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Berlin (kobinet) Sollte eine Bundesstelle einen Fachverband von vielen, in der Zusammenarbeit bevorzugen? Hat das einen Geschmack von Co-Abhängigkeit?
Ein offizielles Einladungsschreiben, vom 03.11. 2021, schürt bei mir Bedenken.
Eigentlich ist es so:
Die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik (BFIT-Bund) hat nach §13 BGG, einen Beratungs-und Prüfauftrag gegenüber allen öffentlichen Stellen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt die Fachaufsicht. Zur Unterstützung ist ein Ausschuss für barrierefreie Informationstechnik berufen. 35 fachkundige Vertreter der Bundes- und der Landes-Überwachungsstellen, aus Verbänden von Menschen mit Behinderungen, aus der Wirtschaft und weitere fachkundige Personen treffen sich dort, insbesondere der Wissenschaft sowie öffentlicher Stellen. Dieser Ausschuss ermittelt und dokumentiert nach §5 BITV, den aktuellen Stand der technischen Voraussetzungen zur Barrierefreiheit in Arbeitsgruppen und gibt Empfehlungen ab. In §4 der Geschäftsordnung, ist die Arbeitsweise der Arbeitsgruppen, durch eine ausgewogene thematische und personelle Besetzung geregelt Strittige Fragen werden im Ausschuss erörtert. Der Ausschuss für barrierefreie Informationstechnik wird durch die Informationstechnik-Dienstleister des Bundes unterstützt.
Dies sieht zunächst einmal nach einer unabhängigen und sachorientierten Arbeit der BFIT-Bund und ihrem Ausschuss mit seinen Arbeitsgruppen aus.
Aber jetzt:
Einige Ausschussmitglieder und der Leiter der BFIT-Bund, sind auch Mitglieder in dem Fachverband. Der Fachverband heißt IAAP-Dach-Deutschland. Es ist eine amerikanische Organisation, die seit diesem Jahr in Deutschland ansässig ist, für Austausch unter Barrierefreiheitsexperten sorgen will und dieselben Barrierefreiheitsexperten zertifizieren möchte. Hierzu bietet IAAP zwei Zertifikate kostenpflichtig an. Meinungen aus Fachkreisen zur IAAP, sind im Netz bereits zu finden: https://www.netz-barrierefrei.de/wordpress/lohnt-sich-eine-mitgliedschaft-in-der-international-association-of-accessibility-professionals-iaap/
Drum prüfe wer sich bindet:
Nun hat die BFIT-Bund eine Kooperation mit diesem einen Fachverband offiziell angekündigt. Die IAAP freut sich und hat die Einladung auf ihre Webseite gestellt. Dort ist die Einladung auffindbar. Es gibt ja viele Fachverbände – aber die IAAP ist von BFIT-Bund auserwählt. Warum nur?
In der Einladung steht, dass auch der Ausschuss nach §5 BITV, die Zusammenarbeit begrüßt, eine gemeinsame Arbeitsgruppe gegründet wird, der im Wechsel ein BFIT-Bund Ausschussmitglied und ein IAAP-Dach Mitglied vorsitzen.
Der Leiter der Überwachungsstelle trägt im Einladungsschreiben zwei Hüte:
Leiter der BFIT-Bund und Gründungsmitglied der IAAP.
Cringe
Ich schäme mich dafür, dass staatliche, neutrale Stellen mit der Wirtschaft „kungeln“. Und mir stellen sich die Fragen:
- Warum kooperiert BFIT-Bund speziell mit der IAAP?
Eigentlich sind die Arbeitsergebnisse der BFIT-Bund und ihres Ausschusses mit seinen Arbeitsgruppen nur für öffentliche Stellen gedacht. Die IAAP zertifiziert kostenpflichtig Jedermann.
- Wo fließen die Arbeitsergebnisse der BFIT-Bund durch die Kooperation mit der IAAP ein?
- Etwa in ein neues, käufliches Zertifikat für barrierefreie Hochschulen?
Ein Schelm der Schlechtes dabei denkt. Das Gefühl von freier und unabhängiger Arbeit einer Bundesstelle habe ich da wirklich nicht.
Cringe