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Erderschütternde Walpurgisnacht – Blinder Kolumnist und seine Schreibkraft haben überlebt

Scherenschnitt Hexe reitet auf Besenmit Katze
Frontfrau des Hexenquartetts "Scharfe Feger"
Foto: Pixabay/GDJ

Staufen (kobinet) Das südbadische Staufen, in dessen Mauern man sich den erblindeten Erzählkolumnist und seine Gefährtin zwei Fremdkörpern gleich eingeschlossen vorstellen muss, ist bereits zurückliegend durch zwei Katastrophenmeldungen in die Schlagzeilen geraten. Einmal durch die katastrophalen Folgen des faustischen Projekts, mittels geothermischer Bohrungen die Erdwärme unter der Stadt anzuzapfen. Seither tun sich überall Risse auf, Staufen droht zu zerbrechen, heißt es. Zum anderen geriet der Ort in die Negativschlagzeilen durch einen dem öffentlichen Radar von Behörden und Bürgerschaft katastrophal lange entgangenen Fall von Kindesmissbrauch. – Der danach sich am nämlichen Ort ereignende Fall einer langjährigen Behinderten- und Angehörigenschändung (die kobinet Nachrichten haben in der Kolumne „Es geschieht am helllichten Tag“ davon berichtet) ist bis heute nicht öffentlich geworden, weil durch sein Öffentlichwerden das Staufener Biedermänner und Biederfrauenimage endgültig in die Brüche ginge.



Die folgende Geschichte beginnt mit der Ankunft des Blinden und seiner Gefährtin in Staufen. Es ist Vorweihnachtszeit und die Bürgerschaft steht unter dem Schock der geothermischen Bohrungskatastrophe. Über welche sie auch der gutgemeinte Abgesang des örtlichen Hexenquartetts „Scharfe Feger“ – Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unser Sta-aufen nicht – nicht hinwegtrösten kann. Höhepunkt und Schluss der Erzählung ist die Imagination eines einzigartigen Schildbürgerstreichs, der dann in die finale Katastrophe der Walpurgisnacht mündet. Die beiden Überlebenden, die man am Ende auf einem zerborstenen Prellstein sitzen sieht, sind der Blinde und seine Begleiterin.

Die Vorgeschichte, der Blinde betastet den irdenen Krug

Was hatte die beiden überhaupt nach Staufen verschlagen? Die Odyssee einer Wohnungssuche nach Eigenbedarfskündigung. Denn Behinderte genießen im Kündigungsfall keinen besonderen Mieterschutz. So waren wir zunächst dankbar, Obdach zu finden in einem frisch herausgeputzten Gemäuer der Staufener Altstadt, an dessen Uraltfassade in Stein gemeißelt die Jahreszahl anno Domino 1478 zu lesen stand. Tiefstes Hoch- oder besser Spätmittelalter hierzulande noch, während man in Italien bereits mit der Renaissance zugange war. Die Wiedergeburt des Hauses Nummer zwei der Johannesgasse datiert sogar erst aus dem Jahr 2012, als demselben ein Balkönchen als Krönchen an die Außenfassade zur Gasse hin angeklebt wurde, auf welchem ich später dem Fensternachbar von gegenüber sozusagen zum Abschuss freigegeben war.

Der Weihnachtsmarkt bot in den Tagen unserer Umzugswirren eine erste Gelegenheit, mit der Bürgerschaft in Tuchfühlung zu kommen. Und in „Steinfühlung“ mit dem Stein, aus dem der Ort gemacht ist. Und an dem er nun zu zerbrechen droht oder umgekehrt der Stein an ihm zu zerbrechen droht, setzt man den Ort mit seiner Bürgerschaft gleich, die irgendetwas angestellt haben musste, dass es überhaupt soweit gekommen war. Der Posaunenchor katholischer Ordensfrauen stimmte „Oh Tannenbaum“ an – vielleicht auch, um noch ein anderes Naturmaterial ins Spiel zu bringen als immer nur Stein – und ich bekam auf einmal ein irdenes Gefäß in die Hand gedrückt, das ich, der Blinde, betasten sollte. Mann, was ein Gewicht, aber das haben steinerne Krüge so an sich, sie wiegen wie Blei. Und erst der Preis, der Humpen soll vierzig Euro kosten, der Minirentenbezieher in mir kippt fast aus den Latschen, als die Frau am Stand die Summe nennt, ein Benefizpreis, fügt sie beschwichtigend hinzu. Ich nehme an für die hinterbliebenen Witwen und Waisen, wenn der Ort erst einmal an seinem Gestein zerbrochen sein wird oder umgekehrt. Silvia – meine Herumtasten dauerte sonst zu lange – liest mir den eingravierten Schriftzug vor, „Staufen darf nicht zerbrechen.“ Gnädige Frau, sage ich, das ist ja alles schön und gut, aber wir sind in anderen Umständen, ich meine mitten im Umzug und bei uns steht sowieso schon so viel unnützer Kram herum, dass ich ihre Karaffe bestimmt als erstes versehentlich umstoße und dann wäre sie in Scherben gegangen, also zerbrochen, noch ehe der eigentliche Ort selber … und das wäre dann sicher kein gutes Omen, für alle Beteiligten nicht. Und mit dieser Ausrede ging der Kelch an mir vorbei bzw. ich an ihm. Wir Ahnungslosen unterdessen saßen trotzdem in der Falle und richteten uns häuslich darin ein.

