
Foto: Irina Tischer
Berlin (kobinet) "Niemand hält ein Parlament davon ab, einen sehr guten Gesetzentwurf noch besser zu machen". Mit diesen Worten beendete Bundesarbeits- und sozialminister Hubertus Heil seinen Redebeitrag zur Vorstellung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts bei der Bundestagsdebatte am 2. März. Ob am Ende ein wirklich gutes Gesetz herauskommt, welche Vorstellungen es für Verbesserungen gibt und wie die Positionen der einzelnen Bundestagsfraktionen sind, davon vermittelte die ca. 40minütige Bundestagsdebatte einen ersten Eindruck. Klar wurde bei der Debatte, die auf der Internetseite des Bundestages dokumentiert ist, dass es zum Teil sehr unterschiedliche Vorstellungen gibt, wie der Arbeitsmarkt inklusiver werden kann.
Den Tiefpunkt der ansonsten recht progressiven Bundestagsdebatte zur Inklusion auf dem Arbeitsmarkt bot Dr. Stefan Nacke von der CDU/CSU Bundestagsfraktion. Als hätte er noch nie etwas von der UN-Behindertenrechtskonvention und der Kritik des UN-Fachausschusses über die Rechte behinderter Menschen am System der Weerkstätten für behinderte Menschen gehört, kritisierte er, dass der Gesetzentwurf vorsieht, dass die Mittel der Ausgleichsabgabe zukünftig nicht mehr für Werkstätten für behinderte Menschen verwendet werden dürfen: „Nicht mitgehen können wir jedoch bei dem Plan, dass zukünftig Werkstätten überhaupt keine Mittel mehr aus dem Ausgleichsfonds bekommen sollen – und das sieht auch die Caritas so. Diese Mittel fehlen zum Beispiel, um Menschen mit Schwerst- und Mehrfachbehinderungen beim Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt zu fördern. Sie sind auf eine individuelle Förderung angewiesen. Dies ist dann nicht mehr möglich. Das kann niemand wollen. Wir als Union wollen das nicht.“
Corinna Rüffer wies in ihrem Redebeitrag auch auf einige Vorschläge der Linksfraktion hin, die diese in einem eigenen Antrag formuliert hat und die überlegenswert seien. Sie und andere Redner*innen führten eine Reihe von Punkten an, die im Gesetz noch verbessert werden müssen. Die Einbeziehung von Nutzer*innen des Budgets für Arbeit in die Arbeitslosenversicherung, die Stärkung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements und die Abschaffung der steurlichen Absetzbarkeit von Zahlungen von Arbeitgbern für die Ausgleichsabgabe waren einige Aspekte. Vor allem kritisierten einige Redner*innen die geplante Abschaffung der Möglichkeit, Bußgelder im Falle der Nichtbeschäftigung behinderter Menschen von Arbeitgeber*innen erheben zu können. Diese und eine Reihe weiterer in der Debatte geäußerten Punkte könnten einen Ansatz für Veränderungen des Gesetzentwurfs bieten, der nun im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages weiter beraten und dort auch zur Anhörung kommen wird.
Liebe Marion,
schauen Sie sich in der ARD Mediathek die Sendung „Die Anstalt“ vom 20.12.2022 an. Dort wird sehr gut erklärt, was das Problem mit den Werkstätten ist.
Liebe/r Sommer,
die Sendung kenne ich und stellt das Problem nicht vollumfänglich da. Wesentliche Kernaspekte fehlen in der Sendung, aber es gibt in der Tat gute Filmbeiträge, die das Thema vollumfänglich erfassen, aber von den Akteuren nicht thematisiert werden, da sonst die WfbM keine Zukunft hätte.
Warum bietet „den Tiefpunkt der ansonsten recht progressiven Bundestagsdebatte zur Inklusion auf dem Arbeitsmarkt“ Dr. Stefan Nacke von der CDU/CSU Bundestagsfraktion und was hat das mit der UN-BRK zu tun, wenn die Ausgleichsabgaben zukünftig für den inklusiven Arbeitsmarkt verwendet werden sollen, anstatt den WfbM dafür Abschöpfungsmöglichkeiten zu bieten?