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Berlin (kobinet) Die geplante Reform der Berliner Landesbauordnung beinhaltet nach Informationen von Arnd Hellinger eine deutliche Verschlechterung hinsichtlich der eigentlich dringend notwendigen Schaffung zusätzlichen barrierefreien Wohnraums. Bei künftiger Aufstockung von Bestandsgebäuden soll es nämlich dem aktuellen Entwurf zufolge nicht mehr erforderlich sein, einen Aufzug zu installieren - andererseits wird gerade diese Aufstockung aus durchaus nachvollziehbaren ökologischen wie ökonomischen Gründen als vorzugswürdig gegenüber weiterer Flächenversiegelung betrachtet. Hieraus ergibt sich nach Ansicht von Arnd Hellinger auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine inakzeptable Festschreibung des Mangels an barrierefreien Wohnungen in Berlin. Daher hat Arnd Hellinger eine Petition an das Abgeordnetenhaus von Berlin gerichtet.
In der Petition von Arnd Hellinger heißt es:
„Sehr geehrte Damen und Herren, durch Medienberichte – u- a. RBB Abendschau vom 05.10.2023 – wurden jüngst Details zu der vom Senat geplanten Reform der Landesbauordnung bekannt. Das grundsätzliche Ziel, den Wohnungsneubau in unserer Stadt zu beschleunigen, unterstütze ich hierbei explizit. Als Vorstandsmitglied des Berliner Behindertenverbandes „Für Selbstbestimmung und Würde“ e.V. (BBV) sowie selbst zeitlebens auf einen Rollstuhl angewiesener Mensch kann ich allerdings in keiner Weise nachvollziehen oder auch nur akzeptieren, dass jetzt bei Aufstockung von Bestandsgebäuden wieder auf den verpflichtenden Einbau eines Aufzuges verzichtet werden soll. Dies stellt vor dem Hintergrund des gravierenden Mangels an barrierefreien oder wenigstens -armen Wohnungen in Berlin zu einer deutlichen Verschlechterung gegenüber dem Status quo ante sowie damit zu einer sachgrundlosen Benachteiligung in ihrer Mobilität eingeschränkter Menschen auf dem hiesigen Wohnungsmarkt. Eine solche Diskriminierung könnte auch Art. 3 iii 2 GG Zuwiderlaufen. Die geplante Änderung ist mithin abzulehnen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass etwa 80 Prozent der Menschen mit Behinderung diese – anders als etwa ich – erst im Laufe ihres Lebens durch Krankheit, Unfall oder natürliche Alterung erwerben, ist nach meiner Auffassung zudem für neu zu erbauende sowie grundhaft zu sanierende Mehrfamilienhäuser ab 10 Wohneinheiten eine insgesamt barrierefreie Ausführung zwingend vorzusehen, damit Bewohnende nicht durch o.g. Lebensumstände später zum Umzug gezwungen oder, wenn dieser nicht möglichist, de facto für den Rest ihres Lebens in ihrer Wohnung gefangen werden. Bei kleineren Mehrfamilienhäusern für bis zu 9 Parteien sowie Einfamilienhäuser sollte aus diesen Erwägungen wenigstens für die im Erdgeschoss befindlichen Wohneinheiten verbindlich Barrierefreiheit vorgesehen werden. Ich ersuche hiermit das Abgeordnetenhaus, entsprechend zu beschließen. Für Ihre politische Unterstützung danke ich Ihnen vorab. Mit freundlichen Grüßen Arnd Hellinger“, heißt es in der Petition von Arnd Hellinger an das Berliner Abgeordnetenhaus.“
Das Problem – Gerade in Berlin, ist der Bestand häufig Altbau und da lässt sich nicht mal eben ein Fahrstuhl installieren. Häufig fehlt der Platz im Außenbereich (Außenfahrstuhl) und im Innenbereich sind die staatischen Gegebenheiten nicht vorhanden.
Würde man jetzt nur noch Aufstockung mit Fahrstuhl vorschreiben, werden viele Wohnungen erst gar nicht gebaut werden können und das Problem mit dem Wohnungsmangel bleibt.
Alternativlösung wäre ein Prüfverfahren und wenn die Voraussetzung gegeben, Fahrstuhl verpflichtend machen. Damit hätten wir ein neues Bürokratiemonster, inklusive mit weiteren Verzögerungen im Bau und bei Anträgen. Der Kompromiss, das ist die Lösung. Leider wird in dem Beitrag nicht transparent, was die Petition beinhaltet. Gerade die Details entscheiden über Erfolg oder Misserfolg.
Nun ja, was meine Petition erreichen möchte, sollte aus obigem (Voll-)Zitat eigentlich schon hinreichend deutlich werden – jedenfalls den zuständigen Entscheidenden. 🙂
Im Übrigen ist es ja gerade so, dass die derzeit gültige Landesbauordnung Berlin den Einbau eines Aufzugs bei Aufstockung von Bestandsbauten verlangt und ebenjene Vorschrift nun gekippt werden soll. Ich erhebe also hier ganz offensichtlich keine neuen unrealistischen Forderungen, sondern trete „nur“ für die Beibehaltung sowie konsequente Anwendung bestehenden Rechts ein.
Aus Sicht der Bauingenieure und Architekten (jeweils m/w/d) ist es zudem selbst im ältesten und engsten Alt-Berliner Altbau-Innenhof keine unlösbare Aufgabe, einen barrierefreien Aufzug zu installieren, zumal ja bei einer Aufstockung u. a Leitungsschächte, Tragwerk etc. ohnehin angepasst bzw. erweitert werden müssen. Es ist nur eine Frage des Wollens sowie politscher Rahmensetzung.
Meine Anmerkung beruft sich auf mehrere Problemstellungen:
Was ich damit sagen will: Eine Forderung alleine recht eben nicht, solange dahinter keine Finanzierungskonzepte stehen. Da die Staatskassen das nicht alles finanzieren können, verbleiben die Eigentümer*innen. Die können das aber auch nicht immer finanzieren. Gerade in Berlin sind die meisten Immobilien im Besitz von Einzeleigentümer*innen.
Das Recht auf Barrierefreiheit, beschreibt schon heute das Berliner Baurecht. Für den Bestandsbau ist Umbau erforderlich und den werden dann wohl die tragen müssen, die auch den Bedarf anmelden.
Ich halte es daher für sinnvoller, barrierefreies Bauen für den Neubau fest zu definieren (was in den meisten Bundesländern bereits erfolgt) und sich mit der Frage zu befassen, ab wann auch der Bestandsbau im Besitz von Einzeleigentümern dazu verpflichtet werden kann, dass so, dass Eigentum auch erhalten bleibt. Sollte eine Bauvorschrift dazu führen, dass Eigentum zerstört wird im Sinne, Eigentümer können das nicht finanzieren, dann kann das auch dazu führen, dass es zu Zwangskündigungen oder Mietwucher (zu Refinanzierung) kommt, was für Menschen mit Behinderungen sogar Einfluss auf das selbstbestimmte Leben haben könnte.
Darum immer meine Bitte: Petition und Forderung ja, aber bitte vorher alle Aspekte bedenken und diese in der Petition entsprechend darstellen, denn nur so könnte eine Petition zum Erfolg führen.
Dazu jetzt aus Zeitgründen nur soviel:
Wenn im Zuge dieser Aufstockungen (oder allgemein bei Um- und Neubauten) Fenster, Toiletten, IT-/Elektrokabel, Wasserleitungen, Rauchmelder, Heizungen, zusätzliche Fluchtwege etc. pp. gefordert und entsprechend eingebaut werden, ruft doch auch kein Bauherr nach Staatsknete, sondern akzeptiert das als selbstverständlich. Warum wird ausgerechnet bei der Barrierefreiheit – von der haben schließlich alle Nutzenden des Gebäudes einen Vorteil – immer und immer wieder die Kostenkeule als Totschlagargument hervorgezaubert???
Ginge es nach mir, dürfte in Berlin und EU-weit überhaupt nur noch barrierefrei neu- oder umgebaut werden – dann stellte sich das Problem mangels Wahlmöglichkeit nämlich überhaupt nicht mehr. Nochmal: Die allermeisten Behinderungen sind nicht angeboren, sondern werden im Laufe des Lebens durch unterschiedlichste Faktoren bzw. Ereignisse erworben.
Ganz einfach – Gerade Eigentümer (die meisten Mietwohnung liegen in der Hand von Privateigentümern) haben einfach nicht das Geld, um solche Umbauten zu finanzieren. Somit muss man sich in erster Linie genau mit dem Thema befassen.