Staufen also. Die selbsternannte Fauststadt, die künstliche Perle im Markgräfler Land, bekannt für ihre Perlenzucht und ihre Fausttümelei mit mephistophelischem Einschlag. Des weiteren einem gewinnträchtigen Anbau des Rebstocks unter Zuhilfenahme der chemischen Keule zwecks Vertilgung der Reblaus und verwandter Schädlinge. Besonders begehrt bei Besuchern das dabei erzielte Endprodukt und dessen Ausschank am mittelalterlichen Weinbrunnen, von welch geselligem Zeremoniell sich auch die anspielungsreiche Verkürzung des Ortsnamens herleitet, von Staufen zu Saufen.

Substanzmissbrauch, das Suchtpotential in Staufens Gewerbefleiß

Die Namensverkürzung ist übrigens eine Anspielung: Die Staufener oder kürzer Saufener neigen zum Substanzmissbrauch, vulgo zum Suff. Dabei steht Alkoholmissbrauch nicht einmal im Mittelpunkt des lokalen Suchtmittelabusus. Der Löwenanteil der aus dem Rebstockanbau gewonnen alkoholischen Getränke wird ohnehin von der Staufener Firma Schluderer (Name leicht geändert ein a durch ein u ersetzt) nach China exportiert und der sonstige kleinstädtische Drogenkonsum und Drogenhandel bewegt sich im Rahmen des Üblichen.

Nein, bei der Substanz, die vor Ort vor allem die Stadtoberen mehr noch als alle übrigen Substanzen süchtig gemacht und zum Missbrauch verleitet hat, handelt es sich schlicht und ergreifend um Erdwärme. Nicht dass die Herrschaften in ihren steinernen Behausungen kalte Füße gehabt hätten, sie wollten nur energiewirtschaftlich besonders hoch hinaus. Wer wie die Firma Schluderer den chinesischen Markt erobern und am liebsten monopolisieren möchte, braucht viel Energie, unendlich viel Energie und möglichst billig soll sie sein. Und so kam es, wie es kommen musste, denn Substanzmissbrauch ist Ursache allen Übels, wie seit paradiesischer Zeit der Fehlbiss Adams und Evas in den Apfel belegt. Und so haben die Staufener Schildbürger mit ihrem dreisten Suchtverhalten sich selber einen Streich gespielt. Nicht den ersten, doch möglicherweise den letzten, sollte an den Folgen dieses Streiches ihr steinernes Staufen zerbrechen.

Staufener Walpurgisnacht, Stelldichein mit dem ortsansässigen Teufel

Was hat sich ereignet? Ich kleide meine Erzählung ins zünftige Gewand der Legende. Auf dass die örtliche Schauspieltruppe sie künftig bei den jährlichen Stages, einem derben Theatertreiben in mittelalterlicher Kostümierung auf Gassen und Plätzen, in bewährter Possenreißermanier zum besten gebe. – Die Ratsherren sind versammelt, Pelz und Zobel schützen sie vor der nächtlichen Kälte, umringt von Honoratioren in nicht minder vornehm gewirktes Tuch gewandet, Gewerbetreibende und Immobilienbesitzer aus dem Staufener Speckgürtel, deren Kreis den inneren Zirkel wie ein Heiligenschein im fahlen Mondlicht umgibt. Gedämpftes Raunen im engen Kreisrund der Staufener Burgruine, dem uralten Versammlungsort des noch älteren Staufener Doppelgeschlechts, der Herren von Sta und derer von und zu Aufen.

