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Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz aus Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Grafik zeigt Logo der CDU/CSU-Fraktion
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Foto: Gemeinfrei

BERLIN (kobinet) Seit dem 18. März berichtet die kobinet-Redaktion über die Kampagne für ein gutes Barrierefreiheitsrecht. In diesem Zusammenhang haben wir auch Bundestagsabgeordnete um ein Statement zu ihrer Meinung zu diesem Gesetzesvorhaben gebeten und diese veröffentlicht. In der heutigen Nachricht informieren wir nun über die Haltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.

In der Stellungnahme der CDU/CSU-Bundestgsfraktion gegenüber kobinet erklären die Bundestagsabgeordneten dieser Fraktion, dass die Umsetzung des European Accessibility Act (EAA) mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in nationales Recht für die Menschen mit Behinderungen in Deutschland von größter Bedeutung ist, denn sie sind häufig vom Zugang und der Nutzung von Produkten und Dienstleistungen aufgrund fehlender Barrierefreiheit ausgeschlossen. „Erstmals“, so ist in dem Statement an kobinet zu lesen, „wird es nun im Rahmen einer europaweiten Angleichung umfassende Anforderungen an die Barrierefreiheit bestimmter Produkte und Dienstleistungen geben – von Computern über Internetzugangsdienste, Bankdienstleistungen bis zum Online-Handel. Gerade im Zeitalter der Digitalisierung ist dies ein wichtiges Signal, dass Verbraucherschutz und Barrierefreiheit zusammengehören“.

In dem Zusamenhang wird in dem Statement hervorgehoben: „Und es werden auch private Anbieter dieser Produkte und Dienstleistungen zur Herstellung von Barrierefreiheit verpflichtet – nachdem wir bereits mit dem gerade verabschiedeten Teilhabestärkungsgesetz und den dort geregelten Zutrittsrechten für Menschen mit Behinderungen in Begleitung durch einen Assistenzhund auch private Rechtsträger erstmals zur Barrierefreiheit verpflichtet haben“.

Für Kleinstunternehmen, die barrierefreie Dienstleistungen anbieten und erbringen möchten, wird ein Beratungsangebot bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit geschaffen. Denn es ist wichtig, so betonen die Abgeordneten, Akzeptanz für dieses Gesetz zu schaffen.

Weiter hebt die CDU/CSU-Fraktion in ihrer Stellungnahme hervor: „Zudem stärken wir den Verbraucherschutz: Es wird eine Marktüberwachung über die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen geben, für die die Bundesländer zuständig sein sollen“ und schränkt dazu ein: „Uns als Union ist bewusst, dass dieser Punkt insbesondere von Behindertenverbänden kritisch gesehen wird, die sich eine bundesweit zentral organisierte Marktüberwachung wünschen würden. Allerdings sollen die Länderbehörden bundesweit von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sowie der Bundesnetzagentur unterstützt werden.“

Wichtig wird aus Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch sein, die Landesbehörden in Sachen Barrierefreiheit zu schulen, wozu die Kompetenz der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit genutzt werden soll. Seitens der Union wird auch begrüßt, dass zur besseren Rechtsdurchsetzung verschiedene Möglichkeiten, wie das Schlichtungsverfahren für Verbraucher, vorgesehen sind.

„Dieses Gesetz soll und wird“, so wird betont, „die Barrierefreiheit bei der digitalen Kommunikation nachhaltig stärken. Denn viele Möglichkeiten der digitalen Technik, die vor allem auch älteren, aber letztendlich allen Menschen im Sinne eines „universellen Designs“ den Zugang erleichtern können, werden von den Unternehmen noch immer nicht ausreichend genutzt. Dies muss sich im Zeitalter der Digitalisierung ändern.“

Den Migliedern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, wie in der Information an kobinet erklärt wird, bewusst, „…dass Ihnen und anderen Verbänden der Gesetzentwurf nicht weit genug geht, da er nicht in einem umfassenden Sinne die Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen regelt. Jedoch setzt der Gesetzentwurf die Richtlinie (EU) 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen 1:1 um – so wie wir es für alle EU-Richtlinien im Koalitionsvertrag vereinbart haben.“

Mit seiner Mischung aus Verpflichtungen der Privatwirtschaft, Regelungen zur Marktüberwachung, gerichtlichen wie außergerichtlichen Rechtsbehelfen, aber auch Beratungsmöglichkeiten für Unternehmen sieht die Union nach ihrem Statement den Gesetzentwurf als wichtige „Blaupause“, um private Rechtsträger mit ins Boot zu holen und um ihnen letztendlich deutlich zu machen, welcher gesamtgesellschaftliche Nutzen Barrierefreiheit zugutekommt. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Neuregelungen zu den Zutrittsrechten für Menschen mit Behinderungen in Begleitung ihrer Assistenzhunde.

