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Von der Macht der Aussonderung und Bevormundung

drei rote Ausrufezeichen
Drei rote Ausrufezeichen
Foto: ht

Unterfranken (kobinet) Während die Tötungen behinderter Menschen im Oberlinhaus in Potsdam zumindest eine gewisse Resonanz in den Medien gefunden hat, bleiben individuelle Geschichten von Aussonderung und Bevormundung meist unter der Decke bzw. in der vermeintlichen Kompliziertheit der Sachlage verborgen. Alexandra Sahlender will sich damit nicht zufrieden geben und setzt sich weiter für die bereits eine zeitlang gelebte und wieder weggenommene Inklusion eines Freundes mit sehr hohem Unterstützungsbedarf ein. Die kobinet-nachrichten hatten darüber bereits letztes Jahr berichtet und vor kurzem hat Alexandra Sahlender bei der Demonstration zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung behinderter Menschen in München berichtet, wie es weitergegangen ist, bzw. welche Folgen die Aussonderung auf ihren Freund hat.

„Mein Name ist Alexandra Sahlender, ich bin Erzieherin und arbeite seit 27 Jahren in der Behindertenarbeit der Lebenshilfe Haßberge in Unterfranken. Es geht hier um meinen geistig behinderten Freund, er ist mittlerweile 54 Jahre alt. Er kann schlecht laufen und nicht sprechen. Von Oktober 2017 bis August 2019 war er bei mir, er lebte gemeinsam mit mir wieder ein normales Leben. Er kam nach einem tragischen Unglück zu mir. Seine Eltern kamen bei einem Hausbrand ums Leben. Ich nahm ihn sehr gerne bei mir auf. Es gab damals aufgrund seiner Aggressionen keinen Heimplatz. Seine Schwester, die nach dem Tod seiner Eltern zur Betreuerin wurde, war mit dieser Situation überfordert und suchte nach einem liebevollen Platz für ihren Bruder. Durch meine Erfahrung in der Behindertenarbeit habe ich schnell erkannt, dass Stefan eine Sprache fehlt. Er brauchte Hilfe dabei Zeichen zu finden, um sich mitzuteilen und Orientierung zu haben. Seine Aggression war ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Angst. Gemeinsam haben wir einen Weg gefunden, dass er sich immer besser mitteilen konnte. Er wurde immer ausgeglichener und seine Aggressionen waren am Schluss in unserem Leben nicht mehr vorhanden. Er nahm zu diesem Zeitpunkt zunehmend selbstbestimmt am Leben teil“, so beschrieb Alexandra Sahlender die Situation in ihrem Redebeitrag in München.

Doch die Geschichte wäre zu schön, wenn da nicht was dazwischen gekommen wäre, nämlich die Schwester des behinderten Mannes, die die gesetzliche Betreuung für ihn hat. Alexandra Sahlender berichtete daher weiter: „Leider änderte sich seine Situation im August 2019 schlagartig. Seine Schwester, die im Oktober 2017 sehr froh war, dass ich ihn aufgenommen habe, wollte plötzlich nicht mehr, dass er weiter bei mir lebt. Sie brachte ihn in einem Heim unter und sorgte sogar dafür, dass ich dort ein Hausverbot bekam! Nachdem ich mittlerweile einen Anwalt habe, weil seine Schwester mir mit verschiedenen Unterlassungsschreiben, den Mund verbieten wollte, konnte ich das Hausverbot nun endlich aus dem Weg räumen. Auch wurde ich von ihr bei der Polizei angezeigt und konnte mit Hilfe meines Anwalts alles widerlegen und das Verfahren wurde eingestellt. Nach langem Hin und Her mit der Schwester durfte ich ihn im April 2021, also 2 ½ Jahre später, für 30 Minuten endlich besuchen.“

Wie es dann weitergeht, das kann man im vollständigen Redebeitrag von Alexandra Sahlender auf der Internetseite von Randgruppenkrawall nachlesen, wo ihre Rede dokumentiert ist.

Link zum vollständigen Redebeitrag von Alexandra Sahlender

Link zur Rede von Alexandra Sahlender bei der Demonstration am 7. Mai in München auf YouTube

Rede von Alexandra Sahlender am 7. Mai in München