Der Ratsdiener schlägt an einen Pokal, Stille kehrt ein, einzig der Ruf eines Käuzchens ist zu vernehmen. Dann die Stimme des Bürgermeisters. Meine Herren, werte Bürgerschaft, der Ernst der Stunde hat uns an diesem ehrwürdigen Ort in der Ruine unserer glorreichen Vergangenheit zusammengeführt. Sein oder nicht sein, so darf ich einen berühmten Komödien- und mehr noch Tragödiendichter beim Wort nehmen, es muss etwas geschehen, um uns auf dem nationalen, dem internationalen und dem chinesischen Markt selber besser zu behaupten. Wollen wir nicht sang- und klanglos untergehen, muss mehr und billigere Energie her und der sie uns herschaffen soll, den rufe ich nun zu dieser mitternächtlichen Stunde in unsere erlauchte Runde und erteile ihm das Wort.

Gemurmel. Vom Ort her, aus dem Hinterstädtchen, vernimmt man den Glockenschlag der Martinskirche, zwölf Schläge, Mitternacht, Beginn der Geisterstunde. Ein würdiger Zeitpunkt für das Stelldichein auf dem Staufener Blocksberg. Ein Schwirren in der Luft, junge Hexen auf ihren Besen stieben vorüber, dicht über den Köpfen der Ratsherren, die mit einer genervten Handbewegung reagieren, als wehrten sie Schnaken ab. Da erstirbt das Gemurmel schlagartig, der Gerufene ist erschienen. Wie weniger bedeutende Orte ihren Genius loci, so hat das unvergleichliche Staufen seinen Diabolus loci, seinen ortsansässigen Teufel, der zur Stelle ist, sobald sie ihn rufen. Unpünktlichkeit ist seine Sache nicht, erst recht nicht, geht es um eine ernste Sache, in welcher ein jegliches Säumen, so der Bürgermeister, ein tödliches Gift wäre für unseren hiesigen Standort. Es besteht Handlungsbedarf und zwar auf der Stelle. Ohne zu säumen ergreift Mephisto das Wort. Mich muss man nicht zweimal bitten, Ihr habt mich gerufen, weil ihr mich braucht und so will ich Euch zu Diensten sein. Euch das Gewünschte schaffen, auf der Stelle.

Gespannte Ruhe. Der Teufel fährt fort: Ihr Herren vom hohen Rat, wir schreiten sogleich zur Tat. Legt Pelz und Zobel ab, zu viel Vornehmheit in Aufzug und Getue ist abträglich fürs Geschäft und sogar hinderlich, wenn es heißt wie itzo, Ärmel hochkrempeln und Finger in den Boden stecken. – Man sieht die Herrschaften sich ihrer Roben entledigen und auf des Teufels Geheiß die Finger in den Boden stecken. Mephisto: Merken Sie was, meine Herren? Wie, kalt? Natürlich kalt, wir haben eine klare Walpurgisnacht mit leichtem Bodenfrost, aber nur an der Oberfläche. Jetzt mal die ganze Hand in den Boden, immer noch kalt? Dann den Unterarm, den Arm insgesamt, wie, noch kälter? Meine Herren, was haben Sie auch für kurze Ärmchen, so geht das nicht, dann gebrauchen Sie eben Ihren Verstand, ich nehme an, der ist ein wenig länger. Und nun aufgemerkt die Herrschaften, hier folgt die Lektion.

Ächzend und mit Seufzern der Erleichterung zieht die versammelte Ratsherrschaft und der sie umringende Schwarm der Gewerbetreibenden und Immobilienbesitzer die geschundenen Arme aus dem Erdreich. Pelz und Zobel werden wieder übergestreift. Ein dicklicher Mann zerrt nervös an seiner goldenen Uhrkette, sie hat sich im kostbaren Damast seiner Beinkleider verhakt. Mephisto: Edle Robenträger und geschätzte Leistungsträger, hätten ihre Arme nur annähernd die Länge ihres Verstandes, Sie wären zu folgendem Befund gelangt. Oben ist der Boden kalt, ein wenig tiefer auch noch, doch dann wird es allmählich wärmer und immer wärmer. Und je mehr wir uns dem Erdmittelpunkt nähern, ausgesprochen heiß. Hier, Ihr Herren, liegt der Schatz verborgen, mit dem sich noch jedes marode Gewerbe sanieren lässt, vorausgesetzt, man weiß ihn zu heben. – Ein Raunen geht durch die Reihen der Versammelten, erste Rufe erschallen, genial, einfach genial, Meister Mephisto, er lebe hoch! Raffiniert, raffiniert, ertönt der Bariton des dicklichen Mannes mit der verhakten Goldkette. Und schon rufen die mehr praktisch Veranlagten nach Schaufel und Spitzhacke.

Allein der Bürgermeister bewahrt in dieser Schicksalsstunde Besonnenheit und einen kühlen Kopf. Abgeordnete, liebe Gewerbesteuerzahlende, wendet er sich an die Versammlung, will man Nägel mit Köpfen machen, so müssen Zweck und Mittel zusammenstimmen. Spitzhacke und Schaufel, wer wird mit derart vorsintflutlichen Gerätschaften ein tiefschürfendes Werk wie dieses in Angriff nehmen. Wir leben nicht in Doktor Faustens mittelalterlichen Zeiten, uns Heutigen steht ganz anderes zu Gebot in solcher Not. Und an Mephisto gewandt: Was säumt er noch, schaff er mir das passende Gerät! Noch in dieser Nacht, sei dein Werk vollbracht. Mephisto neigt bloß leicht das Haupt, wo auf der Stell ich kann zu Diensten sein, sag ich als Teufel doch nicht nein. Habt acht, da stellt sich Rohr und Ramme ein, exakt in Eurer Mitte soll es sein.

Kaum hat sich inmitten der Versammelten ein Fleckchen aufgetan, als auch schon das Bohrgerät das lange Rohr ins Erdreich senkt. Mephisto: Aufgepasst Ihr Leut, ist der irdisch Glutkern erst erreicht, die Hitz sogleich nach oben weicht. Gebannt und mit offenen Mäulern, starren die Umstehenden auf die Öffnung der Röhre. Ich tu gewiss nichts Falsches kund, triumphiert Mephisto, schon brodelt es und pfeift im Schlund, da kommt der erste Schwall wie sichs gehört mit einem Knall. Eine Fontäne siedend heißen Dampfes schießt aus dem Rohr, die Zuschauer im Chor, au weh, es versengt uns Aug und Ohr. Mephisto: Wie, der Kosmetik halber wollen die Herrn verzichten, mitnichten! Salb und Pflaster werdens richten. Im Augenblick gibts Besseres zu tun. Der Teufel hat recht, rufen alle, was stehen wir herum, wir brauchen Säcke, rasch, in die Säcke muss sie rein, die heiße Luft, damit sie nicht verpufft. Vergebens schreit der Dickliche und zerrt an seiner Kette, doch keine Säcke, nein, Container müssens sein, ich möcht die heiße War nach China expedieren, mit Säcken tät ich mich genieren und überdies blamieren …

Die finale Katastrophe, Weltuntergang mit Hexenabgesang

Es tut einen fürchterlichen Schlag, eine Erschütterung, dass die Wände wackeln, d.h. was der Zahn der Zeit an Wänden noch hatte stehen lassen von der Staufener Burgruine. Eigentlich ragt nurmehr ein Stück Außenwand gleich einem hohlen Zahn in den Nachthimmel. Der entsetzliche Schlag bringt den Zacken zum Einsturz, unschlüssig wankt er einige Schrecksekunden auf der brüchigen Basis, so dass die an deren Fuß versammelte Gesellschaft, von seinem Tonnengewicht droht erschlagen zu werden, entscheidet sich dann jedoch nach außen abzuknicken und mit Getöse den Abhang hinunter zu poltern, wo er eine breite Schneise der Verwüstung im dort angepflanzten Rebstock hinterlässt. Doch sollte dies noch der geringste Schaden sein. Denn da erst gewahrt man, wie sich die Erde unter den Füßen hebt. Reflexartig packt einer den Ärmel des andern, um sich überhaupt auf den Beinen zu halten auf so schwankendem Untergrund. Selbst Mephisto wankt bedenklich, als er die unheilsschwangeren Worte spricht: Fürwahr mich dünkt, ein böses Grollen ist dies unterirdisch Donnerrollen. Mir mögen es die hohen Herren nicht verübeln, der Teufel selbst kommt hier ins Grübeln, man wird gerufen, ist zu Diensten, die städtisch Herren wünschen es, man folgt und tut es und siehe da, es folgt nichts Gutes.

Schon wenden die feinen Herren ihren schreckensstarren Blick hinunter ins Tal, wo sie mit Grausen einem apokalyptischem Spektakel beiwohnen, jener Heimsuchung wie sie zu selbiger Stund. ihr Städtchen in der mondklaren Nacht ereilt… Das Rumoren unter seinen Fundamenten, die sich emporwölbende Erde, hat ein höllisches Mahlwerk in Gang gesetzt, Jahrhunderte altes Gestein wird zermahlen, eine Bausubstanz, die Wind und Wetter getrotzt hat, in Windeseile zerrieben. Stein reibt an Stein, Quader zersprengt Quader, es knirscht und kracht mit markerschütterndem Knall. Noch hält das Rathaus stand, dieweil zur Rechten wie zur Linken die Immobilien im Staub versinken. Mein französischer Camembert ist ruiniert, ich bin bankrott, ich bin erledigt, der schrille Schrei des Gewerbetreibenden, dessen Käsestube soeben in einer Erdspalte verschwunden ist, reißt die versammelten Ratsherren, Immobilienbesitzer und Gewerbetreibenden mit ihren verkohlten Gesichtern aus der Schockstarre und lässt sie schreiend und wild gestikulierend durcheinander wuseln. Bis ein erneuter Knall sie von neuem erstarren lässt, dem Knall folgt ein ohrenbetäubendes Reißen, als würde der Erdball in zwei Hälften auseinandergezerrt. Es ist aber lediglich die Rathausfassade, die auf der Vorderseite meterbreit aufgeplatzt ist, auf Höhe des zweiten Stockwerks kommt ein Möbel in Sicht, verkeilt sich in der Spalte, kein Eichensarg, gewiss nicht, auch wenn es danach aussieht, nein, bloß der Schreibtisch des Bürgermeisters. Welcher von den Herren als letzter in diesem Moment die Fassung verliert. Was zum Teufel geht hier vor, bricht es aus ihm hervor und an Mephisto gewandt: Erklär er mir gefälligst den Tumult, wer hat es gewagt, so frech sich zu verschwören gegen Staufens ruhmreiches Geschlecht und Konterbande angezettelt, den wüsten Aufruhr blinder Elemente. Jedoch zuallererst, schaff er dem Treiben hier ein Ende! – Ja wenn das so einfach wär, so wärs mit Sicherheit nicht schwer. Allein, dies aufgeregte Element beschwichtigen und sein Unheil rasch berichtigen, von der Magie zu solcher Revision, ich sags Euch ohne Hohn, da träumen selbst wir Teufel von. Drum lasst zur Güte Euch mit meinem Ehrenwort versichern: Wenns so den Herren nicht beliebt, an mir hats nicht gelegen. Mir scheint, nun heißt es ungesäumt die Trümmer dort zusammenfegen und alsdann, so rat ich Euch, noch geschwind die edle Scherb heraus gesiebt, die lässt sich für ein nettes Sümmchen wohl verscherbeln …

Donnerschlag. Die Pforte zur Hölle springt auf und ein Chor junger Hexen tritt auf, „Scharfe Feger“ steht zu lesen auf ihren Besen, der Name ist Programm, sie singen: Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unser Sta-aufen nicht. Alles, alles geht entzwei, Tammtamm und Tanderadei. Doch wer fegend sich bemüht, den Besen rührt, die Schaufel führt, den können wir erlösen von der Scherben Einerlei. – Abermaliger Donnerschlag, der Vorhang fällt.

Es regnet, die Beleuchtung ist ausgeschaltet. Über die Bühne verstreut liegen Trümmerteile, zerbrochenes Mauerwerk. Typisch Regietheater, nur dass keine nackten Schauspieler umherschwirren, auch kein Blut auf den Bühnenbrettern oder dem Schnürboden. Stattdessen ein ältliches Paar, das aneinander gelehnt auf einem zerborstenen Prellstein hockt, der Alte hält einen weißen Stock zwischen den Knien, die etwas Jüngere neben ihm einen Rucksack. Es sind nicht Philemon und Baucis.