Weiter wird im Statement der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angekündigt: „Diese wichtigen Schritte an Überzeugungsarbeit möchten wir als erstes gehen, bevor dann in den nächsten Jahren weitere Schritte folgen könnten, mit denen private Anbieter von Gütern und Dienstleistern noch stärker zur Vorhaltung angemessener Vorkehrungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet werden. Ob hier Österreich oder Großbritannien ein mögliches Vorbild sein können, wäre dann zu prüfen“ (kobinet hatte direkt nach den Vorbildern Österrreich und Großbritannien gefragt).

Gleichwohl will die CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch schon den Regierungsentwurf zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz im parlamentarischen Verfahren kritisch unter die Lupe nehmen und auf mögliche Verbesserungspotentiale hin ergebnisoffen prüfen, soweit sich dies im Rahmen der 1:1- Umsetzung der Richtlinie bewegt.

In diesem Zusammenhang betonen die Abgeordneten: „Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz darf aber auch nicht isoliert betrachtet werden. Hier möchte ich gerne an die von Ihnen und auch anderen Verbänden besonders häufig geäußerte Kritik anknüpfen, mit dem BFSG werde zwar die Barrierefreiheit eines Geldautomaten oder einer Beförderungsdienstleistung geregelt, aber nicht auch die des baulichen Umfelds der Automaten oder Kundencenters drumherum. Ja, das ist richtig. Richtig ist aber auch, dass die Gestaltung des baulichen Umfelds Sache des Bauordnungsrechts ist und damit in die verfassungsrechtliche Zuständigkeit der Länder fällt. Auch in anderen Bereichen sind die Länder für die Gestaltung einer barrierefreien Umwelt zuständig, so z.B. im Schulwesen“.

„Dort, wo der Bund zuständig ist“, betonen die Abgeordneten, „arbeiten wir daran, die Barrierefreiheit nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Bereich kontinuierlich zu verbessern, von der Mobilität, über den Bereich des Bauens und Wohnens bis hin zum Gesundheitswesen“.

In dem Zusamenhang wird auf den Beschluss einer Novelle zum Personenbeförderungsgesetz vor kurzem im Deutschen Bundestag verwiesen mit der unter anderem Regelungen dafür getroffen werden, dass die neuen Linienbedarfsverkehre dem ÖPNV zugeordnet werden. Damit sind auch sie nach § 8 Abs. 3 PBefG zur Barrierefreiheit verpflichtet. Für den Taxiverkehr sowie für die neuen gebündelten Bedarfsverkehre wird erstmals eine Vorgabe zur Barrierefreiheit normiert.

Andererseits müssen Verbesserungen aus Sicht der CDU/CSU-Abgeordneten nicht immer auf gesetzgeberischem Wege erfolgen. Hierbei denken sie an Programme der Städtebauförderung, die Nutzung von Programmen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zum Beispiel für barrierefreien Wohnungsbau oder den Umbau von Arztpraxen, die verschiedenen Programme der Deutschen Bahn zur Barrierefreiheit, die Kopplung von Fördermitteln an das Kriterium der Barrierefreiheit oder die Verankerung des Ziels der Barrierefreiheit in Verträgen wie beispielsweise dem Medienstaatsvertrag.

Abschließend wird dazu gegenüber der kobinet-Redaktion betont: „Für ganz wichtig halte ich es aber, dass Barrierefreiheit in den Köpfen ankommt. So sollte Barrierefreiheit in Ausbildungs- und Studienpläne, Prüfungsordnungen und Weiterbildungsprogramme als Lehrinhalt aufgenommen werden, z.B. in der Architektenausbildung. Denn das Ziel ist klar: Wir möchten die Barrierefreiheit und das Selbstbestimmungsrecht von Menschen mit Behinderungen und das Recht auf eine barrierefreie Gestaltung ihrer Umwelt im Sinne der UN-BRK weiter stärken. Und dieses Recht darf nicht nur auf dem Papier stehen“.