
Foto: Familienministerium RLP
Berlin/Mainz (kobinet) Heute am 7. Mai hat der Bundesrat dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz zugestimmt. Nach dem im Jahr 2017 gescheiterten ersten Anlauf zur Reform des 8. Sozialgesetzbuches (SGB VIII) wird mit der heutigen Verabschiedung die Umsetzung eines der bedeutendsten Reformvorhaben in der Kinder- und Jugendhilfe seit der Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im Jahr 1990 in die Wege geleitet, wie die rheinland-pfälzische Familien- und Jugendministerin Anne Spiegel mitteilte. Behindertenverbände haben bei der Gesetzesreform für die inklusive Lösung in der Kinder- und Jugendhilfe gekämpft, die nun in die Umsetzung geht.
Das erarbeitete Reformvorhaben sei mit großen Hoffnungen verbunden, denn die Änderungen sollen insbesondere den rund 1,5 Millionen Kindern und Jugendlichen mit besonderem Unterstützungsbedarf in Deutschland bessere gesetzliche Rahmenbedingungen bieten, betonte Anne Spiegel dazu: „Ich bin sehr froh, dass das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, über das fachlich und politisch intensiv gerungen wurde, nun beschlossen wurde. Es bietet jungen Menschen in vielen Punkten perspektivisch eine bessere Chancengerechtigkeit und Teilhabe, unabhängig davon, ob sie mit oder ohne Beeinträchtigung aufwachsen.“
In der Debatte des Bundesrates hatte sich Rheinland-Pfalz mit einer Vielzahl fachpolitischer Anträge eingebracht und die Diskussion maßgeblich mitbestimmt. Die wesentlichen Eckpfeiler der Reform sind nun festgelegt. Dazu gehören nach Informationen von Anne Spiegel:
Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen
Besserer Kinder- und Jugendschutz
Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen
Mehr Prävention vor Ort, damit Unterstützungsangebote Kinder, Jugendliche und ihre Eltern besser erreichen
Mehr Beteiligung junger Menschen, ihrer Eltern und Familien
„Insbesondere die sogenannte ‚inklusive Lösung‘ – also die Zusammenführung der Zuständigkeit für alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Beeinträchtigung unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe – ist einer der wichtigsten Eckpfeiler des neuen Gesetzes und entspricht unserem Verständnis von Vielfalt und Gleichberechtigung, wie es für eine Gesellschaft im 21. Jahrhundert selbstverständlich sein sollte“, betonte die rheinland-pfälzische Familienministerin Anne Spiegel. Die gesetzlichen Regelungen sehen eine schrittweise Umsetzung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe bis 2028 vor. „Es ist wichtig, dass wir einen klaren Zeitplan mit verbindlichen Schritten haben, damit perspektivisch Eltern mit Kind nur noch eine Anlaufstelle in den Kommunen haben und Leistungen aus einer Hand bekommen. Wir erleichtern damit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und bauen bürokratische Hürden ab.“
„Jetzt geht es an die Umsetzung“, kommentierte Norbert Müller-Fehling vom Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte Menschen (bvkm) die heutige Verabschiedung des Gesetzes. Er und viele andere Akteur*innen der Verbände und des Deutschen Behindertenrates haben über viele Jahre hinweg an Fachgremien, Diskussionen und Veranstaltung teilgenommen und für eine entsprechende Reform geworben.
Hintergrund:
Das Sozialrecht diskriminiert bisher Kinder und Jugendliche mit körperlicher und geistiger Behinderung. Da sie sich in einem anderen Rechts- und Hilfesystem befinden als alle anderen Kinder und Jugendlichen, haben sie und ihre Eltern gravierende Nachteile. Sie leiden unter Zuständigkeitslücken, ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wird erschwert und sie werden mit unnötigen bürokratischen Hürden konfrontiert. Der Gesetzentwurf sieht nun einen schrittweisen Übergang zu einer entsprechenden inklusiven Jugendhilfe vor. Die vollständige Umsetzung der inklusiven Jugendhilfe wird jedoch erst 2028 erreicht sein.
Rheinland-Pfalz hat sich schon frühzeitig dafür ausgesprochen, dass die Gesamtzuständigkeit für alle Kinder und Jugendlichen – gleich ob mit oder ohne Behinderung oder welche Art der Behinderung vorliegt – im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe die eindeutige Zielperspektive des Reformprozesses sein muss. Dieses Ziel hat Rheinland-Pfalz bereits 2010 im bundesweit ersten Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben.