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Deutscher Behindertenrat: Behinderte Menschen dürfen nicht länger diskriminiert werden – AGG-Reform jetzt

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Kassel (kobinet) Private Anbieter von Waren und Dienstleistungen müssen endlich zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. So lautet eine zentrale Forderung aus dem aktuellen Positionspapier des Deutschen Behindertenrats (DBR) zur Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), das am 15. März anlässlich einer parlamentarischen Veranstaltung der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vorgestellt wurde.

„Dringend notwendig ist es außerdem, dass Verstöße gegen bereits vorhandene Vorgaben zur Barrierefreiheit im AGG auch als Benachteiligung beziehungsweise Diskriminierung anerkannt werden“, erläutert die Vorsitzende des DBR-Sprecherinnenrates Dr. Sigrid Arnade und ergänzt: „Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen begegnen tagtäglich einer Vielzahl von Diskriminierungen, gegen die sie sich mit dem seit 2006 gültigen AGG bislang nicht wehren können.“

Der DBR fordert laut Arnade seit langem eine AGG-Reform und sieht sich durch den Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung ermutigt, in dem es heißt: „Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden wir evaluieren, Schutzlücken schließen, den Rechtsschutz verbessern und den Anwendungsbereich ausweiten.“

So fordere der DBR unter anderem, dass alle Anbieter von Waren und Dienstleistungen zu angemessenen Vorkehrungen verpflichtet werden, wenn sie ihre Produkte und Dienstleistungen nicht barrierefrei vorhalten können. „Für mich als Rollstuhlfahrerin wäre eine angemessene Vorkehrung zum Beispiel das Anlegen einer temporären Rampe oder die dauerhafte Beseitigung von Stufen. Aber auch Erklärungen in Leichter Sprache, Schablonen für Kartenlesegeräte, damit auch blinde Menschen Geräte mit Touch-Screen bedienen können, und vieles mehr sind angemessene Vorkehrungen“, erklärt Arnade.

Ebenfalls müssten Gesundheitsleistungen grundsätzlich barrierefrei angeboten werden. Dem DBR reiche es nicht, dass laut AGG bislang nur „Massengeschäfte und Versicherungen“ diskriminierungsfrei vorgehalten werden müssten. Genauso sollten Ausschlüsse behinderter Menschen infolge einer sogenannten Gefahrenabwehr gestrichen werden: „Häufig werden blinde und taube Menschen von Fahrgeschäften auf Jahrmärkten oder in Freizeitparks ausgeschlossen, weil es angeblich zu gefährlich für sie sei oder Schäden entstehen könnten. Solch eine paternalistische Haltung muss im AGG verboten werden“, fordert Arnade.

Es reicht nach Angaben der Vorsitzenden des DBR-Sprecherinnenrats nicht, die überfällige AGG-Reform im Koalitionsvertrag anzukündigen. „Die Zeit drängt, weshalb die AGG-Reform jetzt zügig angegangen werden muss“, so Sigrid Arnade abschließend.

Das Positionspapier des DBR steht als Download zur Verfügung unter https://www.deutscher-behindertenrat.de/ID287258

Der Deutsche Behindertenrat (DBR) ist ein Aktionsbündnis der Behindertenverbände, Selbsthilfe- und Selbstvertretungsorganisationen in Deutschland und engagiert sich seit 1999 für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Im DBR haben sich über 140 Organisationen behinderter und chronisch kranker Menschen vereinigt. Das Bündnis repräsentiert über drei Millionen Betroffene. Für das Jahr 2023 hat Weibernetz e.V. die Koordination des DBR übernommen. Vorsitzende des 4-köpfigen Sprecher*innenrats ist Dr. Sigrid Arnade.

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Marion
16.03.2023 12:37

Keiner will diskriminiert werden. Ich auch nicht. Behinderung ist vielfältig und genauso bunt, wie der Rest der Welt.
Behinderung daraus ergibt sich Barrierefreiheit und Barrierefreiheit als grundrechtlicher Aspekt ist dann eben doch nicht mehr so einfach. Gerade für private Anbieter kann das Schaffen von barrierefreien Produkten zu einem kostenintensiven Problem führen und aus Mangel an Kapital in der Umsetzung scheitern.

Daher also an die Verfasser dieser Forderung: Welche Konzepte, insbesondere der Umsetzung und Finanzierbarkeit, gibt es für private Anbieter, ohne dass diese das „Aus“ für den privaten Anbieter von Produkten und Dienstleistungen wird?

Oder ist der DBR dann doch nur der Forderer der zwar im Grundsatz seiner Forderung recht hat, aber keine Umsetzungskonzepte vorlegen kann?

Vor einer Forderung erwarte ich das Denken und dazu gehört auch, eine Forderung mit Umsetzungskonzepten untermauern zu können, denn wer das nicht kann, verliert auch schnell das Gehör in der Politik.