
Foto: www.museum-anderer-dinge.de
Berlin (kobinet) Am Samstag den 29.10.2022 war es soweit, das „Museum Anderer Dinge“ - das MAD- öffnete auf einer Veranstaltung im Haus der Demokratie und Menschenrechte seine virtuellen Pforten. Es gibt nicht wenige Psychiatriemuseen, aber bisher keines, dass die Erfahrungen von Krisen und Verrücktheit aus der Perspektive der Erfahrenden erzählt.
Mit dem Ziel, Geschichten außerhalb des Gewöhnlichen, nicht in pathologische Korsetts zu schnüren, macht sich das MAD auf den Weg an Hand von gesammelten Objekten von Krisen- und Verrücktheitserfahrungen zu erzählen. „Es sind andere Geschichten; Geschichten jenseits der pathologisierenden Perspektive der Psychiatrie.“ heißt es auf der Startseite des Museums. Und weiter: „Die Dinge sprechen nicht für sich, es sind die Geschichten derer, die sie besaßen, nutzten oder mit ihnen konfrontiert waren. Sie werfen Schlaglichter auf die Vielfalt von Umgangsweisen mit Krisen und Verrücktheit.“
Das Online-Museum lädt dazu ein von inspirierenden, kreativen und manchmal humorvollen Erlebnissen und Erfahrungen zu hören. Gleichzeitig ist aber auch von Ausnahmezuständen, Konfrontationen mit der teilweise verständnislosen Umwelt und gravierenden Lebenseinschnitten zu erfahren. Wesentlich bei der nicht-pathologisierenden Herangehensweise des Museums ist es: Erfahrungen nicht zu klassifizieren, sie damit nicht potentiell in ein gesellschaftliches Abseits zu stellen und sie nicht auf „psychisch krank“ zu reduzieren. Vielmehr sollen solche Stigmas und Klischees überwinden werden.
„Im Zentrum des MAD_Museums Anderer Dinge steht seine Sammlung, die bewusst auf eine einteilende Ordnung verzichtet. Ausstellungen widmen sich dagegen den Objekten themenspezifisch und machen Positionierungen kenntlich. Streifzüge laden zu persönlichen Rundgängen ein.“ Das vom Bundesministerium für Forschung und Bildung finanzierte Projekt ist nicht abgeschlossen, sondern wird sich immer weiterentwickeln. Zu der Weiterentwicklung gehört, dass Besuchende eingeladen sind Objekte zu stiften, Streifzüge zu teilen oder Ausstellungen zu kuratieren.
Es darf nicht ungesagt bleiben, dass viele Geschichten von gravierenden Menschenrechtsverletzungen und Erfahrungen von Gewalt erzählen, wie sie leider in der psychiatrischen Versorgung nicht selten auftreten. Aber die Menschen, die Gewalt und Unverständnis erlebten, haben den Raum ihre Sicht auf das Geschehen und Geschehene darzustellen. Bisher stifteten 20 Personen dem MAD Gegenstände. In dem partizipativ angelegten Projekt wurde auch gemeinsam über grundlegende Fragen der Konzeption, Ideen für die Gestaltung und Bildauswahl diskutiert und gemeinsam Wege der Umsetzung gefunden.
Ganz treffend formuliert Claudia Roth (MdB, Staatsministerin für Kultur und Medien) in ihren schriftlichen Grußworten zum Museum: „Denn auf dem Weg zu einem inklusiven Kulturbereich benötigt es nicht nur viele, die sich beteiligen. Es braucht auch Akteure, die uns beispielhaft zeigen, wie eine inklusive Kulturarbeit ganz praktisch aussehen kann.“ Gespannt darf auf den 16. Januar gewartet werden, wenn die erste Ausstellung mit dem Titel „Solidarität“ ihre Pforten öffnet. Außerdem wird die Internetseite zum Februar 2023 auch ins Englische übersetzt und damit einem internationalen Publikum zugänglich.
Bis dahin sei empfohlen sich im MAD umzusehen: www.museum-anderer-dinge.de