. Öffentliche Räume müssen für alle zugänglich und sicher sein, und solche Aktionen dürfen nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Ich fordere die niederländischen Behörden auf, diesen Vorfall gründlich zu untersuchen und sicherzustellen, dass so etwas nie wieder passiert. Geschäftsinhaber wie Konijn müssen zur Rechenschaft gezogen und sensibilisiert werden, damit sie verstehen, dass Inklusion und Barrierefreiheit grundlegende Menschenrechte sind!

Es ist höchste Zeit, dass wir als Gesellschaft aufwachen und uns dafür einsetzen, dass jeder Mensch, unabhängig von seinen Fähigkeiten, respektvoll behandelt wird und gleichberechtigten Zugang zu allen öffentlichen Einrichtungen hat. Genug ist genug!

Marion
Antwort auf  Ralph Milewski
05.08.2024 12:41

Auch in den Niederlanden gilt: Erstattet jemand Strafanzeige oder stellt einen Strafantrag, wird dieser auch immer aufgenommen. Wenn hier keine aufgenommen wurde, dass müsste man ma detailliert mit den Beteiligten sprechen, ob diese explizit Strafantrag gestellt haben, denn wenn ja, kann auch im Nachhinein dieser erneut gestellt werden und gegen die Polizei selbst ein weiterer gestellt werden. Das geht notfalls auch schriftlich von Deutschland aus.