
Foto: Gabriele Scheibner
Winsen a. d. Aller (kobinet) Für Ulrich F. Scheibner von der virtuellen Denkwerkstatt ist es dringend notwendig, dass über die billig entlohnte Leiharbeit der "Werkstatt“-Beschäftigten auf sogenannten ausgelagerten Arbeitsplätzen offen und öffentlich diskutiert wird. Die Verantwortung für dieses Billigangebot an Leiharbeitenden aus den "Werkstätten“ tragen seiner Ansicht nach aber nicht nur die "Werkstätten“, sondern seit 2008 auch alle Bundestage und Bundesregierungen, denn damals wurden entsprechende Weichen gestellt. Viele der ausgelagerten Arbeitsplätze könnten zum Beispiel mittels des Budget für Arbeit in reguläre Arbeitsverhältnisse bei den entsprechenden Arbeitgeber*innen umgewandelt werden.
„Damals hatte es der Gesetzgeber den ‚Werkstätten‘ durch die Änderung des SGB IX ermöglicht, dass ihre Beschäftigten nicht nur ‚zeitweise‘ auf ausgelagerten Arbeitsplätzen beschäftigt werden konnten, sondern nun und immer noch ‚dauerhaft‘ (§ 219 Abs. 1 SGB IX). Diese formal der ‚Werkstatt‘ angehörigen Arbeitskräfte in der Wirtschaft erhalten keinen Arbeitsvertrag. Ihnen wird nicht der Arbeitnehmerstatus und die damit verbundenen Rechte zugestanden. Und den betriebsüblichen oder gesetzlichen Mindestlohn erhalten sie auch nicht. Mit dem Gesetz zum UNO-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Beeinträchtigungen von 2008 hat das nichts zu tun: Gleichberechtigte Dazugehörigkeit ist das nicht“, erklärte Ulrich F. Scheibner gegenüber den kobinet-nachrichten.
Interessant ist dabei seiner Ansicht nach übrigens, dass diese benachteiligende Regelung im SGB IX nicht in der Werkstättenverordnung zu finden ist. „Dort lesen wir immer noch den besseren, den ursprünglichen Text von vor 2008: Der Übergang ‚auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist durch geeignete Maßnahmen zu fördern, insbesondere […] durch eine zeitweise Beschäftigung auf ausgelagerten Arbeitsplätzen.‘ (§ 5 Abs. 4 WVO)“, betont Ulrich F. Scheibner und hofft. „Vielleicht macht diese Bundesregierung doch wahr, was ihre Vorgängerin mit der UNO-Agenda 2030 vom 21.10.2015 unterschrieben hat: ‚Bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle Frauen und Männer, einschließlich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen, sowie gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit erreichen‘ (ebd. S. 21, Nr. 8.5). Die Menschenrechte jedenfalls kennen keine soziale Hierarchie unter Menschen mit Beeinträchtigungen, schon gar nicht bei ihrer Rechtsstellung und ihrem Einkommen.“