
Foto: Maurice Weiss/Ostkreuz
Berlin (kobinet) Der Sprecher für die Belange von Menschen mit Behinderung der SPD-Bundestagsfraktion, Takis Mehmet Ali, ist froh, dass mit dem Staatenberichtsverfahren zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ein Instrument zur Verfügung steht, welches Fortschritte und Defizite in den Blick nimmt, kritisch hinterfragt, sich der Zivilgesellschaft bedient und Maßnahmen einfordert. "Ich rechne daher mit einem offenem Dialog, der ein Schlaglicht auf unsere Handlungsbedarfe wirft, aber auch gute Ansätze, Potentiale und Erfolge nicht übersieht. Die Ergebnisse werden zu unserer Zukunftsaufgabe und zu meinem politischen Auftrag", schreibt der SPD-Bundestagsabgeordnete in seinem Statement im Vorfeld der Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention am 29./30. August 2023 in Genf. Darin wird auch deutlich, dass ihm ein inklusiver Arbeitsmarkt besonders wichtig ist.
Statement von Takis Mehmet Ali im Vorfeld der Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention am 29./30 August 2023
Seit der Ratifizierung der UN-BRK durch Deutschland sind mittlerweile 14 Jahre vergangen und seither sind deren Inhalte geltendes Recht. Als Vertragsstaat ist es unsere Aufgabe, Gesetze und Verordnungen so zu gestalten und zu harmonisieren, dass sie mit der UN-BRK in Übereinstimmung gebracht werden.
Dies haben wir noch nicht erreicht und deshalb bin ich froh, dass mit dem Staatenberichtsverfahren ein Instrument zur Verfügung steht, welches Fortschritte und Defizite in den Blick nimmt, kritisch hinterfragt, sich der Zivilgesellschaft bedient und Maßnahmen einfordert. Es ist wichtig und notwendig, dass Politiker:innen und Regierungshandelnde immer wieder in die Pflicht genommen werden, denn noch heute denken wir unsere Verantwortung für gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens nicht immer mit.
Genau hier beginnen meiner Meinung nach schon die Umsetzungsschwierigkeiten, denn weder auf Ebene des Bundes, der Ländern oder der Kommunen existieren systematische Mechanismen, die die Regelungssysteme auf deren Übereinstimmung mit der Konvention prüfen. Hierin sehe ich eine ungenügende Umsetzung des Artikel 4 der UN-BRK, da wir eben nicht alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um zu einer vollständigen Umsetzung der anerkannten Rechte von Menschen mit Behinderungen zu kommen. Hier müssen wir besser werden. Denn nur wenn wir auf allen föderalen Ebenen wissen, wo es hakt, können wir die erforderlichen Anpassungen auch vorantreiben.
Ich nehme also an, dass uns der UN-Fachausschuss entsprechende Empfehlungen ins Hausaugabenheft schreiben wird, was ich sehr begrüße.
Denken wir an den Bereich der beruflichen Bildung, der Arbeit und der Beschäftigung, bin ich mir unseres Nachholbedarfes sehr bewusst. Noch immer gelingt es uns nicht zuverlässig Menschen mit Behinderungen an unseren Regelsystemen beruflicher Bildung teilhaben zu lassen. Noch viel zu oft werden Sonderformen beruflicher Bildung genutzt, die im Ergebnis häufig nicht zu anerkannten Abschlüssen führen. Die Gründe hierfür sind vielfältig, beginnen bei der Berufsberatung und führen über starre Ausbildungsstrukturen und bürokratische Unterstützungsleistungen in Betriebe voller Barrieren. Im Ergebnis erlangen Menschen mit Behinderungen deutlich seltener berufsqualifizierende Abschlüsse und finden so schwerer Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt und zu einer lebensunterhaltssichernden Beschäftigung. Zudem gehe ich davon aus, dass auch das System der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in der jetzigen Form sehr kritisch betrachtet werden wird. Hier erwarte ich deutliche Empfehlungen des Fachausschusses und das ist auch gut so.
In der Gesamtbetrachtung erwarte ich also noch viel Kritik des UN-Fachausschusses, was die Umsetzung des Artikels 27 der UN-BRK anbelangt und die sollte uns Ansporn sein.
Wir wollen den Arbeitsmarkt inklusiv gestalten und deshalb haben wir in dieser Legislatur bereits einige Maßnahmen auf den Weg gebracht und noch einige auf der Agenda. Das Budget für Ausbildung als Alternative zum Berufsbildungsbereich der WfbM ist hier beispielhaft zu nennen. Es verbindet die Erstattung der Ausbildungsvergütung mit der Gewährleistung erforderlicher Begleitung, aber wird leider viel zu selten genutzt.
Auch im Zuge des Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes haben wir einige Verbesserungen auf den Weg gebracht – etwa die Entdeckelung des Lohnkostenzuschusses beim Budget für Arbeit oder Genehmigungsfiktion für Anspruchsleistungen des Integrationsamtes.
Besonders spannend wird es in dieser Wahlperiode auch, wenn wir 2024 eine Reform der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, mit Fokus auf das Entgeltsystem und die Übergänge auf den ersten Arbeitsmarkt, auf den Weg bringen. Über die Ergebnisse dieser Reform wird dann allerdings erst ein späteres Staatenberichtsverfahren befinden können.
Die Delegation der Bundesregierung, die unter Leitung von Staatssekretär Dr. Rolf Schmachtenberg, am 29./30. August am konstruktiven Dialog teilnehmen wird, wird sich entsprechend einigen kniffligen Fragen stellen müssen. Leider werde ich die Delegation selbst nicht begleiten können. Aber auch des kritischen Blickes der Monitoring-Stelle UN-BRK bin ich mir sicher.
Ich rechne also mit einem offenem Dialog, der ein Schlaglicht auf unsere Handlungsbedarfe wirft, aber auch gute Ansätze, Potentiale und Erfolge nicht übersieht. Die Ergebnisse werden zu unserer Zukunftsaufgabe und zu meinem politischen Auftrag.
Es kommt mir vor wie Streicheleinheiten der Redaktion bei den Politiker*innen, denn auf die eigentlichen Kernthemen wird in diesem Beitrag nicht eingegangen.
Sachlich analytische Berichtserstattung, das wäre mein Wunsch. Schade, dass sich viele Medien davon verabschiedet haben, so auch in diesem Beitrag. Gefolgt der parteilichen Meinung und vielleicht auch der Funke an der Zündschnur, der dann eben doch viele Menschen zur AfD treibt, der den Hass auf viele Medien regelrecht befeuert.