
Foto: Inga Haar / Deutscher Bundestag
Berlin (kobinet) "Anstatt Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, kaufen sich nach neuesten Zahlen der Bundesregierung – Tendenz weiter steigend – 104.873 Arbeitgeber ganz oder teilweise von ihrer Beschäftigungspflicht frei. Die Regierung ermöglicht sogar noch, dass diese Strafzahlungen für die Unternehmen steuerlich absetzbar sind. Was für ein Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass 2020 insgesamt 43.793 Unternehmen (2019: 43.796) keinen einzigen Menschen mit Behinderungen beschäftigten." Dies kritisiert Sören Pellmann, Sprecher für Inklusion und Teilhabe der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, anlässlich der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage. Er fordert die Verschärfung der Regelungen zur Ausgleichsabgabe.
„Mit einer neuen Stufe der Ausgleichsabgabe für ‚Nullbeschäftiger‘, einer massiven Erhöhung der Sanktionen und der Streichung der steuerlichen Vorteile für Unternehmen liegen wirkungsvolle Instrumente auf dem Tisch. Aber anstatt für einen inklusiven Arbeitsmarkt zu sorgen, versteckt sich die Ampel hinter ihrem Koalitionsvertrag und wartet ab“, kritisiert Sören Pellmann. Und weiter betont er: „Menschen mit Behinderungen sind noch immer häufiger und länger von Arbeitslosigkeit betroffen als andere Gruppen. Hieran änderte sich auch während der Corona-Pandemie nichts. Im Gegenteil, die Lage verschärfte sich weiter. Die Beschäftigungspflicht für größere Unternehmen sollte hier gegensteuern. Allerdings sind die Sanktionen viel zu harmlos und für zahlreiche Unternehmen kein echter Ansporn, die Personalpolitik zu verändern. Ohne finanzielle Schmerzen scheinen viele Unternehmen nicht bereit zu sein, die Pflichtquoten zu erfüllen. Daher muss der Gesetzgeber die Ausgleichsabgabe verschärfen. Ein weiteres Zusehen der Bundesregierung wird nicht mehr inklusive Arbeitsplätze schaffen.“
Dem Grunde nach stellt das ganze System der Ausgleichsabgabe einen dermaßen umfassenden Fehlanreiz dafür dar, beeinträchtigte Menschen _nicht_ einzustellen, dass man sich mittelfristig wird überlegen müssen, auf ein effizienteres Sanktionssystem umzustellen.
Bislang wird dem Grunde nach damit gearbeitet, dass ein Unternehmen, das seiner Verpflichtung zur Beschäftigung (schwer) beeinträchtigter Menschen nachkommt, dadurch effektiv gar keine Vorteile genießt. Man wird sich überlegen müssen, ob man die Diskriminierenden nicht dort anfasst, wo es Ihnen wirklich wehtut, nämlich am Geldbeutel. Hierfür eignet sich nach meinem Dafürhalten die Steuerverwaltung par excellence, da sie als einzige einen hinreichenden Überblick z.B. über Gewinnabschöpfungsmöglichkeiten hat.