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Antiquiertes Menschenbild in der Außerklinischen Intensivpflege

Uwe Frevert vor ISL-Banner
Uwe Frevert vor ISL-Banner
Foto: Franziska Vu ISL

Berlin (kobinet) Der Gesetzgeber beauftragte den G-BA bis Ende Oktober 2021 die Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie (AKI-RL) zum Intensivpflege-Stärkungsgesetz (IPReG), zu erarbeiten. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) liest darin vor allem ein antiquiertes Menschenbild, wenn es darum geht, außerklinische Intensivpflege zukünftig umzusetzen.

Der den zur Stellungnahme berechtigten Organisationen vorliegende, geheim zuhaltende Richtlinienentwurf zeigt deutlich, wo noch ganz grundsätzlicher Klärungsbedarfbesteht. Daher veröffentlicht die ISL an dieser Stelle eine Positionierung, die das Thema der „Außerklinischen Intensivpflege“ verständlich beschreibt.

Nach Ansicht von ISL-Vorstandsmitglied Uwe Frevert, der sich empört zeigt, zieht sich ein roter Faden der Fremdbestimmung, vermeintlicher Fürsorge gepaart mit der ganz offensichtlichen Stärkung institutioneller Versorgung, durch den kompletten Entwurf. „Die ISL vermisst ganz grundsätzlich Passagen, die aufatmen lassen, wurde doch beteuert – niemand solle in ein Heim gezwungen werden. Das ist für uns und unsere Mitglieder sehr besorgniserregend. Die ISL kann nicht erkennen, dass es mit dem IPReG und mit der dazugehörigen Richtlinie zu aller erst darum geht, Betrug in Beatmungs-WGs zu unterbinden! Was wir lesen, hat nichts mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und den verankerten Grundprinzipien der Partizipation und Selbstbestimmung zu tun!“

„Grundsätzlich hat der Tumult und Aufschrei rund um das Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz (RISG), dem dann umbenannten etwas nachgebesserten IPReG und der jetzt im Entwurf vorliegenden Richtlinie zu einer immensen Stärkung und Vernetzung unter den Betroffenen und ihren Verbänden geführt“, erklärt Frevert weiter. Er rät dringend dazu, „die Richtlinie dahingehend zu überarbeiten, auch um dem Anspruch der Patientenorientierung gerecht zu werden. Es gilt nämlich, Betroffene als selbstbestimmte, kompetente und fähige Menschen anzusehen. Die in dem Vorschlag skizzierten Versicherten sind keine Objekte fürsorglich-obrigkeitlicher Behandlung, sondern müssen alle Entscheidungsgewalt haben. Das Wunsch- und Wahlrecht ist nicht nur in der UN-BRK verankert, sondern auch im Grundgesetz! Und das muss sich auch in der Richtlinie widerspiegeln!“

Zudem hat die ISL starke Bedenken, dass bei den Qualitätsanforderungen und dem bürokratischen Aufwand durch die Richtlinie, sich in der Fläche genügend Ärzt*innen finden werden, die bereit sind diese Patient*innen zu betreuen. Genauso sieht die ISL es als unrealistisch an, dass genügend Plätze in Beatmungsentwöhnungseinrichtungen zur Verfügung stehen, um zeitnah bei bestehendem Potenzial eine Entwöhnung zu versuchen.