HACHBORN (kobinet) Heute ist Welt Multiple Sklerose Tag. Leider kann entgegen bisheriger Tradition keine öffentliche Veranstaltung dazu stattfinden. Deswegen setzen MS Selbsthilfegruppen durch öffentliche Stellungnahmen an diesem Tag kleine Zeichen. Das ist ein Tag, der nicht nur für sie ein besonders wichtiger Tag ist in diesen Zeiten der Pandemie, der Verstummung und Unischtbarkeit.
In diesem Jahr lautet das Motto „stay connected“- bleib verbunden. „Man kann aber nur verbunden bleiben, wenn über die Pandemie nicht die Fäden der Selbsthilfe verloren gegangen sind“, so Bernd Gökeler, der Gruppenleiter der MS Selbsthilfegruppe Marburg-Biedenkopf. Selbsthilfe lebt von der persönlichen Begegnung, von Vertrauen und menschlicher Nähe, so betont Gökeler und berichtet, dass dies in der MS SHG Marburg-Biedenkopf auch im 40. Jahr ihres Bestehens versucht wird. Grundpfeiler ist, nach seinen Worten, möglichst alle, unabhängig vom Grad Ihrer Einschränkungen, bei allem einzubeziehen.
Menschen mit chronischer Erkrankung und Behinderung sind verstummt und waren zum eigenen Schutz in größtmöglicher Isolation. Gökeler berichtet, dass er fast mit einem Neustart nach den Öffnungen rechnet, einer Selbsthilfe 2.0, wie er es nennt, die für die Mehrheit der Mitglieder und den überwiegenden Teil des Angebotes eben nicht digital sein kann. So bietet die MS Selbsthilfegruppe Motologietherapiekurse an, die leben von der Gemeinschaft, dem Ideenreichtum der Therapeutinnen und Therapeuten, die damit für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wieder die Verbindung ihres Körpers und ihrer Psyche spürbar machen um sich als Ganzes zu erleben. Ausflüge und Gruppenfreizeiten sind gedacht, um einen Tapetenwechsel auch für die Menschen zu ermöglichen, die sonst dazu keinerlei Gelegenheit mehr haben, unter Einbeziehung deren Angehörigen. Das ungezwungene gemeinschaftliche Erleben ohne sich ständig erklären zu müssen und die Scham über das nicht mehr alles zu können für ein paar Stunden vergessen sind dabei der Kern des Anliegens. Gruppentreffen mit Maske und 1,50 Meter Abstand ohne etwas verzehren zu dürfen schaffen dafür kaum ein Klima.
Wichtig ist wenigstens an diesem Tag wieder Gesicht zeigen zu können, so Gökeler, denn Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung sind aus dem öffentlichen Fokus vollkommen verschwunden. Das Gegenteil von Inklusion bildete die Lebenswirklichkeit. Die über Monate erlebte Ausgrenzung muss durch aktives Einbinden gemildert werden.
Gökeler hofft sehr, dass die Öffnungen und der ausbrechende Verteilungskampf nicht, wie schon in der Pandemie, so auch nach der Pandemie die Schwächsten vergisst oder ignoriert. Behindern ist heilbar, jeder einzelne Mensch in Deutschland trägt dafür an seinem Platz Mitverantwortung, schließt Gökeler appellierend.